Geld drucken, was das Zeug hält
04.03.2012 | Manfred Gburek
Am vergangenen Mittwoch geschah etwas Seltsames, am Donnerstag schon wieder: Erst schien der Goldpreis für kurze Zeit im Boden zu versinken und der Silberpreis erst recht, tags darauf der Ölpreis in die Höhe zu schießen. Der Spuk war in beiden Fallen zwar schnell wieder vorbei, hinterließ aber tiefe Spuren bei all jenen, die sich verzockt hatten. Typischerweise war er an beiden Tagen von den Terminmärkten ausgegangen, deren Hebelwirkung im Fall des Falles für all jene verheerend sein kann, die versuchen, mithilfe von Derivaten den schnellen Jungs an Comex & Co. Paroli zu bieten, und dann auf dem falschen Fuß erwischt werden.
Die Erkenntnis daraus: Überlassen Sie das Spiel mit allen Derivaten, von Zertifikaten über Futures und Optionen bis zu Konstrukten mit so harmlos klingenden Namen wie CFD (Contract for difference) denen, die offenbar zu viel Geld übrig haben oder ganz einfach nur spielsüchtig sind. Das bedeutet in Bezug auf Gold und Silber: Barren, Münzen und Edelmetallaktien (die der großen Konzerne und der Juniors mit nachgewiesenen Reserven) ungeachtet der zwischenzeitlichen Schwankungen bis auf Weiteres halten und bei kurzfristiger Schwäche wie jetzt dazukaufen.
Was ist beim Öl los? Nach wie vor gibt es genug Öl auf der Welt, aber die Frage ist, zu welchem Preis - und der hängt allzu oft von geringen Grenzmengen und politischen Einflüssen ab. Überlassen Sie also das Spiel mit Derivaten auch hier den anderen.
Hohe Tagesverluste wie am Mittwoch bei den Edelmetallen sind im Rahmen eines langfristigen Aufwärtstrends jederzeit möglich. Die Älteren unter Ihnen erinnern sich bestimmt noch an den Aktiencrash vom 19. Oktober 1987. Er fand gut fünf Jahre nach Beginn des damaligen Aufwärtszyklus der Aktien statt und mündete recht schnell in eine Kurserholung, der in den 90er Jahren ein lange nicht mehr dagewesener, 1997 und 1998 nur kurz unterbrochener Aufschwung bis Anfang 2000 folgte. Die Preiskorrektur der Edelmetalle am Mittwoch war indes harmlos im Vergleich zum Absturz der Aktienkurse vom Oktober 1987, der seinerzeit - gemessen am US-Börsenbarometer Dow Jones - 22,6 Prozent betragen hatte. Eine Gemeinsamkeit gab es dennoch: Beide Male waren Terminmärkte die Auslöser.
Trends und Zyklen wie bei Aktien und Edelmetallen weisen bei historischer Betrachtung zwar immer wieder Ähnlichkeiten auf, man sollte aber nicht den Fehler begehen, ihren Rhythmus eins zu eins zu übertragen. Dazu nochmals ein Rückblick auf den Aktientrend von 1982 bis 2000 und danach der Versuch einer Interpretation des Edelmetalltrends seit 2001: zunächst gut fünf Jahre Anstieg der Aktienkurse, dann Crash, Erholung, mehrere Rückschläge und Erholungen, seit 1995 unter Führung der Technologieaktien steiler Kursanstieg, unterbrochen nur von der Asienkrise 1997 und dem Desaster des Hedgefonds LTCM 1998, schließlich en masse Kursübertreibungen, bis die Aktienblase im März 2000 platzte. Alles in allem waren das fast 18 Jahre.
Eine so bewegte Geschichte können die Preise von Gold und Silber seit 2001 noch nicht bieten. Ihr Anstieg war anfangs recht verhalten und von vielen kleineren Korrekturen begleitet. Regelrechte Übertreibungen nach oben fanden zum ersten Mal vor dem Rückschlag vom Herbst 2008 statt, und der hatte nur wenig mit den Edelmetallen zu tun, sondern wurde durch eine allgemeine weltweite Liquiditätskrise ausgelöst. Zur zweiten größeren Übertreibung kam es dann im vergangenen Sommer; sie wurde schnell korrigiert und machte einer Erholung Platz, die - dem Preisrückgang vom Mittwoch zum Trotz - weiter anhalten wird.
Dass Gold, aber auch Silber und die anderen Edelmetalle, weiter Preispotenzial nach oben haben, ergibt sich allein schon aus den anhaltenden chinesischen Goldkäufen, die seit dem vierten Quartal 2011 sogar höher sind als die indischen, und aus der tendenziellen Aufstockung der Bestände des SPDR Gold Trust, des größten Edelmetallfonds seiner Art. Dagegen können sogar Preismanipulationen, wie Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank sie interessierten angelsächsischen Kreisen unmittelbar nach der Preiskorrektur vom Mittwoch zugeschrieben hat, nachhaltig nichts ausrichten.
Wie hoch die Preise von Gold und Silber noch steigen werden, bleibt absolut offen, weil dies sehr davon abhängt, wie schwach die Währungen als Messlatten für die Preise tendieren werden, in erster Linie der Dollar als eine Art Anti-Gold (jedenfalls aus amerikanischer Sicht) und als international übliche Währung zur Messung des Goldpreises sowie (aus europäischer Sicht) der Euro. Das folgende Spiel verfolgen Sie ja sicher schon seit geraumer Zeit: Steigt der Goldpreis in Dollar, muss das längst noch nicht bedeuten, dass er auch in Euro steigt, sofern dieser gegenüber dem Dollar zulegt. Fällt er dagegen in Dollar, kann er durchaus in Euro steigen, solange dieser gegenüber dem Dollar verliert (wieder einmal in der zweiten Hälfte der abgelaufenen Woche zu beobachten). Steigt der Goldpreis in beiden Währungen, läuft eine Interpretation, die zukünftig noch an Bedeutung gewinnen wird, darauf hinaus, dass Euro und Dollar an Wert und damit an Kaufkraft verlieren.
Diese Überlegungen sind gerade im Hinblick auf den Euro-Goldpreis von großer Bedeutung, weil Sie ja wahrscheinlich in erster Linie den Euro als Preismaßstab zugrunde legen. Damit kommen wir zur Euro-Entwicklung in den nächsten Monaten. Diesbezüglich dürfte der neue Dreijahrestender der Europäischen Zentralbank (EZB) eine große Rolle spielen, im Klartext: 523 Banken haben sich für drei Jahre 489 Milliarden Euro von der EZB zu 1 Prozent Zinsen geliehen und größtenteils in höher verzinsliche Staatsanleihen investiert. Darüber hinaus haben sie erkleckliche Beträge auch in die eigene Refinanzierung gesteckt. Dazu mussten sie keine allzu großen Sicherheiten beibringen.
Die ganze Aktion ist nicht gerade dazu angetan, Vertrauen in den Euro zu wecken, im Gegenteil, sie löst eine neue Spekulationswelle gegen den Euro aus. Diese hat bereits in der abgelaufenen Woche begonnen und dürfte den Euro schon bald in den Bereich unter 1,30 Dollar sinken lassen. Kein Wunder, entspricht doch die neue Marschroute der EZB de facto immer mehr der ihres amerikanischen Pendants Fed: im übertragenen Sinn Geld drucken, was das Zeug hält. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie mit Ihrem Gold, in Euro gerechnet, demnächst scheinbar immer reicher werden, auch wenn der Goldpreis in Dollar mal nicht steigen sollte.
Abgesehen davon schreitet die Geldentwertung, die sich ja in dem über die Jahre tendenziell steigenden Goldpreis bemerkbar macht, global weiter fort. Die aktuelle und potenzielle Euro-Schwäche ist da für Anleger, die das Edelmetall besitzen, nur ein Zückerchen obendrauf. Sie sollten sich angewöhnen, alles auch in Gold zu messen, etwa die Preise von Grundnahrungsmitteln, Benzin und Heizöl, die Mieten und die unerträglich steigenden Mietnebenkosten, etwa von Strom, Wasser oder Müllabfuhr - und sei es nur, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass Sie mit dem steigenden Goldpreis in Wahrheit nicht reicher werden, sondern nur Ihre Kaufkraft erhalten. Aber das ist immerhin schon etwas.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).
Die Erkenntnis daraus: Überlassen Sie das Spiel mit allen Derivaten, von Zertifikaten über Futures und Optionen bis zu Konstrukten mit so harmlos klingenden Namen wie CFD (Contract for difference) denen, die offenbar zu viel Geld übrig haben oder ganz einfach nur spielsüchtig sind. Das bedeutet in Bezug auf Gold und Silber: Barren, Münzen und Edelmetallaktien (die der großen Konzerne und der Juniors mit nachgewiesenen Reserven) ungeachtet der zwischenzeitlichen Schwankungen bis auf Weiteres halten und bei kurzfristiger Schwäche wie jetzt dazukaufen.
Was ist beim Öl los? Nach wie vor gibt es genug Öl auf der Welt, aber die Frage ist, zu welchem Preis - und der hängt allzu oft von geringen Grenzmengen und politischen Einflüssen ab. Überlassen Sie also das Spiel mit Derivaten auch hier den anderen.
Hohe Tagesverluste wie am Mittwoch bei den Edelmetallen sind im Rahmen eines langfristigen Aufwärtstrends jederzeit möglich. Die Älteren unter Ihnen erinnern sich bestimmt noch an den Aktiencrash vom 19. Oktober 1987. Er fand gut fünf Jahre nach Beginn des damaligen Aufwärtszyklus der Aktien statt und mündete recht schnell in eine Kurserholung, der in den 90er Jahren ein lange nicht mehr dagewesener, 1997 und 1998 nur kurz unterbrochener Aufschwung bis Anfang 2000 folgte. Die Preiskorrektur der Edelmetalle am Mittwoch war indes harmlos im Vergleich zum Absturz der Aktienkurse vom Oktober 1987, der seinerzeit - gemessen am US-Börsenbarometer Dow Jones - 22,6 Prozent betragen hatte. Eine Gemeinsamkeit gab es dennoch: Beide Male waren Terminmärkte die Auslöser.
Trends und Zyklen wie bei Aktien und Edelmetallen weisen bei historischer Betrachtung zwar immer wieder Ähnlichkeiten auf, man sollte aber nicht den Fehler begehen, ihren Rhythmus eins zu eins zu übertragen. Dazu nochmals ein Rückblick auf den Aktientrend von 1982 bis 2000 und danach der Versuch einer Interpretation des Edelmetalltrends seit 2001: zunächst gut fünf Jahre Anstieg der Aktienkurse, dann Crash, Erholung, mehrere Rückschläge und Erholungen, seit 1995 unter Führung der Technologieaktien steiler Kursanstieg, unterbrochen nur von der Asienkrise 1997 und dem Desaster des Hedgefonds LTCM 1998, schließlich en masse Kursübertreibungen, bis die Aktienblase im März 2000 platzte. Alles in allem waren das fast 18 Jahre.
Eine so bewegte Geschichte können die Preise von Gold und Silber seit 2001 noch nicht bieten. Ihr Anstieg war anfangs recht verhalten und von vielen kleineren Korrekturen begleitet. Regelrechte Übertreibungen nach oben fanden zum ersten Mal vor dem Rückschlag vom Herbst 2008 statt, und der hatte nur wenig mit den Edelmetallen zu tun, sondern wurde durch eine allgemeine weltweite Liquiditätskrise ausgelöst. Zur zweiten größeren Übertreibung kam es dann im vergangenen Sommer; sie wurde schnell korrigiert und machte einer Erholung Platz, die - dem Preisrückgang vom Mittwoch zum Trotz - weiter anhalten wird.
Dass Gold, aber auch Silber und die anderen Edelmetalle, weiter Preispotenzial nach oben haben, ergibt sich allein schon aus den anhaltenden chinesischen Goldkäufen, die seit dem vierten Quartal 2011 sogar höher sind als die indischen, und aus der tendenziellen Aufstockung der Bestände des SPDR Gold Trust, des größten Edelmetallfonds seiner Art. Dagegen können sogar Preismanipulationen, wie Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank sie interessierten angelsächsischen Kreisen unmittelbar nach der Preiskorrektur vom Mittwoch zugeschrieben hat, nachhaltig nichts ausrichten.
Wie hoch die Preise von Gold und Silber noch steigen werden, bleibt absolut offen, weil dies sehr davon abhängt, wie schwach die Währungen als Messlatten für die Preise tendieren werden, in erster Linie der Dollar als eine Art Anti-Gold (jedenfalls aus amerikanischer Sicht) und als international übliche Währung zur Messung des Goldpreises sowie (aus europäischer Sicht) der Euro. Das folgende Spiel verfolgen Sie ja sicher schon seit geraumer Zeit: Steigt der Goldpreis in Dollar, muss das längst noch nicht bedeuten, dass er auch in Euro steigt, sofern dieser gegenüber dem Dollar zulegt. Fällt er dagegen in Dollar, kann er durchaus in Euro steigen, solange dieser gegenüber dem Dollar verliert (wieder einmal in der zweiten Hälfte der abgelaufenen Woche zu beobachten). Steigt der Goldpreis in beiden Währungen, läuft eine Interpretation, die zukünftig noch an Bedeutung gewinnen wird, darauf hinaus, dass Euro und Dollar an Wert und damit an Kaufkraft verlieren.
Diese Überlegungen sind gerade im Hinblick auf den Euro-Goldpreis von großer Bedeutung, weil Sie ja wahrscheinlich in erster Linie den Euro als Preismaßstab zugrunde legen. Damit kommen wir zur Euro-Entwicklung in den nächsten Monaten. Diesbezüglich dürfte der neue Dreijahrestender der Europäischen Zentralbank (EZB) eine große Rolle spielen, im Klartext: 523 Banken haben sich für drei Jahre 489 Milliarden Euro von der EZB zu 1 Prozent Zinsen geliehen und größtenteils in höher verzinsliche Staatsanleihen investiert. Darüber hinaus haben sie erkleckliche Beträge auch in die eigene Refinanzierung gesteckt. Dazu mussten sie keine allzu großen Sicherheiten beibringen.
Die ganze Aktion ist nicht gerade dazu angetan, Vertrauen in den Euro zu wecken, im Gegenteil, sie löst eine neue Spekulationswelle gegen den Euro aus. Diese hat bereits in der abgelaufenen Woche begonnen und dürfte den Euro schon bald in den Bereich unter 1,30 Dollar sinken lassen. Kein Wunder, entspricht doch die neue Marschroute der EZB de facto immer mehr der ihres amerikanischen Pendants Fed: im übertragenen Sinn Geld drucken, was das Zeug hält. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie mit Ihrem Gold, in Euro gerechnet, demnächst scheinbar immer reicher werden, auch wenn der Goldpreis in Dollar mal nicht steigen sollte.
Abgesehen davon schreitet die Geldentwertung, die sich ja in dem über die Jahre tendenziell steigenden Goldpreis bemerkbar macht, global weiter fort. Die aktuelle und potenzielle Euro-Schwäche ist da für Anleger, die das Edelmetall besitzen, nur ein Zückerchen obendrauf. Sie sollten sich angewöhnen, alles auch in Gold zu messen, etwa die Preise von Grundnahrungsmitteln, Benzin und Heizöl, die Mieten und die unerträglich steigenden Mietnebenkosten, etwa von Strom, Wasser oder Müllabfuhr - und sei es nur, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass Sie mit dem steigenden Goldpreis in Wahrheit nicht reicher werden, sondern nur Ihre Kaufkraft erhalten. Aber das ist immerhin schon etwas.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).