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Auf die Hyperinflation spekulieren?

10.06.2010  |  Mag. Gregor Hochreiter
Der folgende Text ist ein Auszug aus dem Buch: "Krankes Geld, Kranke Welt - Analyse und Therapie der Globalen Depression" von Gregor Hochreiter, mit einem Vorwort von Roland Baader. Es ist im Resch-Verlag, ISBN: 978-3-935197-94-6 erschienen. Das Buch ist in jeder Buchhandlung oder über unseren Buchshop erhältlich.


Alle Zeichen deuten eindeutig auf eine Hyperinflation hin; die enorme Staatsverschuldung, die inflationistische Grundhaltung der wichtigsten Akteure - Politiker, Zentralbanker, Großunternehmer, Interessensvertreter, Gewerkschaft und die überwiegende Mehrheit der Wähler - , die Reaktion der Politik in den vergangenen Monaten. Speziell die Entscheidung sowohl des FED als auch der EZB im Frühjahr 2009,1 mithilfe des quantitative easing (dt. "quantitative Lockerung") auf "unkonventionelle" Art und Weise zusätzliche Liquidität in den Markt zu pumpen, facht die inflationäre Geldmengenausweitung weiter an. Unter quantitative easing ist der zusätzliche zur klassischen Offenmarktpolitik betriebene Ankauf von Schuldtiteln zu verstehen und diese Maßnahme kommt zur Anwendung, wenn der Spielraum für weitere Zinssenkungen ausgeschöpft ist oder kurz davor steht, gänzlich ausgeschöpft zu sein. Der Rückgriff auf das quantitative easing ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Zentralbanken eine Überflutung der Wirtschaft mit Geld den Vorzug gegenüber dem Zusammenbruch des gegenwärtigen Bankensystems

Es drängt sich die verführerische Anlagestrategie auf, bewusst auf die Hyperinflation zu spekulieren; sich heute über beide Ohren zu verschulden, um mit der geliehenen Kreditsumme reale Werte wie Immobilien und Edelmetalle zu erwerben. Mit dem Einsetzen der hyperinflationären Geldmengenaufblähung sinkt die reale Schuldenlast und per Saldo hätte man einen realen Vermögenszuwachs eingefahren.

Dieser Versuchung sollte tunlichst widerstanden werden. Erstens ist es theoretisch möglich, dass sich die Verschuldungskrise in einem deflationären Kollaps entlädt. Der Staat könnte etwa die Zustimmung zu den mit Steuergeld finanzierten Unterstützungsleistungen für die Großbanken zurücknehmen. Eine Pleitewelle unter den Banken wäre die Folge, die die Bankguthaben deflationär auslöschen würde. Oder aber die Zentralbank vermeint, dass eine Hyperinflation ihre eigene Existenzberechtigung untergräbt und vollzieht, um dem eigenen Untergang entgegenzuwirken, eine radikale Kehrtwende in ihrer Geldpolitik und beschließt, den massiven Geldüberhang deflationär bereinigen zu lassen. Diese beiden Szenarien sind zwar unwahrscheinlich, aber theoretisch eben möglich. Und tritt eines dieser beiden Szenarien ein, und sei es nur eine Episode auf dem Weg zur Hyperinflation, erhöht sich von einem Moment auf den nächsten die reale Schuldenlast dramatisch. Die Kreditnehmer stehen mit dem Rücken an der Wand, Hab und Gut sind verloren. Deswegen tendieren Hochverschuldete dazu, eine hyperinflationäre Bereinigung zu favorisieren.

Aus gesellschaftlicher Perspektive ist ein deflationärer Kollaps einer Hyperinflation jedoch eindeutig vorzuziehen. In einem deflationären Kollaps erhalten die Hochverschuldeten den Schwarzen Peter. Selbst wenn die Schulden für die Gläubiger uneinbringbar sind und aus moralischen Überlegungen nicht zur Gänze eingebracht werden sollten. Doch besteht eine realistische Chance, dass das heute so populäre Schuldenmachen erneut geächtet wird. Bei einer hyperinflationären Bereinigung kommt hingegen der Gläubiger zum Handkuss. Er, der für die wohlstandsmehrende Ersparnisbildung auf gegenwärtigen Konsum verzichtete, muss zusehen, wie diejenigen, die sich durch rücksichtlose Schuldenmacherei im Hier und Jetzt ein schönes Leben gemacht haben, die Schulden mit wertlosem Papier zurückzahlen dürfen.

Das Spekulieren, worunter das gezielte Schielen auf Kursgewinne und das aufs Spielsetzen der eigenen Existenz zu verstehen ist, ist somit Ursache wie auch Folge einer inflationären Lebenseinstellung. Die Verlockungen des materiellen Reichtums machen den Menschen gierig und blind für das Risiko. Nichts spricht dagegen, ab und zu ins Casino zu gehen, eine Wette einzugehen oder ein Lotterielos zu erwerben. Alles spricht dagegen, ein Glückspiel als stetige Einkommensquelle zu betrachten. Glückspiele vermehren den volkswirtschaftlichen Wohlstandskuchen nicht. Sie teilen bestehendes Vermögen neu zu.

Eine nachhaltige und generationenübergreifende Vermögenssicherung setzt nicht auf hochriskante Spekulationsgewinne. Sie zieht den schrittweisen und besonnenen Aufbau vor. Dazu zählen neben Investitionen in das eigene Unternehmen oder in den Nahraum der Erwerb und die Verschönerung einer eigenen Immobilie. Die tiefreichende Verwurzelung in einer Gemeinde hat noch den weiteren positiven Effekt, dass die Eigentümer einer Immobilie gegen ungerechte Übergriffe des Staates auf ihr Eigentum wesentlich vehementer entgegentreten als Mieter, deren lockere Bindung an den Wohnort und die flexiblere Handhabung des Wohnraums den Willen, gegen Ungerechtigkeiten aufzutreten, schwächen.

Neben der Immobilie dient als letzte Rückversicherung die weithin vergessene Eiserne Reserve. Sie beherbergt jene letzte Reserve an Kaufkraft, historisch meist Silber- und Goldmünzen, die man nur im äußersten Notfall antastet. Die in die Eiserne Reserve eingebrachten Münzen sind keine Spekulationsobjekte, die man abstößt, weil der Kursgewinn zu mickrig ausfällt. Dankbar vererbt man diese Rücklage an die nächste Generation weiter, wenn man vom Unglück verschont geblieben ist. Und für den Fall einer - für viele heute undenkbaren - Flucht ins Ausland aufgrund von politischer oder religiöser Verfolgung oder bürgerkriegsähnlichen Zuständen erweist die Eiserne Reserve ebenfalls ihre wertvollen Dienste.


© Mag. Gregor Hochreiter
Institut für Wertewirtschaft

Den Autor können Sie unter gh@wertewirtschaft.org erreichen



(1) Beschluss des FED vom 18. März 2009: www.federalreserve.gov. Beschluss der EZB vom 7. Mai 2009: www.ecb.int.



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