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Jetzt spricht wieder viel für Gold und Silber

25.03.2012  |  Manfred Gburek
Bei Gold und Silber tut sich was. Ihre Preise haben eine wahre Hängepartie hinter sich. Oder bezogen auf die Gemütsverfassung der Anleger, die in beiden Edelmetallen und in den Aktien der Branche engagiert sind: Ihre Nerven wurden arg strapaziert. Das kann zwar noch ein Weilchen so weiter gehen, aber eher im positiven Sinn, denn der größte Teil der Hängepartie und der Strapazen ist vorbei.

Was jetzt noch kommt, ist eine der Varianten, die ich Ihnen hier vor sechs Wochen beschrieben habe: Wenn man die Preiskurven glättet, entweder eine charttechnische Untertasse oder das Ende des seit dem vergangenen September anhaltenden leichten Abwärtskanals beim Gold bzw. des schon seit Anfang Mai anhaltenden deutlicheren Abwärtskanals beim Silber. Die bisherigen Erfahrungen mit der Charttechnik belegen, dass in beiden Fällen ein starker Preisausbruch nach oben folgt.

Einzig in welche Bereiche er vorstößt, lässt sich schwer abschätzen, weil dann ein größerer Wechsel der Teilnehmer an den Edelmetallmärkten zu erwarten ist, der für so manche Überraschung sorgen kann. Das heißt, Minenkonzerne, Zentralbanken, Fonds, die Schmuckindustrie, Altgoldverkäufer, private Anleger und einige weitere Gruppen sortieren sich auf der Angebots- wie auch auf der Nachfrageseite neu. Indikatoren dazu gibt es reichlich. Um nur zwei zu nennen: Spekulative Anleger haben zuletzt in größerem Umfang dem führenden börsengehandelten Goldfonds SPDR Gold Trust den Rücken zugekehrt, während Daueranleger weitgehend engagiert geblieben sind; das ist erfahrungsgemäß eine günstige Konstellation. Und die Großbank UBS hat ihre Goldpreisprognose massiv nach unten gesetzt, was - nach den bisherigen Erfahrungen mit den Vorhersagen dieser Bank zu urteilen - ebenfalls als positives Zeichen zu interpretieren ist.

Gehen wir den Dingen weiter auf den Grund. Aus den Charts von Gold und Silber ergibt sich, dass die 200-Tage-Linie zuletzt die Preiskurve von unten nach oben geschnitten hat. Das ist entsprechend den gängigen Chartregeln ein Verkaufssignal. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Im Herbst 2008 war dasselbe Phänomen zu beobachten. Wer damals zum ungünstigsten Zeitpunkt aus Gold und Silber ausgestiegen wäre, hätte anschließend auf maximal über 150 Prozent Gewinn beim Gold und sogar auf maximal über 430 Prozent Gewinn beim Silber verzichten müssen.

Wie geht es dieses Mal weiter? Dazu ist zunächst ein Blick auf die Preiskurven seit ihren Spitzen im vergangenen August (Gold) und April (Silber) hilfreich. Beide erreichten ihr anschließendes Tief bereits Ende Dezember; seitdem pendeln sie sich aus. Der Rückgang von der Spitze bis zum Tief beträgt auf Dollar-Basis beim Gold 26 Prozent, beim Silber 44 Prozent. Auf Euro-Basis gibt es nur beim Gold eine kleine Abweichung (Rückgang um 28 Prozent), während der Silberpreis auch in Euro von der Spitze bis zum Tief um 44 Prozent fiel.

Zwischenfazit: Viel spricht dafür, dass die Tiefpunkte von Ende Dezember im laufenden Zyklus nicht mehr erreicht werden, und zwar aus drei Gründen: 1. Das Dezember-Tief liegt beim Gold ziemlich genau in der Nähe des langfristigen Preistrends und beim Silber nicht weit davon entfernt. 2. Dass es am Jahresende zustande kam, spricht dafür, dass die beiden Märkte schon damals weitgehend bereinigt waren. 3. Ben Bernanke, Chef der US-Notenbank Fed, hat die US-Konjunktur in den vergangenen Tagen auffallend schlechtgeredet. Die Erkenntnis daraus: Er will die Geldschleusen erneut weit öffnen; davon werden Gold und Silber profitieren.

Wenden wir uns jetzt noch kurz zwei Aktien zu, Barrick Gold und Silver Wheaton, deren Kursverläufe in Dollar - beide werden besonders lebhaft an der New York Stock Exchange gehandelt - unter anderem Rückschlüsse auf die Preise von Gold und Silber zulassen. Im ersten Fall handelt es sich bekanntlich um den weltgrößten Goldkonzern, im zweiten Fall um einen der führenden Silberkonzerne mit besonders intelligentem Geschäftsmodell, genannt "silver streaming“ (Teilnahme an den Erfolgen anderer Minen).

Die Kursentwicklung von Barrick Gold ist langweilig, die von Silver Wheaton spannend. Ihre Kursspitzen im laufenden Zyklus datieren jeweils vom vergangenen April, ihr Kurstief bei Barrick Gold nach minus 23 Prozent von diesem März, bei Silver Wheaton nach minus 41 Prozent bereits von Anfang Oktober und dann nochmals Ende Dezember. Während die langweilige Aktie also gerade ein neues Tief erreicht hat, liegt das Tief der spannenden Aktie, von dem es sich inzwischen per Saldo um rund 25 Prozent erholt hat, einige Monate zurück.

Das lässt zumindest diese Schlussfolgerung zu: Wenn Anleger aktuell die Wahl zwischen langweiligen Aktien, die man auch als defensiv bezeichnet, und spannenden Aktien mit besonderem Geschäftsmodell haben, kaufen sie lieber Letztere. Das ist positiv zu beurteilen. Nebenbei bemerkt: In der Regel bekommen die Kurse der Edelmetallaktien die Kurve vor den Edelmetallpreisen sowohl zu Beginn eines Aufwärts- als auch zu Beginn eines Abwärtstrends. Demzufolge würde jetzt, vergleicht man die Kurssignale von Barrick Gold und Silver Wheaton, mehr für Silber als für Gold sprechen.

Zum Schluss noch einige Anmerkungen in Sachen Aktien-Gold-Verhältnis, üblicherweise ausgedrückt als Quotient aus Dow Jones (Kursdurchschnitt von 30 führenden US-Aktien) im Zähler und Dollar-Goldpreis im Nenner. Hierbei handelt es sich um eine Kennzahl, mit deren Hilfe ermittelt werden soll, ob Aktien im Vergleich zum Gold über- oder unterbewertet sind bzw. ob Gold im Vergleich zu Aktien über- oder unterbewertet ist. Diese derzeit unter Börsianern heiß diskutierte Kennzahl stand im Januar 1980 mal ganz kurzfristig nahe 1, schoss bis Ende 1999/Anfang 2000 über 40 in die Höhe und bewegt sich aktuell um 7,5. Im Börsenjargon formuliert: Sie ist extrem volatil.

Nun kann man der Phantasie freien Lauf lassen und in die aktuelle Kennzahl hineininterpretieren, sie habe noch Luft nach unten (gut für Gold, schlecht für Aktien) oder nach oben (schlecht für Gold, gut für Aktien). Natürlich ließe sich auch ausrechnen, was mit der Kennzahl nach einem starken Anstieg oder Absturz von Dow Jones und/oder Gold geschehen würde. Doch wie das mit Kennzahlen so ist: Eine konkrete Aussage drängt sich erst dann auf, wenn sie extrem hoch oder extrem niedrig sind. Weder das eine noch das andere trifft derzeit zu. Folglich erscheint es sinnvoller, die hier vorher angestellten charttechnischen und sonstigen Überlegungen in Betracht zu ziehen, statt allzu sehr die Phantasie zu bemühen. Kurzum, erst einmal spricht viel für Gold und vor allem für Silber.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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