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Die USA und der flexible Zinsschreck

31.03.2012  |  Peter Schiff
Die Federal Reserve hat einen weiteren "Stresstest" bei großen Finanzinstitutionen vorgenommen und entschieden, dass 15 von 19 Institutionen sicher seien. Und das auch unter den extremsten Bedingungen: eine Arbeitslosenquote von 13%, ein Kurseinbruch an den Aktienmärkten von 50% und erneute Preisverluste von 21% an den Immobilienmärkten. Das Problem ist nur, dass der wichtigste Faktor, der für die langfristige Überlebensfähigkeit dieser Banken entscheidend ist, mit Absicht übersehen wurde - die Zinssätze.

Im Gefolge der Kreditkrise löste die Fed das Problem der flexibel werdenden Hypothekenzinsen, indem sie dem gesamten Land im Grunde einen "Probierzinssatz“ (teaser rate) verpasste. Auch die Bilanzen dieser Hausbesitzer, die sich ihr Haus eigentlich gar nicht leisten konnten, machen noch einen guten Eindruck, solange man den Faktor "steigende Zinssätze“ außen vor lässt. Beim jüngsten Stresstest ging man davon aus, dass die Marktzinsen niedrig, der Leitzins nahe null und die Verzinsung10-jähriger US-Staatsanleihen unter 2% bliebe. Sind das haltbare Annahmen? Die Zinssätze lagen im historischen Durchschnitt bei 6%. Und bei diesem Zinssatz würde jede große US-Bank Bankrott gehen!

Steigende Zinsen sind tatsächlich die größte Bedrohung für das Bankensystem, und das weiß auch die Fed. Diese Institutionen sind bis zum Anschlag fremdfinanziert und können sich nur durch kurzfristige Finanzierung liquide halten. Während sich die US-amerikanischen Familien abgewöhnen mussten, Kreditenkartenschulden durch die Belastung einer anderen Karte zu bezahlen, hält die Wall Street weiter an dieser Praxis fest.

Und das ist auch der entscheidende Punkt, weshalb die Fed die Zinssätze so niedrig hält. Die Fed befürwortet die Veröffentlichung falscher Wirtschaftsdaten, die die USA in einer wirtschaftlichen Erholungen zeigen. Gleichzeitig weiß sie aber ganz genau, dass sich die US-Wirtschaft ohne Niedrigzinskrücken gar nicht mehr fortbewegen kann. Ben Bernanke versucht unter allen Umständen zu beteuern, dass er die Zinssätze ewig niedrig halten könne, weshalb diese dann auch nicht in den Stresstest einbezogen wurden.

Die Zinssätze werden durch Geldschöpfung niedriggehalten, und leider rinnen diese Geldmittel jetzt zu den Verbraucherpreisen durch. Bernanke gab zu, dass die Ölpreise steigen, er geht jedoch davon aus, dass die Preise wieder nachgeben werden, ohne jedoch eine Begründung dafür zu geben. Das zeigt, dass Bernanke entweder nicht weiß, dass in Wirklichkeit die Inflation an den steigenden Ölpreisen Schuld ist, oder, dass es ihn nicht kümmert. Die Fastfood-Kette McDonalds strich unterdessen einige Angebote aus ihrem immer weniger gewinnbringenden 1-Dollar-Menü. Für einen Dollar bekommt man offenbar nicht mal mehr eine kleine Portion Fritten.

Die Fed wird sich letztendlich gezwungen sehen, einen Anstieg der Zinssätze zuzulassen, es sei denn, sie möchte uns ein Leben mit ewig steigenden Preisen für die wichtigsten Güter und Dienstleistungen zumuten. Falls sie diesen aber zuließe, würde das US-Finanzministerium, das Bankensystem und jeder US-Bürger, der einen Kredit mit flexiblen Zinssätzen abzahlt, innerhalb kurzer Zeit Bankrott gehen.

Und deshalb meint die Fed auch, hinsichtlich der Inflation lügen zu müssen. Denn gäbe sie die Existenz hoher Inflation zu, würde sich vielleicht der Druck auf sie erhöhen, diese zu stoppen. Falls sie aber die Druckerpressen anhält, würde sie damit auch den echten Crash auslösen, vor dem ich seit über 10 Jahren warne. So wie die Reaktion der Fed auf die Krise von 2001 direkt zur Krise von 2008 führte, so wird ihre Reaktion auf die Krise von 2008 auch unweigerlich zu einer einschneidenden Maßhaltepolitik oder aber zu einer Währungskrise führen.

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor:

Sollten die Banken aufgrund steigender Zinssätze Bankrott gehen, würde auch die FDIC (Bundesanstalt zur Versicherung von Einlagen bei Kreditinstituten) Bankrott gehen. Ohne Zugang zu neuen Krediten wäre das US-Finanzministerium nicht in der Lage, den Einlagensicherungsfonds zu retten, der aktuell nur über 9,2 Milliarden $ verfügt. Es würden dann nicht nur die Aktionäre und Anleihehalter ihr Geld verlieren, auch die Einleger würde es treffen!

Die US-Amerikaner sind heute deutlich weniger "autark“ als während der Großen Depression. Man muss nur nach Griechenland schauen, um zu sehen, wie eine dienstleistungsorientierte Gesellschaft auf derartige Zusammenbrüche reagiert - Kriminalität, Ausschreitungen, Vandalismus und Streiks.

Dem Staat bleiben noch ein paar Gegenmaßnahmen, so auch der Verkauf der nationalen Goldreserven, aber irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem diese Farce nicht mehr weitergehen kann. Das deutlich steigende Handelsbilanzdefizit zeigt, dass die USA immer stärker von Exporten abhängig werden, welche sie sich aber nicht leisten können. Washington und Wall Street wird es bald ähnlich ergehen, wie es Immobilieneigentümern, die bis zum Schluss noch eifrig Kredite auf ihre überbewerteten Häuser aufgenommen hatten. Und es wird dann keiner da sein, der ihnen am Ende beim Wegräumen des Trümmerhaufens helfen wird.

Ich hätte da eine neue Faustregel: Bis wahres Wirtschaftswachstum in ferner Zukunft wieder einsetzten wird, sollte der US-Leitzins, die Fed Funds Rate, auch als "Quote der Vertrauenswürdigkeit der Federal Reserve“ betrachtet werden. Wir würden eine Skala von 1 bis 20 benutzen, was ungefähr der maximalen Höhe der Zinssätze entspricht, die unter Paul Volcker erreicht wurde, um das Vertrauen in den US-Dollar wiederherzustellen. Bis zum Ende dieser Krise könnte also Folgendes gelten: Sollte der Leitzins nahe null bleiben, darf den Aussagen, Prognosen und Stresstests der Fed nahezu keine Glaubwürdigkeit beigemessen werden. Wenn der Zinssatz auf 5% steigt, dürfen die Aussagen der Fed zu 25% glaubwürdig gelten. Wenn er auf 20% steigt, dann hätte man eine Fed, deren Worte so sicher wie ein Banksafe wären, falls es die Banken drumrum noch gäbe.


© Peter Schiff
www.europac.net


Dieser Artikel erschien am 14.03.2012 auf http://articles.businessinsider.com und wurde exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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