"Mind the gap"
23.04.2010 | Manfred Wolter
Die Aufforderung, sich beim Betreten oder Verlassen der Londoner U-Bahn der Lücke zwischen Bahnsteig und Abteil zu erinnern, könnte schon mittelfristig mit neuer Bedeutung für schlaflose Nächte bei vielen Rohstoffeinkäufern sorgen. BDI-Präsident Hans-Peter Keitel äußerte sich in dieser Woche auf der Hannovermesse optimistisch hinsichtlich der deutschen Wachstumsperspektiven, wenn denn drei Rahmenbedingungen erfüllt seien. Eine davon lautete, dass die Energie- und Rohstoffpreise im Zaum gehalten werden könnten. Die Wachstumserwartung für Deutschland liegt mit 2% deutlich über dem bisherigen Konsens. Aber die Welt kommt gerade in eine Phase optimistischer Revisionen und eine V-förmige internationale Konjunkturerholung mit entsprechend steigender Rohstoffnachfrage bietet Befürchtungen neuer Angebotslücken und drohender Preissteigerungen reichlich Nahrung.
Noch spiegelt insbesondere die Lagersituation den scharfen konjunkturellen Einbruch des vergangenen Jahres. Aber warum haben sich die Kurse nicht einzelner, sondern vieler Rohstoffe gegenüber den Tiefständen des vergangenen Jahres schon wieder verdoppelt oder gar verdreifacht? Sind wir schon wieder von allgegenwärtiger Spekulation umzingelt, die sämtliche Rohstoffe ohne realen Hintergrund nach oben reißt? Schaut man sich den Agrarsektor an, so muss dies verneint werden, denn phantastische Ernten in mehreren Jahren sorgten für prall gefüllte Lager und die Futures an der CBOT dümpeln zum Teil in der Nähe der Tiefstände des Jahres 2008. Es sieht eher danach aus, dass vielen Investoren der "alten Welt" die Vorstellungskraft für die benötigten Ressourcen in einer ambitioniert wachsenden "neuen Welt" fehlt.
Chinas konjunktureller "Einbruch" sorgte im Jahr 2009 nach über zehn Jahren zweistelligen Wachstums für eine Rate von 8,7%, die schon im laufenden Jahr erneut zweistellig ausfallen soll. Und Indien hat im März verkündet, in seinem nächsten Fünfjahresplan (2012-2017) für Infrastrukturmaßnahmen eine Investitionssumme von 1.000 Mrd. USD einzuplanen, während für das BIP nach Wachstumsraten von 6,7% und 7,2% für die kommenden Jahre 8,5% und 9% angepeilt werden. Auf der anderen Seite sinkt aber in Staaten wie Mexiko, Großbritannien oder Norwegen die Ölförderung inzwischen deutlich und bei den Basismetallen wurden Explorations- und Produktionskapazitäten im Rahmen der globalen Konjunkturkrise reduziert. Mind the (output) gap!
© Manfred Wolter
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
Diese Publikation beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir jedoch keine Gewähr übernehmen können. Sie gibt unsere unverbindliche Auffassung über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wieder, ungeachtet etwaiger Eigenbestände in diesen Produkten. Diese Publikation ersetzt nicht die persönliche Beratung. Sie dient nur zu Informationszwecken und gilt nicht als Angebot oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf. Für weitere zeitnähere Informationen über konkrete Anlagemöglichkeiten und zum Zwecke einer individuellen Anlageberatung wenden Sie sich bitte an Ihren Anlageberater.
Noch spiegelt insbesondere die Lagersituation den scharfen konjunkturellen Einbruch des vergangenen Jahres. Aber warum haben sich die Kurse nicht einzelner, sondern vieler Rohstoffe gegenüber den Tiefständen des vergangenen Jahres schon wieder verdoppelt oder gar verdreifacht? Sind wir schon wieder von allgegenwärtiger Spekulation umzingelt, die sämtliche Rohstoffe ohne realen Hintergrund nach oben reißt? Schaut man sich den Agrarsektor an, so muss dies verneint werden, denn phantastische Ernten in mehreren Jahren sorgten für prall gefüllte Lager und die Futures an der CBOT dümpeln zum Teil in der Nähe der Tiefstände des Jahres 2008. Es sieht eher danach aus, dass vielen Investoren der "alten Welt" die Vorstellungskraft für die benötigten Ressourcen in einer ambitioniert wachsenden "neuen Welt" fehlt.
Chinas konjunktureller "Einbruch" sorgte im Jahr 2009 nach über zehn Jahren zweistelligen Wachstums für eine Rate von 8,7%, die schon im laufenden Jahr erneut zweistellig ausfallen soll. Und Indien hat im März verkündet, in seinem nächsten Fünfjahresplan (2012-2017) für Infrastrukturmaßnahmen eine Investitionssumme von 1.000 Mrd. USD einzuplanen, während für das BIP nach Wachstumsraten von 6,7% und 7,2% für die kommenden Jahre 8,5% und 9% angepeilt werden. Auf der anderen Seite sinkt aber in Staaten wie Mexiko, Großbritannien oder Norwegen die Ölförderung inzwischen deutlich und bei den Basismetallen wurden Explorations- und Produktionskapazitäten im Rahmen der globalen Konjunkturkrise reduziert. Mind the (output) gap!
© Manfred Wolter
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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