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Geld, Geld und nochmals Geld

08.04.2012  |  Manfred Gburek
Am vergangenen Dienstag und Mittwoch spielte sich an den Edelmetall-, Devisen- und Wertpapiermärkten etwas Seltsames ab, das einer näheren Analyse bedarf: Die Veröffentlichung des Sitzungsprotokolls der US-Notenbank Fed vom 13. März, also gut und gern drei Wochen alt, ließ die Edelmetallpreise, den Euro, die Aktien- und Anleihenkurse wie vom Blitz getroffen für zwei Tage sinken. Der Heraeus-Konzern kommentierte daraufhin unter Anspielung auf den Fed-Chef: "Gänseblümchen zupfen mit Ben Bernanke“.

Die mit dieser Metapher zum Ausdruck gebrachte Ironie ist berechtigt. Aber warum haben die Märkte derart heftig auf Gänseblümchen-Ben reagiert? Die Begründung dafür ist so treffend wie trivial: Im veröffentlichten Protokoll hieß es, die Fed werde erst dann mehr Geld in die Märkte pumpen, wenn das US-Wirtschaftswachstum nachlässt und die Inflationsrate nachhaltig unter 2 Prozent bleibt. Also scheinbar ein Plädoyer gegen eine weitere Geldschwemme, auf das die Anleger sauer reagierten.

Dass sie besonders heftig reagierten, lässt sich indes erst damit erklären, dass Bernanke noch eine Woche zuvor mit dem Kaputtreden der US-Konjunktur Hoffnungen auf mehr Geld geweckt hatte. Ganz nach dem Motto des Gänseblümchen-Zupfens: Die Konjunktur liebt mich, sie liebt mich nicht usw. Ein taktisches Manöver? Ein Trick? Eine willkommene Gelegenheit, um den Goldpreis und den Euro gleichzeitig zu drücken und noch mehr Dollars zu drucken, ohne die US-Währung zu beschädigen? Oder einfach nur ein Signal an die Märkte: Seht her, die Fed ist so einflussreich, dass sie euch jederzeit auf dem falschen Fuß erwischen kann? Klare Antwort: von allem etwas.

Damit soll jedoch nicht gesagt sein, dass der Dollar quasi auf Knopfdruck aufgewertet werden kann. Vielmehr geht es den Amerikanern und speziell der Fed darum, den Dollar als Weltwährung Nummer eins um jeden Preis zu verteidigen, und da können Sticheleien gegen Gold und Euro, sozusagen die natürlichen Feinde der US-Währung, von Zeit zu Zeit ganz nützlich sein.

Warum den Amerikanern dazu fast jedes Mittel recht sein muss, belegen viele Daten. Um nur einen besonders markanten Zahlenvergleich zu nennen: Im vergangenen Jahr übertrafen die Staatsausgaben die Staatseinnahmen in Großbritannien um 23 Prozent, in Japan um 27 Prozent und in den USA um 31 Prozent. Wobei noch erwähnenswert ist, dass Griechenland mit 22 Prozent besser dastand als die drei großen Volkswirtschaften, also das Land, dessen Misere so manche Angelsachsen immer wieder zum Vorwand nehmen, um den Euro zu attackieren.

Am vergangenen Mittwoch präsentierte Feri EuroRating, die renommierte deutsche Ratingagentur, ihre neueste Studie zu Griechenland. Hier einige Auszüge: "Auch mit dem zweiten Hilfspaket ist das Land weit entfernt von einer tragfähigen Entwicklung seiner Staatsfinanzen. Grundlage des Ratings ist deshalb die Erwartung, dass Griechenland aus der Eurozone ausscheidet.“ Im Übrigen sei "das Risiko eines erneuten Zahlungsausfalls extrem hoch“. An der "verheerenden wirtschaftlichen Lage des Landes“ könne auch die Verringerung der Schulden um fast 100 Milliarden Euro nichts ändern.

Das würde bedeuten, dass weitere Attacken gegen den Euro, ausgelöst durch den offenbar immer sicherer werdenden Austritt der Griechen aus der Eurozone, so gut wie programmiert wären. Doch was kommt danach? Der berüchtigte Domino-Effekt, das heißt, der Austritt Portugals, Spaniens, Italiens und weiterer Euroländer aus der Gemeinschaftswährung? Wohl eher nicht, auch wenn die jüngste Versteigerung spanischer Staatsanleihen enttäuschend verlief. Warum eher nicht, ergibt sich aus den keine Zweifel zulassenden Entscheidungen der Europäischen Zentralbank unter ihrem neuen Präsidenten Mario Draghi. Sie weisen klar in eine Richtung: Geld, Geld und nochmals Geld.

Bisher ist dieses Geld, ebenso wie das von der Fed in die Märkte gepumpte, primär den Aktien zugute gekommen. Das erklärt deren fulminanten Kursanstieg im ersten Quartal, und zwar in Europa wie in den USA. Aber warum haben die Edelmetalle nicht mehr von der Geldschwemme profitiert? Die Antwort ist zweigeteilt und recht einfach: 1. Weil sie in großem Ausmaß die Profiteure bis zum August des vergangenen Jahres waren, als es um die Aktienkurse überhaupt nicht gut bestellt war, und 2. weil die Wiederentdeckung der Aktien durch Anleger die Vernachlässigung der Edelmetalle nach sich zog.

Ist deshalb das Szenario, das ich hier vor zwei Wochen entworfen habe, hinfällig geworden, dass nämlich wieder viel für Gold und Silber spricht? Nein, nur habe ich Ihnen auch geschrieben, dass Ihre Nerven noch eine Weile strapaziert werden. Und eben das ist in der abgelaufenen Woche passiert, jedenfalls sofern Sie Edelmetalle übergewichtet haben. Durch kurzfristige Preisrückschläge wie den vom Dienstag und Mittwoch, als sich die Spieler an der New Yorker Terminbörse Comex die sprichwörtlichen blutigen Nasen geholt haben, werden Mitläufer abgeschüttelt, das Spekulationsobjekt - in diesem Fall die Edelmetalle - wandert von den sogenannten schwachen Händen in die starken, dann pendeln die Preise noch ein wenig aus, und der nächste Preisschub kann beginnen.

Warum jetzt viel für eine solche Entwicklung spricht, liegt zunächst daran, dass nach den gängigen Aktien mal wieder die Edelmetalle an der Reihe sind. (Derzeit einziger Wermutstropfen: Die Kurse der Edelmetallaktien, die üblicherweise den Preisen der Edelmetalle vorauslaufen, geben noch kein eindeutiges Kaufsignal, denn sie hinken überwiegend hinterher.) Ferner sprechen die nach wie vor weit offenen Geldschleusen dafür, dass das Vertrauen in den Wert von Dollar, Euro, Yen usw. stetig sinkt. Daraus folgt, dass reale Werte wie Gold, Silber, Aktien und zum Teil auch Immobilien tendenziell favorisiert bleiben.

Im Übrigen sollte man sich während solcher Phasen wie der jetzigen häufiger ins Bewusstsein rufen, dass Gold mehr ist als ein Objekt für Comex-Spieler, nämlich ein Edelmetall, dessen langfristiger Preistrend nicht von ungefähr vor allem von denen bestimmt wird, die es kaufen, um sich vor der Entwertung ihrer Währung zu schützen. Das sind an vorderster Stelle Asiaten, angeführt von Chinesen und Indern. Seltsam, über der Gänseblümchen-Show von Fed-Chef Bernanke geriet dieser Aspekt zuletzt fast in Vergessenheit, obwohl er den Goldpreis gewiss auch stark beeinflusste. Im konkreten Fall ging es um die drastische Erhöhung des indischen Einfuhrzolls auf Gold, die allerdings nach massiven Protesten der Schmuckhändler erst einmal verschoben wurde. Nebenbei bemerkt: Chinas Goldförderung wird in diesem Jahr den vorjährigen Rekord deutlich übertreffen und das Land, ohnehin schon Nummer eins, den anderen Förderländern weit davonziehen lassen.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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