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Deutsche kaufen Gold, Griechen erleben erst das Ende vom Anfang

09.05.2010  |  Manfred Gburek
Um gleich zu Beginn eine Kernfrage zu klären, auf die Sie sicher eine Antwort bekommen wollen, falls Sie sich diese nicht schon längst selbst gegeben haben: Der Goldpreis in Dollar wird unter Schwankungen weiter steigen, auch nachdem er seinen bisherigen Höchststand vom vergangenen Jahr in diesen Tagen übersprungen haben wird. In Euro ist er ja seit geraumer Zeit auf Rekordjagd und hat gerade die Hürde von 950 Euro locker genommen. Die zum Teil heftigen Schwankungen im Zuge des nach oben gerichteten Trends zeugen davon, dass die mit dem weiteren Preisanstieg rechnenden Profis immer wieder eine Auszeit nehmen, während der sie sich auf den nächsten Preisanstieg vorbereiten.

Man braucht nicht ihre Gedanken zu lesen versuchen, um zu ergründen, was dahinter steckt: Der nicht mehr zu stoppende Anstieg der Staatsschulden weltweit, verbunden mit der berechtigten Erwartung der von Politikern als böse Spekulanten beschimpften Profis, dass diese Schulden am Ende den Wert der Währungen zunichte machen werden. Einen kleinen Teil davon erleben wir ja gerade aufgrund des Euro-Dramas im Gefolge der Griechenland-Krise.

Dazu muss man sich jetzt nur vorstellen, welches Ausmaß die Währungsturbulenzen erreichen können, sobald andere Euro-Länder, England, die USA oder Japan durch viel zu hohe Schulden in so große finanzielle Schwierigkeiten geraten, dass sie quasi eine Bankrotterklärung abgeben müssen. Dann dürften sich die jetzigen Turbulenzen als harmloses Vorspiel erweisen. Würden zusätzlich Verwerfungen an den Aktien- und Anleihemärkten zustande kommen und die Anleger in China durchdrehen, dürfte so ziemlich alles außer Kontrolle geraten.

Sicherheit ist inzwischen mit Abstand das dominierende Anlagemotiv. Und was kaufen sicherheitsbewusste Anleger jetzt? Die institutionellen unter ihnen nach wie vor deutsche Bundesanleihen, leicht abzulesen am Bund Future, dem Terminkontrakt, der in der abgelaufenen Woche wild nach oben gehüpft ist, und natürlich auch abzulesen an der mit ihm negativ korrelierenden Anleiherendite. Viel interessanter finde ich indes das Ergebnis meiner jüngsten Gespräche mit Anlageberatern verschiedener Banken und Sparkassen. Ich war regelrecht perplex, als sie mir in den vergangenen Tagen sagten, ihre Kunden kämen von sich aus mit der Bitte auf sie zu, ihnen doch bitteschön einige Goldbarren und -münzen zu verkaufen.

Die Konsequenz: Hatten die meisten Institute bisher null Bock, ihren Kunden Edelmetalle in physischer Form zu verkaufen, weil sie zu wenig daran verdienten, werden sie nun von ihren Kunden praktisch dazu gezwungen. Wie ich gehört habe, verhält es sich im übrigen Europa ähnlich. Insofern kann ich Ihnen nur dringend raten, für den Fall, dass Sie sich noch nicht genug mit physischem Gold eingedeckt haben, das so schnell wie möglich nachzuholen. Die Rekordpreise in Euro sollten Sie nicht davon abhalten. Wer etwas diversifizieren will, kauft auch Silber, und zwar trotz der hier im Gegensatz zum Gold fälligen Mehrwertsteuer und trotz des gemessen am Wert viel höheren Gewichts.

Als ständiger Beobachter der Märkte (was ich auch Ihnen dringend empfehle) komme ich nicht umhin, die Aussagen von Politikern zu verfolgen. Sie waren zuletzt so nichtssagend bis katastrophal, dass ernste Zweifel am wirtschaftlichen Sachverstand aufkommen. Einige Zitate - von Kanzlerin Merkel an abwärts - habe ich zuletzt bei wiwo.de veröffentlicht. Vom Rest können Sie sich täglich überzeugen, wenn Sie die hanebüchenen Äußerungen in den gängigen Medien verfolgen. Zugegeben, Politiker können und dürfen nicht immer die volle Wahrheit aussprechen, sonst sind sie schnell weg vom Fenster. Aber wenn ihnen nichts Besseres einfällt, als die griechischen Verhältnisse schön zu reden oder eine völlig unrealistische internationale Finanztransaktionssteuer zu fordern, disqualifizieren sie sich am laufenden Band.

Bei NZZ Online, dem Ableger der Neuen Zürcher Zeitung, fand ich neulich eine treffende Überschrift: "Erst das Ende vom Anfang". Sie spielte nicht auf Deutsche Bank-Chef Ackermann an, der früher mit einem ähnlich klingenden, aber ins Gegenteil verkehrten Wortspiel offenbar vom wahren Ausmaß der bisherigen Finanzkrise ablenken wollte, sondern auf den früheren britischen Premier Churchill. Zitat NZZ: "Die Finanz- und Wirtschaftskrise Griechenlands ist längst nicht überwunden, selbst wenn man fast gegen besseres Wissen annimmt, dass die Strukturreformen durchgesetzt werden können."

Weiter gedacht, bedeutet das: Eigentlich müssten die anderen Euro-Länder bald wieder ran, um Griechenland zu helfen. Vor allem Deutschland, denn innerhalb der Euro-Zone muss es einen finanziellen Ausgleich geben, damit angeschlagene Länder (Portugal, Spanien, Irland, womöglich Italien) nicht auf dem Umweg über EU, EZB und IWF von Griechenland zur Kasse gebeten werden. Ob es dazu am Ende kommen wird, ist äußerst zweifelhaft. Allein schon die abenteuerlichen zweistelligen Renditen griechischer Staatsanleihen signalisieren nämlich, dass Griechenland kaum noch um einen Schuldenschnitt herumkommen wird. Ein solcher Schnitt hätte den großen Vorteil, dass die anderen Euroland-Schwächlinge sich daran ein Beispiel nehmen könnten.

Zugegeben, diese Idee dürfte in der Praxis zunächst auf Widerstand stoßen, weil Banken die vorderste Front der Gläubiger bilden - Banken, die wegen ihrer Schieflagen zum Teil verstaatlicht wurden. Alternativen zur endgültigen Bereinigung der Krise? Keine. Es sei denn, man gibt Griechenland und den anderen Schwächlingen Jahrzehnte Zeit, aber das ist unrealistisch. Also werden die Banken und damit indirekt auch die Staaten, sofern sie Banken verstaatlicht haben, schließlich ihren Widerstand gegen den Schuldenschnitt aufgeben müssen.

Die gute Nachricht für Goldanleger: Bis dahin dürfte nach heutiger Erkenntnis noch so viel Zeit vergehen, dass allein schon die zu erwartenden Währungsunruhen den Goldpreis - und mit ihm den Silberpreis - in die Höhe treiben werden. Die nicht ganz so gute Nachricht: Mit Gold und Silber wird sich am Ende nur die Kaufkraft erhalten lassen. Aber immerhin.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Autor zahlreicher Bücher. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).












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