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Öl - ein nachwachsender Rohstoff?

27.05.2010  |  Dr. Jürgen Müller
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Globaler primärer Energieverbrauch in Öl-Equivalenten (Bildquelle: British Petrol Statistical Review of World Energy 2009 [3])


Es ist zu erkennen, dass a) die Ölförderung, wie zuvor gesehen, stagniert und b) die steigende Nachfrage hauptsächlich durch eine Ausweitung der Kohleförderung aufgefangen wird. Diese stieg im besagten Zeitraum 2005 - 2008 (Stagnierung der Ölförderung) von 2.884,2 Millionen Tonnen (Mt) auf 3.324,9 Mt, d.h. um rund 15 % an. Kohle produziert aufgrund seines niedrigeren Heizwertes mehr CO2 pro kWh erzeugtem Strom als Öl oder Gas und ist damit leider der klimaschädlichste fossile Brennstoff.

Als weitere "weiche Faktoren" einer Argumentationskette contra "nachwachsendem Öl" könnte man anführen, dass die Staaten des mittleren Ostens sehr genau wissen, wie ihre Förderkurven aussehen und daher bereits heute vielfältige Massnahmen für die Zeit nach dem Öl ergreifen. Bestes Beispiel hierfür sollte Dubai sein, welches sich bis zum Ruin in Prestigebauten gestürzt hat, um ein neuer touristischer Magnet zu werden. Obwohl Saudi Arabien seine Förderzahlen seit Jahrzehnten unter Verschluss hält, offenbart das Buch von M.R. Simmons "Wenn der Wüste das Öl ausgeht" [4], dass die Zukunft des saudischen Öls ganz anders ist, als die öffentlichen Prognosen vermuten lassen. Peakt dort das weltgrößte Ölfeld Ghawar, peakt auch die gesamte Weltförderung. Wie bei Prudhoe Bay gesehen, werden dann auch für die globale Förderkurve neue mögliche große Funde keinen entscheidenden Einfluss auf die übergeordnete Charakteristik der Kurve haben.

Das schlagkräftigste Argument gegen nachwachsendes Öl aus der Tiefe ist jedoch das sogenannte Ölfenster, welches der Geologe Prof. K.S. Deffeyes (Professor emeritus der amerikanischen Princeton Universität und früherer Mitarbeiter von Hubbert bei Shell) in seinem Buch "Hubbert"s Peak" [5] wie folgt erläutert. Öl besteht chemisch aus Ketten von Kohlenwasserstoffen CmHn, wobei n = 2m + 2:

  • CH4: Methan
  • C2H6: Ethan
  • C3H8: Propan
  • ...

Methan ist die Hauptkomponente von natürlichem Gas, Propan und Butan sind durch Camping-Kocher, etc. bekannt. Crude Oil besteht aus einer Vielzahl von Kohlenwasserstoffen unterschiedlich langer Ketten, die von 5 bis ca. 60 Kohlenstoff-Atomen reichen können. Durch den Destillationsprozess werden diese dann thermisch, d.h. durch Erwärmung separiert.

Ebenfalls durch Wärme können die chemischen Bindungen der langen Ketten aufgebrochen werden. Die Faustregel lautet nun, dass es Öl in Tiefen größer als ca. 4600 Meter (Deffeyes spricht als Amerikaner von 15.000 feet) nicht geben kann, da der geothermale Effekt (Erhöhung der Erdtemperatur mit zunehmender Tiefe) die langen Kohlenwasserstoffketten in dieser Tiefe zu Gas aufspaltet, d.h. zu kurzen Ketten. Ergo: Im Erdinneren kann - wenn überhaupt - nur Gas entstehen, nicht jedoch Öl, welches dann aufsteigen könnte, um die Ölfelder wieder zu füllen. Deffeyes spricht von einem Ölfenster zwischen 7.500 und 15.000 feet (2.300 - 4.600 Meter), in dem Öl nur entstehen konnte bzw. heute gefördert werden kann.

Die langkettigen Kohlenwasserstoffe entstanden nachweislich über sehr lange Zeiträume, sodass die derzeitige Rate der Extraktion um viele Zehnerpotenzen größer ist, als deren mögliches "Nachwachsen". Hubbert publizierte daher auch immer wieder gerne den folgenden Graph, der belegt, in welch geologisch kurzer Zeit die vorhandenen fossilen Brennstoffe gefördert sein werden.

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Die Abbildung zeigt ebenfalls, dass Hubbert aus der Perspektive der 1950er Jahre die nukleare Energiegewinnung als zukünftige Lösung des Energieproblemes betrachtete. Er sah hierbei weder das Problem der nicht lösbaren Endlagerung, noch der endlichen geologischen Vorräte an spaltbarem Uran.

In Anbetracht der hier genannten Realitäten, zuoberst der nicht zu diskutierenden historischen Förderdaten, muss die Theorie des nachwachsenden Öls abgelehnt werden. Die Hubbert-Theorie beweist sich immer wieder als Realität. Wird die Ölförderrate sinken, wird - wie zuvor dargelegt - auch jeglicher Bergbau sich verteuern müssen. Nicht zuletzt deswegen, weil man seit den 1950er Jahren immer mehr zu dem großflächigen Übertagebergbau überging, der im Gegensatz zum Untertagebergbau weitaus energieintensiver ist und damit mehr vom Ölpreis bzw. von der Ölverfügbarkeit abhängig ist. Ohne Öl keine Metalle, ohne Metalle kein Öl.


© Jürgen Müller
www.goldsilber.org, www.technologiemetalle.org,www.werteinlagerung.de


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[i]Referenzen:

[1] U.S. Energy Information Administration
[2] The Oil Drum
[3] BP Statistical Review of World Energy 2009
[4] M. R. Simmons: "Wenn der Wüste das Öl ausgeht", Finanzbuchverlag München, 2005, ISBN-13: 978-3-89879-227-1
[5] K.S. Deffeyes: "Hubbert"s Peak", Princeton University Press, ISBN-13: 978-0691141190



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