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Bericht vom 4. Symposium Freiberger Innovationen

27.04.2012  |  Dr. Jürgen Müller
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Der dritte Redner war der Geologe Dr. Joachim Berlenbach, Berater und Analyst des Earth Gold Fund UI und Earth Exploration Fund UI. Er führte zunächst aus, dass Chinas Verbrauch an Öl in der Zukunft um 9% pro Jahr steigen wird. In 2023 wird China 10 bis 33 Mt Kupfer nachfragen, wobei aktuell 20 Mt Kupfer global gefördert werden. Kupfer sei daher eines der interessantesten Metalle, da es auch kaum substituiert werden könne. Pro MW Windenergie benötigt man z.B. 4 - 9 t diesen Metalles. Meiner Erinnerung nach war er der einzige Redner, der den Terminus "Peak Oil" in den Mund nahm. So würde das neu entdeckte US-Ölfeld Tiber Well die Welt nur für 98 Tage mit Öl versorgen, Tupi Area 11 Tage oder Repsol Argentina 8 Tage.

Auf der anderen Seite würden 1/3 der Kosten von Übertagebergbauen Energiekosten darstellen. Da diese Bergbaue jedoch aus Gründen der "Economy of Scale" immer größer werden, würde mehr Zeit und wesentlich mehr Kapital notwendig sein, die in Zukunft investiert werden müssen. Dr. Berlenbach ging zu einer internen Studie über, die zeigt, dass die Kosten der Goldminen derzeit explodieren (ein Argument, das auch ich immer wieder bemühe und als Grund anführe, warum Minen oder Minenfonds seit Jahren nicht laufen und auch nie mehr richtig laufen werden, es sei den die Metallpreise steigen überexponentiell). Die Goldpreise sei daher alles andere als in einer Übertreibungsphase. Die Minen könnten kaum mehr Risikokapital aquirieren, Exploration würde zurückgefahren und produzierte Unzen würden nicht ersetzt werden.

Dr. Volker Steinbach von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) bzw. der neuen Deutschen Rohstoffagentur (DERA) referierte, dass die Metalle geologisch nicht knapp wären, nur bei Öl würde die Sachlage anders aussehen (Anmerkung: Dass Energie und Metalle sich gegenseitig bedingen, wurde nicht erwähnt, ist m.E. jedoch essentiell: Je niedriger die Erzgehalte werden, umso mehr Energie wird benötigt, um diese noch zu gewinnen, wobei der Zusammenhang nicht linear sondern exponentiell ist: Ohne Energie keine Metalle, ohne Metalle keine Energie.

In geologischen Fachkreisen ist es seit Jahrzehnten Konsens, dass Minerale nicht geologisch, sondern wirtschaftlich zur Neige gehen werden). Das Ziel der DERA ist es, die Deutsche Wirtschaft bei der Rohstoffversorgung zu beraten und zu unterstützen (u.A. auch durch Anschubfinanzierungen). Die Entwicklung, Einführung und Umsetzung von Schlüsseltechnologien wie Photovoltaik, Lasertechnik, Brennstoffzellen, IR-Technologien, Permanentmagneten für Windkraftanlagen oder solarthermischen Kraftwerken erfordern spezifische Rohstoffe wie Indium, Gallium, Germanium, Seltene Erden, etc. Ein Recycling dieser Metalle ist technisch kaum darstellbar, da immer nur kleine Konzentrationen verwendet würden.

Nächster Redner war Herr Georg Hirt von Siemens, der über die Versorgungskette Seltener Erden aus Sicht der endverbrauchenden Industrie berichtete. So finden sich SE in einer Reihe von Siemens-Produkten wieder. Diese sind in Bezug auf Baugröße, Effizienz und Betriebssicherheit vergleichbaren herkömmlichen Lösungen überlegen.So finden sich in einer 3 MW Windturbine 1,8 t SE-Dauermagnete. Aus industrieller Sicht wird bemängelt, dass sich extreme Verwerfungen von SE-Preisen in China und dem Rest der Welt (RoW) ergeben hätten, die die chinesischen Hersteller bevorzugen würden. Speziell in der 2. Jahreshälfte wäre die Versorgungslage bei Siemens kritisch gewesen, doch hätte es der Konzern geschafft, ohne Produktionsausfälle durch diese Zeit zu kommen (Anmerkung: Alleine die Erwähnung dieses Umstandes vediente Beachtung und sollte ggf. einen Vorgeschmack auf die Zukunft darstellen).

Die Nachhaltigkeit der Lieferkette wird bei Siemens sehr kritisch betrachtet, wobei die leichten Seltenen Erden wie z.B. Cer oder Lanthan keine Probleme erwarten lassen, die Projekte von z.B. Molycorp (USA) oder Lynas (Australien) eine Überversorgung dieser SE erwarten lassen. Ausserdem sei das Know-How zur Prozessierung dieser Minerale auch im Westen vorhanden. Dies sei jedoch im krassen Widerspruch zu den Schweren Seltenen Erden Dysprosium, Terbium, Europium und Yttrium, wo es nur kleine westliche Projekte gäbe, die bis 2015/2016 in Produktion kämen (Anmerkung: In einer Pause sprachen wir mit dem Vizepräsident der Avalon Rare Metals Inc. Kanada, Herrn P.P. Neatby, der das Gesagte nur bestätigen konnte: Aus den hunderten von Projekten werden nur 4 oder 5 produzierende Minen hervorgehen. Die Avalon würde hierbei eine dieser Minen sein, da der Projektstatus mit am weitesten fortgeschritten wäre.

Die Chancen von SE-Mineninvestoren stehen also 100:1, "could be worse" würde der Zyniker sagen. Weiterhin würden die Leichten SE kein Problem darstellen, Avalon hätte jedoch einen Anteil von 25% der SEE im Erz, was global gesehen ein absoluter Spitzenwert wäre). Herr Hirt von Siemens definierte im Folgenden die Lieferkette SE: Lagerstätte, Mine, Separierung der Elemente (SE-Oxide), Prozessierung (Gewinnung der Metalle durch chemische Reduzierung der Oxide), Herstellung der Magnete, Herstellung der Komponenten, Systementwicklung. Immer wieder würde es zu Lücken in dieser Kette kommen, wobei Siemens Lieferabkommen mit China und anderen Partnern abgeschlossen hätte. Auch "physical hedging" wäre in Betracht zu ziehen, sprich Lagerhaltung, wobei Herr Hirt betonte, dass Siemens keine Mine wäre und auch nie in eine Mine investieren würde, jedoch eine gesicherte Lieferkette wünscht und benötigt.

Auf Nachfrage eines Zuhörers wurde jedoch zugegeben, dass Siemens nur einen grossen Lieferanten hätte und im Prinzip die Entwicklung bei den SE verschlafen hätte. Die Projekte um die Versorgungslage zu sichern, reichen bis in das Jahr 2014/2015, dürften also eher als kurzfristig bezeichnet werden. (Anmerkung: Es ist frapierend, wie abhängig die Wirtschaft von funktionierenden Versorgungsketten ist, und wie wenig sie hierfür zu tun scheint, nimmt man Siemens als den deutschen Technologiekonzern schlechthin).




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