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Die Goldene Regel neu interpretiert

12.05.2012  |  Peter Schiff
- Seite 2 -
Wie die Völker des südlichen Europas, konsumieren die Vereinigten Staaten weit mehr als sie produzieren. Anstatt aber die Lücke zu schließen, indem sie mehr produzieren und weniger konsumieren, haben beide einen weit weniger schmerzhaften Weg verfolgt. Sie haben sich stattdessen mehr Geld geborgt. Wer kann es ihnen verdenken? Immerhin ist es viel angenehmer zu konsumieren als zu produzieren. Und wie wir in vielen Finanzbereichen gesehen haben, wird ein Kreditnehmer dazu neigen, sich so lange Geld zu borgen, wie ein Kreditgeber willens ist, Gelder zur Verfügung zu stellen, insbesondere wenn es keine unmittelbaren negativen Folgen gibt.

Sowohl Deutschland als auch China produzieren mehr als sie verbrauchen. Aus diesen resultierenden Überschüssen stammt das Geborgte der Defizit-Nationen. Jedoch zeigen diese beiden Gläubigerstaaten derzeit verschiedene politische Tendenzen bezüglich ihrer hart verdienten Ersparnisse. In Europa zeigt die deutsche Führung eine zunehmende Zurückhaltung, um den Lebensstandard seiner Bürger dafür zu opfern, ein unausgeglichenes wirtschaftliches System fortzusetzen. Die Chinesen dagegen scheinen eine solche Politik von Herzen anzufeuern. Diese Differenz darf ihren jeweiligen politischen Systemen zugeschrieben werden. In Deutschland bedeutet die öffentliche Meinung etwas. In China nicht so sehr.

Die Wechselkursbindung des Yuan gegenüber dem Dollar, die China mit unterschiedlichen Graden der Genauigkeit in den letzten Jahrzehnten durchsetzte, hat der chinesische Regierung bei der Ausübung größeren Einflusses auf das Wachstum und die Konturen ihrer Wirtschaft geholfen. Diese Politik hat für chinesische Bürger aber Nöte geschaffen (wie beispielsweise unverhältnismäßig niedrige Verbrauchs- und hohe Inflationsraten). Da ihnen jedoch jedes Mittel fehlt, um die öffentliche Ordnung offen beeinflussen zu können, besaßen chinesische Bürger kaum eine andere Wahl als den Kopf hinhalten zu müssen. Deutsche Bürger sind dagegen viel freier, ihre Unzufriedenheit zu äußern. Und tatsächlich waren die Ängste vor einer Gegenreaktion der Wähler ausschlaggebend beim Setzen der Agenda Berlins.

Die Frage, die sich für die Weltwirtschaft stellt, ist, ob China mehr wie Deutschland oder Deutschland mehr wie China wird. Aus meiner Sicht ist die Antwort klar. Die deutschen Führungspersonen werden wahrscheinlich nicht die Geringschätzung seitens der Wähler durch die Verleugnung ihrer kulturellen Abneigung gegen eine allzu expansive Geldpolitik riskieren. In China werden die Entscheidungen pragmatischer sein. Derzeit erkennt Peking Vorteile im Status quo. Aber letztlich werden die Kosten in Bezug auf die Erhöhung der Devisenreserven und der steigenden Inflation sie in Zugzwang bringen. Wenn das passiert, werden die Vereinigten Staaten und Südeuropa im gleichen Boot sein.

Für viele ist die “Goldene Regel” eine Idee, die den Wert der Höflichkeit und Fairness betont. Aber es gibt eine andere, weniger großmütige Definition: “Derjenige, der das Gold hat, macht die Regeln.” In der gegenwärtigen globalen Wirtschaft haben die Überschuss-Länder das Gold und früher oder später werden wir nach ihren Regeln leben.


© Peter Schiff
www.europac.net


Anmerkungen des Übersetzers:

(1) Vgl. beispielsweise Dirk J. Bezemer: “No One Saw This Coming: Understanding the Financial Crisis Through Accounting Models.” MPRA Paper No. 15892, 16. Juni 2009, veröffentlicht unter: http://mpra.ub.uni-muenchen.de/15892/1/MPRA_paper_15892.pdf

(2) Siehe Dr. Andreas Dombret: “Towards a more sustainable Europe”, Euromoney Germany Conference in Berlin, 25. April 2012, veröffentlicht unter: www.bundesbank.de/download/presse/reden/2012/20120425.dombret.en.php[/i]

Peter Schiff, geboren 1963, ist der Präsident und Chief Global Strategist von Euro Pacific Capital ((http://www.europac.net) und CEO von Euro Pacific Precious Metals, LLC. Er begann seine Karriere als Investment-Berater bei Shearson Lehman Brothers, nachdem er seinen Abschluss in Finanz- und Rechnungswesen an der UC Berkeley im Jahr 1987 gemacht hatte. Er trat Euro Pacific im Jahr 1996 bei und dient als Präsident seit Januar 2000.

Er ist ein viel beachteter Makler, der von vielen führenden Finanz-Newslettern sowie viele großen Medien wie The Wall Street Journal, Barron ‘s, Forbes, The Financial Times, The New York Times, The Washington Post etc. zitiert wird und regelmäßig auf CNBC, CNN, Fox News, FBN und Bloomberg zu sehen ist.

Er ist Autor von fünf Büchern. Sein Bestseller “Crash Proof“ wurde im Februar 2007 veröffentlicht. In diesem Buch schrieb er, dass die Wirtschaftspolitik der Vereinigten Staaten grundlegend unzuverlässig sei, dass der Dollar viel von seinem Wert verlieren und der Markt abstürzen würde. Peter Schiff verwendet für seine Vorhersagen sein Verständnis der Österreichischen Schule, einer Schule heterodoxen ökonomischen Denkens. (1) Sein neuestes Buch “The Real Crash” wird im Mai erscheinen. Sein regelmäßiger Kommentar zum Goldmarkt ist zu finden unter: http://goldscams.com..



Dieser Artikel wurde am 07. Mai 2012 auf www.europac.net veröffentlicht und von Lars Schall, www.larsschall.com, übersetzt.



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