Wissen, was gespielt wird
14.05.2012 | Theodore Butler
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Die Möglichkeit, die Kurse nach Belieben festzusetzen, verschafft den Commercials einen großen Vorsprung bei der Verhaltenskontrolle der Spekulanten. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Eine Trader-Gruppe (die Spekulanten) vertraut hinsichtlich ihrer Kauf- und Verkaufsentscheidungen auf Kurssignale, und die andere Trader-Gruppe (die Commercials) hat die Kontrolle über diese Kurssignale erlangt. Es ist wohl keine Übertreibung, die Spekulanten als Marionetten und die Commercials als Marionettenspieler zu bezeichnen. Und man braucht wohl gar nicht erst zu erwähnen, dass diese Konstellation freimarktfeindlich ist.Der vielleicht schlichteste Beweis dafür, dass die Commercials hier illegale Dinge tun, ist die Tatsache, dass sie sich gemeinsam bei ihren Aktionen abstimmen, auch „Kollusion“ genannt. Um ihre Pläne durchsetzen zu können, kommen die Commercials auch gar nicht um geheime Absprachen herum. Das Wörterbuch Merriam-Webster definiert Kollusion so: "geheime Absprache oder Zusammenarbeit, hauptsächlich in illegaler, betrügerischer Absicht". Doch wie könnte ich nun mit einfachen Mitteln beweisen, dass die Commercials Kollusion betreiben? Meiner Meinung nach dürften dafür schon die öffentlich erhobenen Marktdaten reichen.
Es ist sicherlich kein Geheimnis, dass sich seit über 30 Jahren den Commitment of Traders Report (COT) als auch andere von der CFTC herausgegebene Berichte prüfe. In diesen COT-Berichten werden die wöchentlichen Veränderungen der über Nacht gehaltenen Positionen (also keine Day-Trades) aufgeschlüsselt und verschiedenen Gruppen von Marktteilnehmern zugeordnet. Im Grunde wird nach folgenden Kategorien unterteilt - Commercials und Spekulanten, jeweils groß und klein. Da wir wissen, dass die Spekulanten beim Kauf und Verkauf von Positionen auf Preissignale oder Emotionen vertrauen und zudem nicht untereinander in Verbindungen stehen, fallen sie bei der Suche nach Kollusionsverdächtigen aus dem Raster. Klar, die Spekulanten kaufen und verkaufen in der Regel zur gleichen Zeit, aber sie werden doch zweifellos keine gemeinsamen Absprachen treffen, um sich selbst finanziell zu schaden. Und die Commercials?
In 99% der Fälle kaufen und verkaufen die Commercials unisono. Einige Commercials mögen Long-Positionen haben, andere wiederum Short-Positionen; doch sie kaufen und verkaufen gemeinsam und synchron. Wenn ich mir Woche für Woche die jüngsten COT-Berichte anschaue, sehe ich, dass alle drei Commercial-Kategorien, die ich bei meinen Analysen der Handelsaktivität betrachte, immer geschlossen bestimmte Positionsmengen kaufen oder verkaufen (in der letzten Woche kam es bei den kleinen Commercials, den Raptoren, zu einer sehr seltenen Abweichung - deswegen schrieb ich auch "in 99% der Fälle“). In den Reihen der Commercials gibt es also so gut wie keine Konkurrenz: Sie kaufen alle, oder sie verkaufen alle. Einer für alle, alle für einen. Da die Spielstrategie der Commercials das Abzocken der Spekulanten ist, haben sie gar keine andere Wahl, als sich abzustimmen und gemeinsame Sache zu machen. Denn ohne Kollusion könnten sich die Commericals gar nicht erfolgreich mit den Spekulanten anlegen. Hier ein paar Beispiele, wie die Commercials Kollusion betreiben:
Allem voran machen sich die Commercials mit ihren Positionskäufen- und verkäufen nie gegenseitig Konkurrenz. Denn Konkurrenz ist das Gegenteil von Kollusion. Da alle Commercials vereint, freiwillig und vorsätzlich gegen die Spekulanten antreten, brauchen sie nicht um die besten Kurse zu kämpfen. Warum auch? Die Commercials wissen ja Folgendes: Wenn sie die Kurse nach oben oder nach unten manipulieren, werden die Spekulanten reagieren und schließlich von selbst auf die Commercials zukommen. Stark vereinfacht ausgedrückt (und der aktuelle Selloff ist ein perfektes Beispiel dafür): Die Commercials manipulieren die Preise nach unten - über Nacht bei sehr geringem Handelsvolumen und tagsüber durch Hochfrequenzhandel. Und dann warten sie einfach darauf, dass die Spekulanten mitziehen und verkaufen. Ein ganz einfaches Ursache-Wirkungs-Prinzip. Wenn das Handelsvolumen sehr gering ist, drücken die Commercials die Kurse unter die vor kurz zuvor herrschenden Stände und warten sie nur noch darauf, dass die Spekulanten in zunehmenden Mengen verkaufen.
Unter den Commercials gibt es ein stillschweigendes Abkommen, keine Konkurrenz hinsichtlich der Kurse entstehen zu lassen; sie haben gelernt, geduldig zu sein und die Spekulanten zu sich kommen zu lassen. Die Commercials bezwecken damit Folgendes: Sie wollen die Spekulanten demoralisieren und ein Umfeld schaffen, das die Spekulanten schließlich zum Verkauf ihrer Positionen treibt. Und sinkende Kurse treiben die Spekulanten zum Verkauf. Auf diesem Weg können die Commercials große Mengen Silberkontrakte zu niedrigeren Preisen aufkaufen und dann wieder große Mengen zu höheren Preisen verkaufen, und das machen sie nun schon seit Jahren. Das ist in etwa ihre Masche, die allein durch den Zauber gemeinsamer Absprachen funktionieren kann.
Einige meinen, dass die Märkte nun einmal so funktionieren würden. Das mag schon stimmen, doch die Märkte sollten und dürfen so nicht funktionieren. Terminmärkte sollten eigentlich der berechtigten Absicherung von Preisrisiken dienen, und nicht den abgekarteten Machenschaften einiger New Yorker Banken, die die Marktkurse drücken und die Spekulanten betrügen. Paradoxerweise schließen die gesetzlichen Bestimmungen für die US-Rohstoffmärkte solch abgesprochenes, unsportliches Verhalten aus; so gibt es beispielsweise eine spezielle Bundesbehörde - und zwar die CFTC - die nur zu dem Zweck gegründet wurde, Kollusion an den Märkten zu verhindern. Dass die Behörde sozusagen Betriebsferien macht, ist eine große Schande für sie und für uns.