Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Die Mär von der Ölknappheit?

25.06.2010  |  Sven Streitmayer
Am vergangenen Mittwoch veröffentlichte die Internationale Energieagentur (IEA) in Paris ihren viel beachteten Bericht zur Entwicklung der globalen Energiemärkte bis zum Jahr 2015. Auf den ersten Blick lesen sich die IEA-Schätzungen beruhigend. So dürfte die Versorgungssituation sowohl bei Öl, wie auch bei Gas auf absehbare Zeit gut bleiben. In ihrem Basisszenario, mit einem zugrunde gelegten Weltwirtschaftswachstum von 4,5% pro Jahr und einer jährlichen Verbesserung der Energieeffizienz von 3%, erwartet die IEA für die kommenden fünf Jahre einen Anstieg der weltweiten Ölnachfrage um durchschnittlich 1,4% p.a. auf knapp 92 Mio. Barrel pro Tag (mbpd) bis 2015.

Aufgrund der kräftigen Konjunkturerholung wird die Nachfrage nach Öl bereits im laufenden Jahr und damit weit schneller als erwartet wieder das Vorkrisenniveau erreichen. Überraschend dynamisch präsentiert sich dem IEA-Report zufolge aber auch die Angebotsseite. So werden die weltweiten Förderkapazitäten von etwa 91 mbpd im vergangenen Jahr bis 2015 auf rund 97 mbpd anwachsen, wovon ein Großteil auf Kapazitätserweiterungen in den OPEC-Ländern entfallen soll. Per saldo verblieben dem globalen Ölmarkt damit freie Produktionskapazitäten in Höhe von gut 5 mbpd.

Open in new window


Handelt es sich also bei der viel zitierten Knappheit am Ölmarkt letzten Endes nur um eine Mär? Wohl eher nicht! Zum einen entsprechen die für 2015 geschätzten Überschusskapazitäten gerade einmal 5% der Weltnachfrage, was im Hinblick auf den langen Prognosezeitraum nun nicht gerade einen sonderlich komfortablen Angebotspuffer darstellt. Auch könnte die Kapazitätsentwicklung infolge geringerer Tiefseeaktivitäten (im Nachgang der BP-Katastrophe) nach Angabe der IEA durchaus um bis zu 15% niedriger ausfallen, womit deren Schätzung sogleich wieder relativiert wäre.

Das veranschlagte Nachfragewachstum von 1,4% pro Jahr sollte ebenfalls nicht als in Stein gemeißelt betrachtet werden, bedenkt man, dass der Ölverbrauch in den fünf Jahren vor 2008 (bei ähnlich hohem Wirtschaftswachstum) im Durchschnitt sogar um fast 2% jährlich zugelegt hatte. Wenngleich der jüngste IEA-Bericht Entwarnung hinsichtlich der kurzfristigen Angebotssituation am Ölmarkt gibt, sollten die mittel- und langfristigen Herausforderungen einer ausreichenden Ölversorgung dadurch nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

Open in new window


© Sven Streitmayer
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



Diese Publikation beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir jedoch keine Gewähr übernehmen können. Sie gibt unsere unverbindliche Auffassung über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wieder, ungeachtet etwaiger Eigenbestände in diesen Produkten. Diese Publikation ersetzt nicht die persönliche Beratung. Sie dient nur zu Informationszwecken und gilt nicht als Angebot oder Aufforderung zum Kauf oder Verkauf. Für weitere zeitnähere Informationen über konkrete Anlagemöglichkeiten und zum Zwecke einer individuellen Anlageberatung wenden Sie sich bitte an Ihren Anlageberater.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"