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Interview mit Thorsten Schulte: "Keine Spur von Deflation!"

29.06.2010  |  Rohstoff-Spiegel
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Rohstoff-Spiegel: Die deutsche Wirtschaft brummt und dank der Euroschwäche dürfte der Export noch deutlich stärker anziehen. Sollte man jetzt Aktien kaufen um von dieser erfolgreichen Reflationierung zu profitieren?

Thorsten Schulte: Nun, die deutsche Wirtschaft ist in der Tat der Hauptnutznießer der Euro-Schwäche. Interessanterweise waren die realen Leitzinsen der Europäischen Zentralbank 2003 für Deutschland zu hoch, für die Peripherie Eurolands aber zu niedrig. Die Konjunktur in Deutschland war daher mies, in Portugal, Irland, Griechenland und Spanien gab es aber durch zu niedrige Zinsen Verschuldungsexzesse mit den bekannten Folgen. In den kommenden Monaten wird das EZB-Zinsniveau für Deutschland zu niedrig und für die meisten anderen Staaten zu hoch sein.

Dennoch sage ich, werden Aktien nicht die erste Wahl sein. Die geopolitischen Spannungen nehmen zu und können zwischenzeitlich Aktieninvestments einen herben Dämpfer versetzen. Hohes Wachstum einer Volkswirtschaft bedeutet empirisch auch nicht hohe Aktienrendite. Eine Studie von 1900 bis heute der Londoner Business School kommt hier zu erstaunlichen Ergebnissen. Ich bin daher auch kein Freund chinesischer Aktien, noch dazu, weil die China-Aktien-Story in aller Munde ist.


Rohstoff-Spiegel: Sie bevorzugen Silber im Vergleich zu Gold als Anlage für die kommende Inflation. Welche Vorteile bietet Silber Ihrer Meinung nach?

Thorsten Schulte: Ich kann nicht oft genug betonen, dass bei Gold zwischen 1992 bis 2008 nur zwischen 8,86 Prozent und 11,78 Prozent von der Industrie nachgefragt wurde, selbst unter Berücksichtigung der Zahntechnik. Gold hat damit vor allem einen ideellen Wert und ist damit eher eine Glaubensfrage. Silber hat die höchste Leitfähigkeit von Wärme und Elektrizität sowie das beste Reflektionsvermögen. Es gibt unglaublich vielfältige Anwendungsbereiche und immer neue kommen hinzu. In diesem Jahr wird die Industrie wieder rund 50 Prozent der Gesamtnachfrage ausmachen. Schmuck- und Investorennachfrage dürften nur rund 30 Prozent betragen. Hier sehe ich unglaubliches Nachholpotential.

In meiner Studie "Silber - ein einzigartiges Investment" lege ich darüber hinaus dar, dass aufgrund des Verhältnisses der bisherigen Förderung und der Ressourcenreichweite von Gold und Silber sogar ein Gold-Silber-Wertverhältnis von unter 10 abgeleitet werden kann. Dass Gold derzeit das 65fache einer Unze Silber kostet, kann mit der Mehrwertsteuerbefreiung von Gold und dem heute noch bestehenden Platzproblem bei Silberinvestments begründet werden. Aber eben nur, weil den Investoren nicht die mannigfachen Einsatzmöglichkeiten von Silber in der Realwirtschaft sowie die Daten über das bisherige und zukünftig zu erwartende Produktionsverhältnis bekannt sind. Ich möchte persönlich ein Edelmetall besitzen, das nicht nur ideellen Wert hat, sondern von realwirtschaftlicher Bedeutung ist.


Rohstoff-Spiegel: In welcher Form sollte man in Silber investieren? Physisches Silber hat noch immer das Problem der Mehrwertsteuer. Sind Silberminenaktien oder ETF-Anteile nicht deutlich attraktiver?

Thorsten Schulte: Nun beleuchte ich stets die großen primären Silberproduzenten. Silver Wheaton, Fresnillo, Pan American Silver, Couer D’Alene, Hecla Mining, Polymetal, Hochschild, Sivercorp. Metal und andere fallen mir hier ein. Auch in meinem Portfolio finden Sie diese Werte. Darüber hinaus besitze ich ETFs der Zürcher Kantonalbank und den währungsgesicherten Silber-ETF von Julius Baer. Auch Hebelprodukte nutze ich. Silber hat die Eigenschaft, dass es sich gerade in den Schlussphasen von Edelmetallhaussen deutlich von der 200-Tage-Linie entfernt und auch Gold beträchtlich outperformt. Gerade in diesen Zeiten kann ich dann über solche Investments flexibel Kasse machen.

Den Löwenanteil habe ich dennoch physisch angelegt, wobei mir die 1-Kilogramm-Silbermünzen wie Kookaburra, Koala oder Panda am besten gefallen, da sie in Deutschland nur mit 7 Prozent Mehrwertsteuer belegt sind. Für Großinvestoren ist es manchmal sogar preiswerter, einen 1000-Unzenbarren mit 19 Prozent Mehrwertsteuer zu erwerben. Ich selbst bin aber ein Freund kleiner Einheiten.

Wir haben es also mit vielfältigen Investitionsmöglichkeiten beim Silber zu tun. Denken wir allerdings bei Minen langfristig bitte an Länderrisiken - Enteignungen, Sondersteuern wie jüngst in Australien diskutiert -, bei ETFs an die Gefahr von Verleihungen und Beschlagnahmungen durch Regierungen und bei Hebelprodukten an die Emittentenrisiken. Daher mein Appell: Jeder sollte einen ordentlichen Grundstock in physischer Form halten.


Rohstoff-Spiegel: Wie weit könnte der Silberpreis sich Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren bewegen? Halten Sie einen Angriff auf die Rekordhochs aus der Zeit der Gebrüder Hunt bei über 50 USD für möglich?

Thorsten Schulte: In der nächsten starken Anstiegsphase sollten 30 bis 50 US-Dollar möglich sein. Wenn der Silberpreis sich aber mehr als 50 bis 100 Prozent von der 200-Tage-Linie entfernen sollte, werde ich meinen Lesern aber empfehlen, Gewinne teilweise zu realisieren und Absicherungsstrategien einzusetzen. Langfristig gilt für mich aber „The sky is the limit“. Die Investoren sollten eh nicht viel Wert auf irgendwelche Preisziele in Euro oder Dollar legen. Viel wichtiger ist doch, wie viel Immobilien- oder Aktienvermögen wir mit einer bestimmten Silbermenge erwerben können.


Rohstoff-Spiegel: Wie wichtig ist das Timing am Silbermarkt und wie nützen Sie die hohe Volatilität des Silbermarktes um die Gewinne Ihrer Leser zu optimieren?

Thorsten Schulte: Der Silbermarkt ist hoch volatil. Wenn wir bedenken, dass die oberirdischen Silbermünzen und -barren einem aktuellen Marktwert von gerade einmal 23 Milliarden US-Dollar aufweisen, wird die Winzigkeit des Silbermarktes deutlich. Am "Londoner Bullion Market" gingen im Mai 2010 nur 104,3 Millionen Unzen im Werte von 1,92 Mrd. US-Dollar um. Einen so kleinen Markt kann man leider manipulieren.

Ich werde nicht müde, darauf hinzuweisen, dass zwei US-Banken nachweislich am 05. August 2008 über 169 Millionen Unzen Silber netto leerverkauft hatten, was immerhin fast 25 Prozent einer Silberminenproduktion entspricht. Deshalb ist es wichtig, insbesondere bei riskanten Hebelprodukten nicht zur falschen Zeit zu investieren. Meine Investitionsquote in derartigen Papieren, die bei mir aber nicht mehr als 5 bis 10 Prozent meines liquiden Vermögens ausmachen, fuhr ich zum Beispiel Anfang Dezember 2009 auf 15 Prozent vor der Korrektur zurück. Am 05. Februar 2010 ging es bei 15 US-Dollar dann wieder auf eine Quote von 80 Prozent hoch.

Dabei spielen für mich einige Indikatoren eine herausragende Rolle: Positionierung der vier großen Spieler im US-Terminmarkt (Silber), Optimismus der Silber-Berater, Short-Überhänge der Commercials, Abweichung des Silberpreises von der 200-Tagelinie, Open Interest, Markttechnik und vieles mehr. Die Lage der Weltwirtschaft und die Inter-Market-Analyse nehmen allerdings sehr breiten Raum bei mir ein.


Rohstoff-Spiegel: Zum Abschluss würde uns natürlich noch interessieren, was Ihr Börsenbrief "Der Silberjunge" den Lesern im Vergleich zu den anderen Edelmetall-Briefen bietet. Könnten Sie unseren Lesern kurz die Inhalte Ihres Dienstes umschreiben?

Thorsten Schulte: Mir ist es wichtig, meinen Lesern viele Hintergrundberichte zur Lage der Weltwirtschaft und der Kapitalmärkte zu geben. Denn wir müssen das große Ganze im Blick haben. Fundamentalanalyse und antizyklisches Investieren in den Märkten stehen im Mittelpunkt. Das hat mir in den letzten 12 Monaten geholfen, gegen die ständig vorgetragenen Sorgen vor einem Kollaps der Edelmetalle aufgrund eines erneuten Deflationsschocks anzuschreiben.

Sollten Sie Interesse am Börsenbrief "Der Silberjunge" bekommen haben, so können Sie per E-Mail an info@silberjunge.de eine kostenlose Test-Ausgabe des Silber-Bulletins bestellen.


© Rohstoff-Spiegel



Dieser Beitrag ist im Rohstoff-Spiegel Nr. 13/2010 vom 26.06.2010 erschienen.

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