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Der Crack-up-Boom läuft?

30.06.2010  |  Ralf Flierl
2010 - die Revanche für 1966

So mögen viele Deutsche in der Halbzeitpause gedacht haben. Und viele von Ihnen, verehrte Leser, mögen denken, könnt ihr den Fußball nicht endlich Fußball sein lassen und wieder mehr über die Börse schreiben? Da haben Sie natürlich einerseits Recht - wir allerdings finden, dass der Fußball immer wieder ganz herrliche Analogien zum Börsen- und Marktgeschehen liefert: So wie die Fehler des Schiedsrichters, und damit einhergehend die Spielverzerrung, dem Fußball systemimmanent sind - ja sie sind sogar regelrecht gewünscht, den technisch wäre es ein leichtes derartige gravierende Fehlentscheidungen auszumerzen (z.B. mit Torkameras) - so sind auch in unserem (keynesianisch geprägten) Wirtschafts- und Marktgeschehen die Staatsinterventionen systemimmanent. Und wie im Fußball die Fehlentscheidungen, führen auch die Staatseingriffe zu massiven Verzerrungen des Ergebnisses. Anders als im Fußball jedoch enden diese Eingriffe nicht nach neunzig Minuten oder der Verlängerung. Vielmehr zieht jeder Eingriff unweigerlich weitere Eingriffe nach sich. Entscheidender ist jedoch, dass diese Eingriffe für die Bevölkerung viel verheerender sind als ein verlorenes Fußballspiel - was ist schon eine sportliche Niederlage im Vergleich zu dem Verlust großer Teile des Volksvermögens?


Der Crack-up-Boom läuft?

Genau dies droht aber, denn der Crack-up-Boom (CuB) läuft nach wie vor. Und inzwischen dämmert es auch dem Mainstream, dass irgendetwas Merkwürdiges stattfindet. So fand sich in der gestrigen Print-Ausgabe der Süddeutschen ein Kommentar mit der bezeichnenden Unterüberschrift: "Die Konjunktur läuft, aber die Krise läuft parallel mit". Damit ist natürlich der CuB sehr schön umschrieben, auch wenn die Autorin letztlich nicht die notwendigen Worte hatte und ihr vor allem das notwendige Handwerkszeug (Österreichische Schule!) fehlte, um die Entwicklung des CuB zu beschreiben.

Dieser finale Boom wird von massiven Markteingriffen und Ausgabeprogrammen des Staates getrieben. Zu diesen Eingriffen gehören nicht nur die Überschwemmung der Märkte mit Geld, sondern auch diverse Verbote und Zwangsmaßnahmen. Der Staat erlässt diese, um einerseits die gewünschten Ergebnisse zu erzielen und dementsprechend die Märkte in seinem Sinne zu manipulieren. Andererseits aber lassen sich mit diesen Mitteln auch einzelnen Gruppen als Schuldige bzw. als Verursacher der Krise brandmarken. In unserer aktuellen Ausgabe befassen wir uns daher mit genau diesem Problem der Zwangsmaßnahmen und Investmentverbote. Die ersten beiden Seiten dieser Titelstory können Sie unter www.smartinvestor.de (PDF) lesen.


...aber!

Wir wollen hier jedoch keineswegs falsch verstanden werden: wir befinden uns nicht im "Dumm-Bullen-Lager" und wollen nichts anderes sehen oder hören. Ganz im Gegenteil - wir sind vermutlich pessimistischer als die meisten anderen. Denn wir erwarten ja schließlich nicht weniger als den totalen Zusammenbruch unseres Finanzsystems. Nur wird sich der eben ganz anders abspielen als es die breite Masse vermutet. Der CuB wirkt sich allerdings an jeder Stelle der Welt anders aus und es wird immer wieder zum Teil widersprüchlichste Nachrichten geben.

Beispielsweise sinkt die Geldmenge M3 in den USA massiv (vgl. www.shadowstats.com) und die vermeintliche Wirtschaftserholung kühlt sich bereits wieder ab. Entsprechend macht sich Ben "Helicopter" Bernanke erneut bereit, aufzusteigen und noch mehr Geld in das System zu pumpen - das muss er auch, denn wie wir im aktuellen "großen Bild" dargestellt haben, nimmt die Wirkung des frischen Geldes immer schneller ab (vgl. Smart Investor 7/2010 "Das große Bild" S.52 Abb. 1), entsprechend muss jede neue Injektion immer noch größer ausfallen als die zuvor.

Andererseits zeigt Deutschland plötzliche eine ungeahnte wirtschaftliche Stärke, wodurch sich das Handelsblatt in seiner gestrigen Ausgabe bemüßigt fühlte mit "Das neue deutsche Wirtschaftswunder" zu titeln. Sie sehen also, es handelt sich beim CuB keineswegs um einen "normalen Boom". Der Boom findet oft eben nur nominal statt, während die Realität in trostloser Agonie besteht. Die Auswirkungen sind überall verschieden und können auch jederzeit in ihr Gegenteil umschlagen. Und der Boom ist geprägt von großer Unsicherheit und Skepsis, da die Märkte immer wieder Signale eines drohenden, großen Zusammenbruchs aussenden werden - Signale, wie sie derzeit auch in vielen Charts entstehen. Und damit zu den Märkten.


Charttechnik

Die Bären an den Börsen haben starken Auftrieb. Viele Entwicklungen, z.B. was die Verschuldungssituation der Staaten anbelangt, treibt den Menschen den Angstschweiß auf die Stirn. Nicht zu unrecht, wie wir immer wieder schreiben. Und so zeigt sich diese Angst auch im Chart z.B. in Form von großen Umkehrformationen

Im S sehen wir rot markiert eine obere Umkehrformation, konkret: eine Kopf-Schuler-Umkehr (SKS), die dem dramatischen Einbruch im Herbst 2008 voranging. Seither konnten sich die Kurse wieder bis an die rote (fast waagerechte) Nackenlinie heranarbeiten. Nun aber scheint sich abermals eine weitere SKS im kleineren Stile anzubahnen (grün markiert). Konkret heißt dies: Der Pullback an die Nackenlinie der großen SKS könnte sich abermals in Form einer Umkehr vollziehen. Wenn letztere ihre lehrbuchmäßige Wirkung entfalten würde, so müsste man in der Tat einen dramatischen Einbruch in den kommenden drei bis 12 Monaten erwarten.

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Aber nun bitte keine Panik! Erstens ist diese zweite SKS noch nicht vollendet. Zweitens schwirren derzeit jede Menge Pessimisten durchs Land, welche sich genau auf solche Chartkonstellationen oder aber die dramatischen makroökonomischen Entwicklungen beziehen und daraus ganz akute Horrorszenarien ableiten. Wie wir aber weiter oben beschrieben haben und wie wir in unseren Heften auch noch etwas analytischer erläutern, dürfte das Schicksal eine ganz andere Wendung nehmen, bei der die meisten Akteure auf dem falschen Fuß erwischt werden. Wir bezeichnen diese Wendung als Crack-up-Boom (gelber Prognose-Pfeil). Diese Theorie steht aber genau im Widerspruch zur Aussage dieser Charttechnik bzw. zur Aussage derer, die bereits jetzt den Zusammenbruch unseres Finanzsystems erwarten (grauer Prognose-Pfeil). Kurzum: Wir haben dieses Chartbild hier gezeigt, um die landläufige Stimmung und ihre Beweggründe darzulegen. Smart Investor vertritt jedoch eine andere Meinung (CuB), und zwar solange, wie unsere These nicht von den realen Entwicklungen widerlegt wird.


Musterdepot

In unserem Musterdepot bleibt alles beim Alten. Wir tätigen keine Zukäufe und Verkaufen wollen wir schon gleich gar nichts. Der Stopp für unser DAX-Long-Hebelzertifikat (WKN: GS8YFB) bleibt nach wie vor bestehen - gleichwohl sind wir natürlich sehr weit weg davon. Sollte also der DAX auf Tagesschlusskursbasis unter 5.590 (das entspräche ca. einem Zertifikatspreis von 4 EUR) fallen, würden wir diese Position glattstellen.


Fazit

Zwangsmaßnahmen, Verbote und ähnliches in Verbindung mit immer neuen Finanzstimuli werden die finale Katastrophe unseres Finanzsystems nicht aufhalten können - allerhöchstens können sie sie etwas verzögern. Die Auswirkungen derselben werden dadurch nur eher noch verstärkt werden. Denn wie Bundespräsidenten-Kandidat Joachim Gauck sehr richtig erkannt hat: "Wer ausgerechnet der Wirtschaft die Freiheit nehmen will, wird immer sehr viel mehr verlieren als gewinnen."


© Ralf Flierl, Fabian Grummes
Quelle: Auszug aus dem Smartinvestor-Newsletter



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