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Wappnen für eine Welt nach dem Dollar

02.07.2010  |  John Browne
Die Weltfinanzkrise verläuft wie ein in hohem Maße vorhersehbares Theaterstück in Zeitlupe. In der aktuellen Szene sind die westlichen Staaten gefangen zwischen den Forderungen der Begünstigten staatlicher Wohlfahrtssysteme und der Ängstlichkeit von Anleihehaltern, wobei Letztere befürchten, dass sie am Ende auf der Rechnung sitzen bleiben. Mit dem Erreichen neuer Krisenhöhepunkte sehen sich Premierminister und Präsidenten vor die brutale Wahl zwischen sozialen Unruhen und Bankrott gestellt. Aber auch in Anbetracht der Tatsache, dass die "Club-Med-Wirtschaften" wie Dominosteine umfallen, kommt dem Markt für US-Staatsanleihen nicht die von uns erwartete Funktion zu.

Wir waren immer davon ausgegangen, die USA würden von ihrem Währungsreservestatus profitieren, der es ihnen erlaubt untragbare Schuldenmengen auf ungewöhnlich lange Zeit zu akkumulieren, ohne dass sich sofort Inflation bemerkbar macht oder steigende Zinskosten die Folge wären. Aber dieses falsche Sicherheitsgefühl könnte uns zu einem wirklich monumentalen Crash führen.

Es gibt neue Indizien dafür, dass die Zeit der dollarzentrischen monetären Weltordnung abläuft. Zentralbanken außerhalb der USA treffen tatsächlich schon eilig und diskret Vorbereitungen für eine Post-Dollar-Ära.

Fangen wir mit der Chinesischen Volksbank an: Erst diese Woche entschied sie sich, eine breitere Handelspanne zwischen Yuan und dem Dollar zuzulassen. Das ist der erste Schritt zur Beendigung der infernalischen Yuan-Dollar-Kopplung. Zwar bleibt der Impuls hinter dieser abrupten Entscheidung weiter ein Rätsel, mich beschleicht jedoch der Verdacht (wie auch schon mein Kollege Neeraj Chaudhary letzte Woche in seinem Kommentar erklärt hatte), dass die landesweiten Arbeiterstreiks der ausschlaggebende Anlass gewesen sind.

In Reaktion auf die 2008er Kreditklemme druckte die Fed so viele Dollars, dass sich die Chinesische Volksbank gezwungen sah, die Inflation in China in den zweistelligen Bereich zu treiben, um die Währungskopplung aufrechterhalten zu können. Zu spüren bekamen das besonders die chinesischen Arbeiter, deren Löhne stagnierten, während die Preise für alles - von Milch bis Wohnungen - steil in die Höhe schnellten. Die diese Woche getroffene Entscheidung deutet darauf hin, dass die Kommunistische Partei, ungeachtet der eigenen politischen Motive, es sich einfach nicht mehr leisten kann, mit der Entwertung des US-Dollars Schritt zu halten. Die Folge wird eine Vermögensverschiebung von Amerika nach China sein, die wohlmöglich einen schon seit Längerem erwarteten "Dollar-Run" auslösen könnte, und gleichzeitig für Investitionschancen in China sorgen würde.

Nur wenige Tage vor Chinas Ankündigung rasselte der russische Präsident Medvedev mit seinem monetären Säbel, als er der Presse seine Absicht verkündete, er wolle die Welt zu einer neuen monetären Ordnung führen, welche sich auf einen breit gefächerten Währungskorb stützt. Medvedevs Aussagen wurden durch die Ankündigung der russischen Zentralbank gestärkt, sie wolle erstmalig auch Kanadische und Australische Dollars in die eigenen Währungsreserven aufnehmen. Analysten zufolge könnte der IWF Russlands Beispiel folgen. Zwar schwebt Russland irgendwo zwischen hoffnungsloser Kleptokratie und Schwellenland, doch es besitzt riesige Bodenschätze sowie Brückenköpfe nach Europa als auch Asien. Mit anderen Worten: Beim Versuch die Dollar-Hegemonie abzustreifen, wird Russland zum strategisch wichtigen Partner für China.

Und Europa? Die dort wichtigen Mächte bewegen sich auch auf eine Post-Dollar-Welt zu, indem sie Präsident Obamas Aufruf ablehnen, die Schuldenbombe einzusetzen. Die Anweisungen aus Washington lassen sich ungefähr so umschreiben: Unser Luftschiff brennt, zündet doch unter eurem ein Kerze an, damit wir zusammen abstürzen und verbrennen können.

Da nun die Stärke des Dollars größtenteils mit der Schwäche des Euros zu erklären ist (wie Andrew Schiff in unserem letzten Newsletter erörterte), haben die Schuldenprobleme der europäischen Randwirtschaften für ein verzerrtes Vertrauen in den Greenback gesorgt. Man kann sich jedoch ausmalen, dass Europa höhere Prioritäten hat, als das Bauernopfer Amerikas zu sein. Angeführt vom immer mutig-dreisteren Deutschland entscheiden sich die europäischen Staaten klugerweise nicht dafür, sich selbst auf den Scheiterhaufen zu stellen, sondern dafür, in weiser Voraussicht eines Aufstiegs Chinas bei sich selbst aufzuräumen.

Ein weiteres bedrohliches Zeichen für den Dollar: Die US Financial Times berichtete am Mittwoch, die ausländischen Zentralbanken gehörten jetzt zu den Netto-Goldkäufern, nachdem sie zwei Jahrzehnte lang zu den Netto-Verkäufern zählten. Mehr noch: Mehr als die Hälfte der von der Schweizer Bank USB befragten Zentralbanken meinte, sie glauben nicht, der Dollar werde auch noch im Jahr 2035 Weltreservewährung sein. Zu den vermutlichen Ersatzwährungen wurden asiatischen Währungen und der Euro gezählt - aber der Favorit war mit deutlichem Vorsprung Gold. Die Umfrage gewann am Montag an Gewicht, als die saudische Zentralbank offenbarte, sie hätte ihre Goldreserven insgeheim verdoppelt, nur knapp ein Jahr nachdem China Ähnliches eingestand. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass es sich dabei um separate, voneinander unabhängige Vorgänge handelt oder dass der verdeckte Eintausch von Dollars gegen Gold nicht auch weiterhin anhalten würde. Im Gegenteil, hieran zeigt sich zwingend, dass ausländische Regierungen nach außen hin den Status Quo verteidigen, während sie sich in aller Stille auf die fast unvermeidliche Entwertung des Dollars vorbereiten. Was Leute wie Paul Krugman als Rückkehr zu mittelalterlichem Wirtschaftsgebaren erachten, ist in Wirklichkeit der Zukunftstrend.

In Friedenszeiten werden hartgesottene Truppen einen Aufschneider-General wahrscheinlich eine ganze Zeit lang tolerieren; wird jedoch mit scharfer Munition gefeuert, so riskiert ein halbherziger Führer schnell seine Degradierung. Die Zeitungsmeldungen sind jetzt gespickt mit Andeutungen, dass die ausländischen Regierungen ihr Vertrauen in Washington und das Dollar-Reservesystem verloren haben. Nach einem Jahrhundert des Krieges, der Inflation und des Sozialismus scheint es mir nur ganz natürlich, dass die nächsten hundert Jahre jenen gehören, die die zeitlosen Werte der harten Währung und finanzpolitischer Vernunft hochhalten. Leider gehören unsere politischen Entscheidungsträger nicht dazu.

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© John Browne
Senior Market Strategist

Der Artikel wurde am 25.06.10 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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