Steigendes Goldangebot?
24.07.2010 | Dr. Jürgen Müller
In den letzten Tagen kamen einigen Kommentare auf den Meinungsmarkt, dass sich die Goldförderung in den kommenden Jahren ausweiten würde. So schreibt Thorsten Proettel von der LBBW am 13.7. auf goldseiten.de, dass die Primärförderung in 2009 um 7% gegenüber dem Vorjahr auf 2.570 Tonnen gestiegen sei [1]. Die gleiche Meldung lesen wir einige Tage zuvor z.B. in der Financial Times Deutschland (FTD) von den Autoren Bayer und Mai ("Das große Zittern um die Goldrally") [2]. Demnach wurde die Förderung 2008 mit 2.401 Tonnen angenommen (2.401 t + 7% = 2.570 t).
Obwohl beide, nur beispielhaft genannten, Veröffentlichungen keine Quellenangaben zitieren, gehe ich davon aus, dass die Zahlen vom World Gold Council [3] stammen, der wiederum die Statistiken der privaten britschen GFMS Ltd. [4] verwendet. Über diese Analysefirma hatte ich bereits in meinem Buch Generation Gold wie folgt geschrieben [5]:
Ferdinand Lips kritisiert in seinem hier schon oft zitierten Buch "Die Gold-Verschwörung" die Goldstatistiken des Gold Fields Mineral Services (abgekürzt "GFMS") heftig:
»GFMS, eine auf Rohstoffe spezialisierte Londoner Beratungsfirma, steht bei GATA und der Goldindustrie in Verdacht, notorisch die Goldstatistiken, aber insbesondere Angaben im Zusammenhang mit der Höhe des ausgeliehenen und auf Termin verkauften, Goldes im Interesse der Goldmanipulation zu schönen.« [6]
Der Amerikaner Franklin Sanders, seit Jahren Analyst von Edelmetallen, stellte in einem Artikel im Internet zudem fest, daß die GFMS in ihrem aktuellen Silberbericht die früheren Zahlen für das Defizit im Silbermarkt nachträglich schönte. Alle Zahlen in Millionen Unzen [7].
Das heißt, im Bericht 2004 wurde z.B. das Defizit im Silbermarkt (Nachfrage höher als Angebot) im Jahr 2003 mit 72,0 Millionen Unzen angegeben, im folgenden Bericht im Jahr 2005 jedoch war dieses Defizit nur noch 58,6 Millionen Unzen groß usw. Sanders fügt hinzu: »Es fällt immer schwerer, die GFMS-Analysen und -Zusammenfassungen zu schlucken oder sie noch zu respektieren. Der diesjährige Bericht enthält grobe Fehler, ist in manchen Punkten nahezu unverständlich, enthält Halb-Erklärungen oder Hinweise zu Erklärungen, die in sich unverständlich sind.« ([7], in Übersetzung des Autors)
Auch ist interessant, dass z.B. die nachgewiesenen Silberkäufe von Warren Buffet in den Jahren 1997 und 1998 über 130 Millionen Unzen sich in den historischen GFMS Zahlen nicht verifizieren lassen.
Trotz dieser bekannten Fragestellungen, geniest die GFMS grosses Ansehen und wird - wie gesehen - in vielen Medien rezitiert. Die staatliche amerikanische Behörde US Geological Survey (USGS) gibt dem gegenüber die Jahresförderung 2009 mit nur 2.350 Tonnen an, d.h. 8,6% niedriger als GFMS [8]. Ein Wachstum von 7% würde sich auf dieser Berechnungsgrundlage in einen Abfall von 2,1% "umrechnen" lassen. Verwendet man nur die USGS Zahlen, so stieg die Förderung von 2008 auf 2009 um 4,0% (von 2.260 auf 2.350 Tonnen). Wie zuvor an dieser Stelle geschrieben (Zyklik der globalen Goldförderung - Teil 2 [9]), muss hierbei jedoch beachtet werden, dass die Zahlen zumeist im Bericht des Folgejahres nach unten korrigiert werden. So wurde zum Beispiel die Jahresförderung 2007 nachträglich im Folgejahr um - 4,8% nach unten korrigiert.
Interessant sind auch die genannten Begründungen, die für den kommenden Anstieg der Goldförderung herangezogen werden. Zitat aus dem oben referenzierten FTD-Artikel:
"Das liege unter anderem an Russland und Indonesien, wo die Grasberg-Mine in Betrieb genommen worden sei [..]"
Korrekt ist, dass die indonesische Grasberg-Mine bereits 1972 mit der kommerziellen Förderung von Kupfer begann, bei der in der Tat auch sehr viel Gold als Nebenprodukt gewonnen wird. Mit Reserven von 35,5 Millionen Unzen Gold ist sie auch eine der größten bekannten Gold-Lagerstätten. Die Goldförderung in 2009 betrug 77,7 Tonnen, d.h. 3,3% der globalen Förderung nach USGS Zahlen bzw. 3,0% nach GFMS Zahlen. Für 2010 wird im Jahresbericht 2009 der Freeport McMoRon allerdings eine geplante Goldförderung von 52,9 Tonnen ausgewiesen, d.h. rund 1/3 weniger als in 2009 [10]. Ursache hierfür ist nach Angabe der Minengesellschaft der Übergang der Förderung zu einem Bereich mit niedrigerem Erzgehalt (im engl. Orginal: "FCX expects Indonesia sales to approximate 1.2 billion pounds of copper and 1.7 million ounces of gold in 2010, as production transitions to a lower grade section of the Grasberg open pit."). Für einen kommenden globalen Anstieg der primären Goldförderung kann die Grasberg-Mine, die "nur" ca. 3% der globalen Gesamtförderung ausmacht, nach diesem firmeneigenen Bericht also definitiv nicht als Begründung oder Verifikation herangezogen werden.
Wie zuvor an dieser Stelle in meiner Trilogie "Zyklik der globalen Goldförderung" dargestellt, sprechen viele geologisch und technische Gründe für einen weiteren Abfall der Goldförderung vom Peak 2003 von 2.590 Tonnen:
Der fortwährende Diskurs zwischen Ökonomen/Bänkern einerseits ("steigt der Preis, steigt auch die Förderung") und Geologen/Ingenieuren andererseits ("die Erde ist endlich") wird wohl nie für beide Seiten zufriedenstellend beendet werden können. Gleichwohl ist zu sagen, dass Geologen wie z.B. Hubbert bisher immer recht behielten. Seine Theorie ist längst keine Theorie mehr, sondern hat sich längst als Fakt bewiesen.
© Jürgen Müller
www.goldsilber.org, www.technologiemetalle.org, www.werteinlagerung.de
[i]Quellenangaben:
[1] www.goldseiten.de/content/diverses/artikel.php?storyid=13931
[2] www.ftd.de/finanzen/maerkte/rohstoffe/:angekratzter-nimbus-das-grosse-zittern-um-die-goldrally/50141974.html?mode=print
[3] www.gold.org
[4] www.gfms.co.uk
[5] Jürgen Müller: "Generation Gold", Kopp-Verlag 2007, Seite 132 ff.
[6] Ferdinand Lips: "Die Gold-Verschwörung", Kopp-Verlag 2003, Seite 178
[7] www.gold-eagle.com/editorials_05/sanders070605.html
[8] http://minerals.usgs.gov/minerals/pubs/commodity/gold/mcs-2010-gold.pdf
[9] www.goldseiten.de/content/diverses/artikel.php?storyid=13076
[10] www.fcx.com/ir/AR/2009/FCX_AR_2009.pdf, Seite 11
Obwohl beide, nur beispielhaft genannten, Veröffentlichungen keine Quellenangaben zitieren, gehe ich davon aus, dass die Zahlen vom World Gold Council [3] stammen, der wiederum die Statistiken der privaten britschen GFMS Ltd. [4] verwendet. Über diese Analysefirma hatte ich bereits in meinem Buch Generation Gold wie folgt geschrieben [5]:
Ferdinand Lips kritisiert in seinem hier schon oft zitierten Buch "Die Gold-Verschwörung" die Goldstatistiken des Gold Fields Mineral Services (abgekürzt "GFMS") heftig:
»GFMS, eine auf Rohstoffe spezialisierte Londoner Beratungsfirma, steht bei GATA und der Goldindustrie in Verdacht, notorisch die Goldstatistiken, aber insbesondere Angaben im Zusammenhang mit der Höhe des ausgeliehenen und auf Termin verkauften, Goldes im Interesse der Goldmanipulation zu schönen.« [6]
Der Amerikaner Franklin Sanders, seit Jahren Analyst von Edelmetallen, stellte in einem Artikel im Internet zudem fest, daß die GFMS in ihrem aktuellen Silberbericht die früheren Zahlen für das Defizit im Silbermarkt nachträglich schönte. Alle Zahlen in Millionen Unzen [7].
Das heißt, im Bericht 2004 wurde z.B. das Defizit im Silbermarkt (Nachfrage höher als Angebot) im Jahr 2003 mit 72,0 Millionen Unzen angegeben, im folgenden Bericht im Jahr 2005 jedoch war dieses Defizit nur noch 58,6 Millionen Unzen groß usw. Sanders fügt hinzu: »Es fällt immer schwerer, die GFMS-Analysen und -Zusammenfassungen zu schlucken oder sie noch zu respektieren. Der diesjährige Bericht enthält grobe Fehler, ist in manchen Punkten nahezu unverständlich, enthält Halb-Erklärungen oder Hinweise zu Erklärungen, die in sich unverständlich sind.« ([7], in Übersetzung des Autors)
Auch ist interessant, dass z.B. die nachgewiesenen Silberkäufe von Warren Buffet in den Jahren 1997 und 1998 über 130 Millionen Unzen sich in den historischen GFMS Zahlen nicht verifizieren lassen.
Trotz dieser bekannten Fragestellungen, geniest die GFMS grosses Ansehen und wird - wie gesehen - in vielen Medien rezitiert. Die staatliche amerikanische Behörde US Geological Survey (USGS) gibt dem gegenüber die Jahresförderung 2009 mit nur 2.350 Tonnen an, d.h. 8,6% niedriger als GFMS [8]. Ein Wachstum von 7% würde sich auf dieser Berechnungsgrundlage in einen Abfall von 2,1% "umrechnen" lassen. Verwendet man nur die USGS Zahlen, so stieg die Förderung von 2008 auf 2009 um 4,0% (von 2.260 auf 2.350 Tonnen). Wie zuvor an dieser Stelle geschrieben (Zyklik der globalen Goldförderung - Teil 2 [9]), muss hierbei jedoch beachtet werden, dass die Zahlen zumeist im Bericht des Folgejahres nach unten korrigiert werden. So wurde zum Beispiel die Jahresförderung 2007 nachträglich im Folgejahr um - 4,8% nach unten korrigiert.
Interessant sind auch die genannten Begründungen, die für den kommenden Anstieg der Goldförderung herangezogen werden. Zitat aus dem oben referenzierten FTD-Artikel:
"Das liege unter anderem an Russland und Indonesien, wo die Grasberg-Mine in Betrieb genommen worden sei [..]"
Korrekt ist, dass die indonesische Grasberg-Mine bereits 1972 mit der kommerziellen Förderung von Kupfer begann, bei der in der Tat auch sehr viel Gold als Nebenprodukt gewonnen wird. Mit Reserven von 35,5 Millionen Unzen Gold ist sie auch eine der größten bekannten Gold-Lagerstätten. Die Goldförderung in 2009 betrug 77,7 Tonnen, d.h. 3,3% der globalen Förderung nach USGS Zahlen bzw. 3,0% nach GFMS Zahlen. Für 2010 wird im Jahresbericht 2009 der Freeport McMoRon allerdings eine geplante Goldförderung von 52,9 Tonnen ausgewiesen, d.h. rund 1/3 weniger als in 2009 [10]. Ursache hierfür ist nach Angabe der Minengesellschaft der Übergang der Förderung zu einem Bereich mit niedrigerem Erzgehalt (im engl. Orginal: "FCX expects Indonesia sales to approximate 1.2 billion pounds of copper and 1.7 million ounces of gold in 2010, as production transitions to a lower grade section of the Grasberg open pit."). Für einen kommenden globalen Anstieg der primären Goldförderung kann die Grasberg-Mine, die "nur" ca. 3% der globalen Gesamtförderung ausmacht, nach diesem firmeneigenen Bericht also definitiv nicht als Begründung oder Verifikation herangezogen werden.
Wie zuvor an dieser Stelle in meiner Trilogie "Zyklik der globalen Goldförderung" dargestellt, sprechen viele geologisch und technische Gründe für einen weiteren Abfall der Goldförderung vom Peak 2003 von 2.590 Tonnen:
- Fallende Dynamik der Zyklen
- Fallende Erzgehalte
- Steigende Produktionskosten
- Sinkender Explorationserfolg
Der fortwährende Diskurs zwischen Ökonomen/Bänkern einerseits ("steigt der Preis, steigt auch die Förderung") und Geologen/Ingenieuren andererseits ("die Erde ist endlich") wird wohl nie für beide Seiten zufriedenstellend beendet werden können. Gleichwohl ist zu sagen, dass Geologen wie z.B. Hubbert bisher immer recht behielten. Seine Theorie ist längst keine Theorie mehr, sondern hat sich längst als Fakt bewiesen.
© Jürgen Müller
www.goldsilber.org, www.technologiemetalle.org, www.werteinlagerung.de
[i]Quellenangaben:
[1] www.goldseiten.de/content/diverses/artikel.php?storyid=13931
[2] www.ftd.de/finanzen/maerkte/rohstoffe/:angekratzter-nimbus-das-grosse-zittern-um-die-goldrally/50141974.html?mode=print
[3] www.gold.org
[4] www.gfms.co.uk
[5] Jürgen Müller: "Generation Gold", Kopp-Verlag 2007, Seite 132 ff.
[6] Ferdinand Lips: "Die Gold-Verschwörung", Kopp-Verlag 2003, Seite 178
[7] www.gold-eagle.com/editorials_05/sanders070605.html
[8] http://minerals.usgs.gov/minerals/pubs/commodity/gold/mcs-2010-gold.pdf
[9] www.goldseiten.de/content/diverses/artikel.php?storyid=13076
[10] www.fcx.com/ir/AR/2009/FCX_AR_2009.pdf, Seite 11