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Die Abzocke mit der neuen 20-Euro-Goldmünze

23.07.2010  |  Redaktion
Vor genau einem Monat, am 23. Juni, erschien die erste Goldmünze der neuen deutschen Serie "Deutscher Wald". Der Erstausgabepreis wurde vom Bundesfinanzministerium mit 151 Euro plus Verpackungs- und Versandkosten festgelegt. Das Münzmotiv ist im Jahr 2010 das Blatt einer Eiche und wie auch bei den Exemplaren der kommenden Jahre beträgt der Nennwert 20 Euro. Im Lieferumfang ist einmalig eine Sammelbox für den kompletten Satz aus massiver deutscher Buche inbegriffen.

Blickt man ein paar Jahre zurück, so begann die Geschichte der deutschen Euro-Goldmünzen vor fast 10 Jahren. Anlässlich der Währungsumstellung 2002 wurden die ersten dieser Goldmünzen ausgegeben und mit Ausnahme von 2002 und 2006 erschien bis heute jährlich ein Motiv aus der Reihe "UNESCO-Weltkulturerbe". Übrigens lag der Erstausgabepreis der 200-Euro-Goldmünze "Währungsunion" (1 Unze = 31,103 g) bei 371 Euro, die der ersten 100-Euro-Goldmünze (1/2 Unze) aus der "UNESCO-Weltkulturerbe" Serie bei 190 Euro.

Als wir im Februar 2010 erstmals über die neue 20-Euro-Goldmünze berichteten, wurde deren Einführung von vielen Marktteilnehmern begrüßt. Im Vergleich zum "kleinen" Österreich, das bereits vor gut zwei Jahren auf die enorme Nachfrage nach Gold und Silber mit einer unlimitierten Silbermünze antwortete, gibt Deutschland hingegen eine Mini-Goldmünzen-Serie mit einem "wahnwitzigen" Gewicht von 3,8875 Gramm (!) bzw. 1/8-Unze aus. Viele Experten schüttelten nur noch den Kopf und fragten sich, wer oder was das Bundesfinanzministerium dazu inspirierte, solch eine Entscheidung zu fällen, die fernab jeglicher gängigen Münzgrößen liegt.

Nach dem Run auf die ersten 100-Euro-Goldmünze-Jahrgänge senkte man schrittweise die Auflagenzahlen von 500.000 auf 320.000 Exemplare. Marktkenner gehen davon aus, dass diese Zahl in etwa der tatsächlichen Marktnachfrage entspricht. Dennoch ist diese Zahl beachtlich, da diese Münzen mehrheitlich als Einzelstücke an Sammler verkauft werden - anstatt als Massenware zur Goldanlage erworben zu werden.

Allein aus diesem Blickwinkel erscheint es vollkommen unlogisch, dass die Auflage einer neuen Sammlermünze drastisch auf nunmehr nur noch 200.000 Exemplare gesenkt wurde. Bedenkt man ferner, dass die Münze bedingt durch den deutlich niedrigen Goldgehalt/Preis auch für einige neue Sammler interessant und erschwinglicher wurde, ist dieser Schritt noch weniger verständlich. Von den wachgerüttelten Lehman-Opfern und anderweitigen Staats- und Währungskrisen mal ganz zu schweigen.

So verwundert es kaum, dass bis Ende März (Bestandskunden) bzw. einen Monat später (Neukunden) eine wahre Flut an Bestellungen bei der Verkaufsstelle für Sammlermünzen in Weiden einging. Die Vorfreude währte nicht lange, denn nicht jeder kam letztendlich in den Genuss auch nur einer einzigen neuen Goldmünze.

Die große Nachfrage und die künstlich geschaffene Knappheit nutzten Spekulanten aus und katapultierten den Preis auf aberwitzige 400-500 Euro. Zum Vergleich: Für den gleichen Preis bekommt man aktuell fast eine 1/2 Unze Goldmünze, die 15,55 g wiegt - anstatt nur 3,8875 g.

Man sollte natürlich anmerken, dass diejenigen Münzhändler, die die Gunst der Stunde und die Unwissenheit einiger Sammler gezielt ausnutzen, einen Teil ihres Gewinns in Form von Umsatzsteuer an das Bundesfinanzministerium abliefern müssen. Da die Münze im aktuellen Amtsblatt/Verzeichnis für Sonderreglungen von Anlagegold nicht gelistet ist, liegt auch keine generelle Befreiung von der Umsatzsteuer vor. Als Basis zur Berechnung des Grenzwertes wurde Ende 2009 ein Preis von 26,087 Euro pro Gramm Gold vom Finanzministerium festgelegt. Für die neue Goldmünze bedeutet dies nun, dass ab einem Verkaufspreis von 182,54 Euro zusätzlich 19% MWSt. fällig werden, ab 253,53 Euro verringert sich der Steuersatz auf nur noch 7%.

Es bleibt abzuwarten, was in den nächsten Jahren mit den Preisen geschieht. Vermutlich wird der Preis in den nächsten Wochen zunächst einmal zurückgehen, nachdem sich die erste Euphorie gelegt hat. Spannend wird es bei der Sammelbox, die es nur in diesem Jahr inklusive gab. Hier könnten sich zukünftig zwei Preise entwickeln, einmal mit und einmal ohne Sammelbox.

Völlig offen scheint die Belieferung im nächsten Jahr zu sein. Wer erhält dann eine Münze? Derjenige, der in diesem Jahr auch eine erhalten hat? Oder kommt es, wie in den letzten Jahren üblich, zu einem Losverfahren? Es bleibt spannend. Das Chaos ist zwar noch vermeidbar, aber Zweifel und Fragen sind angebracht und auch berechtigt.


Resümee:

Die Dummen scheinen nicht auszusterben - zumindest nicht diejenigen, die bereit sind diesen Phantasiepreis zu zahlen. Sollte eines Tages das Interesse an diesen Münzen nachgelassen haben bzw. die maßlose Übertreibung völlig verflogen sein, dann muss sich der Goldpreis "nur" noch verdreifachen, damit der Sammler bei einem etwaigen Verkauf keinen Verlust erleidet.

Der Münzsammler hat die Qual der Wahl! Entweder kauft er eine fast unbekannte 20-Euro-Goldmünze mit einer 6-stelligen Auflage zum rund Dreifachen des Materialpreises. Oder er investiert in bisher wenig bekannte, seltene Münzen mit echten Wertsteigerungschancen.

In diesem Zusammenhang nennenswert sind beispielsweise die Gold- oder Silbermünzen der australischen Lunar-Serie. Hier gibt es alljährlich Münzgrößen, die abseits der 1-Unzen-Standardmünze geprägt werden, aber lediglich eine 3- oder 4-stellige Auflage besitzen und mit keinem bzw. einem akzeptablen Aufgeld im Vergleich zur 1-Unzen-Stückelung gehandelt werden. Aber selbst von der beliebten 1 oz Lunar-Goldmünze gibt es alljährlich nur 30.000 Stück.


© Redaktion GoldSeiten.de



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