Griechenwahl: Untergang des Abendlandes?
17.06.2012 | Klaus Singer
An diesem Wochenende steht die neue Neuwahl des griechischen Parlaments an. Und angeblich zittern die "Märkte“ davor, dass sich eine Mehrheit für die sogenannten radikalen Linken (Syriza) findet und Griechenland dann aus dem Euro ausscheidet.
Ihr Führer, Alexis Tsipras, hat etliche Male betont, dass sein Land im Euro-Raum bleiben soll. Aber er will das Brüsseler Spardiktat neu verhandeln. Das wollen die anderen griechischen Parteiführer auch. Und Brüssel hat bereits Bereitschaft hierzu erkennen lassen. Dadurch erhoffen sich die Eurokraten natürlich vor allem eine Unterstützung der bisherigen Regierungsparteien. Zuletzt gab es sogar Signale, dass sie im Falle einer Mehrheit von Syriza offen für Gespräche sind.
Tsipras hat kürzlich gesagt, wenn Spanien 100 Mrd. Euro ohne Bedingungen bekommen kann, warum soll Griechenland dann nicht gleichbehandelt werden. Das fragen sich die Iren mittlerweile auch, die Portugiesen denken es sich bis jetzt nur. Mit ihrer schnellen Bereitschaft, Spanien unter die Arme zu greifen, ohne harte Bedingungen zu stellen, haben die Euro-Finanzminister Tür und Tor für Begehrlichkeiten geöffnet.
Griechenland hat seine neuen Sparverpflichtungen in den zurückliegenden Monaten vernachlässigt. In EU-Kreisen wird jetzt befürchtet, dass der IWF aussteigen könnte, wenn der griechische Finanzbedarf wächst. Möglicherweise, so wird überlegt, kann man diesem Risiko dadurch begegnen, dass sich die öffentlichen Gläubiger auf einen Schuldenschnitt verständigen. Dabei hatte doch immer geheißen, es würden zum Länder-Bailout immer nur Garantien gegeben, den Steuerzahler werde das alles nichts kosten.
Nachdem die Aktienbörsen in dieser Woche volatil dahingewackelt sind, haben sie sich am Donnerstag für die Oberseite entschieden. Anlass war die Meldung, dass größere Zentralbanken eine koordinierte Liquiditäts-Aktion vorbereiten, falls das Ergebnis der Griechenland-Wahlen zu Tumulten in den Finanzmärkten führen sollte.
Die Wahrscheinlichkeit für weitere Liquiditätsfluten wird sowieso steigend gesehen, seit US-Makrodaten in Serie schwächer ausfallen als erwartet. Insbesondere die in dieser Woche gemeldeten Preisindices PPI und CPI zeigen Schwäche: Der PPI notiert im Jahresvergleich nur noch 0,8% höher, der CPI 1,7%. Das verschaffe der Fed Spielraum für geldpolitische Anreize, heißt es. Und damit ist sicher kein solch halbgares Programm wie die "Operation Twist“ gemeint, das zum Monatsende ausläuft. Da passt es auch terminlich gut ins Bild, dass das FOMC der Fed in der nächsten Woche tagt.
Auch wenn immer wieder gerne mit dem Finger auf die Eurozone gezeigt wird, wenn es darum geht, Krisenherde auszumachen – dadurch wird es nicht richtiger. Denn die Verschuldung hat diesseits und jenseits des Atlantik längst langfristig untragbare Ausmaße angenommen. Durch permanente Liquiditätsfluten sind viele, im Kreditrating als hochwertig eingestufte Anleihen, auch US-Treasurys, an einem Punkt angekommen, wo das Risiko zu hoch, die Rendite aber viel zu niedrig ist. Das gilt erst recht für die reale Betrachtung. Private Kreditgeber sind so immer weniger bereit, hier noch zu investieren. Und so schaffen die Notenbanken mit jedem Drehen am Liquiditätshahn nur die Voraussetzung für das nächste Mal.
Zurück zum Thema: Angeblich zittern die "Märkte" vor dem griechischen Wahlsonntag. Sie zittern so sehr, dass z.B. ein ETF auf den MSCI_Greece in den zurückliegenden acht Handelstagen um 30% gestiegen ist. Auch Euro/Dollar zeigte sich zuletzt fest, der Dollar-Index sinkt unterhalb des wichtigen Pegels ~82,40 (siehe Chart!). Beides weist auf zunehmende Risikobereitschaft hin.
Als weiteres Indiz dafür, dass die Märkte in Wirklichkeit so zittrig nicht sind, mag gelten, dass die Auswertung der Volumenverteilung an der NYSE seit 8. Juni von tiefem Niveau aus "Akkumulation“ anzeigt: Der Anteil steigender Aktien nimmt im Zeitablauf wieder zu (siehe Chart!).
Es gibt weitere Indizien. Das sieht alles nicht nach Weltuntergang aus.
In der Tat kann man sich folgendes überlegen: Geht die griechische Wahl so aus, wie sich Brüssel das erhofft, bleiben geldpolitische Anreize zunächst einmal aus. Das enttäuscht alle Liquiditäts-/Drogen-Abhängige und könnte dazu führen, dass Kasse gemacht wird (gut möglich auch bei Edelmetallen). Kommen hingegen die "Linken" als stärkste Kraft heraus, bricht möglicherweise erst einmal panische Hysterie aus. Dann drehen die großen Notenbanken dieser Welt konzertiert die Geldschleusen auf, und wenn der Schrecken verdaut ist, steigen die Asset-Preise wieder.
Meiner Meinung nach geht das Fiat-Geldsystem mit der Griechenland-Wahl noch nicht unter - Betonung liegt auf "noch". Dass Spanien in absehbarer Zeit volle Zuflucht unter den Brüsseler Rettungsschirmen suchen wird, ist wahrscheinlich. Dass Italien folgen wird, ist ebenfalls anzunehmen, insbesondere dann, wenn der Pegel von 6% Rendite für 10-jährige Bonds dauerhaft überwunden wird (siehe Chart!).
Für Italien reicht der ESM nicht mehr - dann folgt die nächste Etappe der Eurokrise. Und in den USA?
Erwähnte Charts, sowie Links zu weiteren Artikeln können hier eingesehen
werden: Erwähnte Charts, sowie Links zu weiteren Artikeln können hier eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de/Blog/
© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de
Ihr Führer, Alexis Tsipras, hat etliche Male betont, dass sein Land im Euro-Raum bleiben soll. Aber er will das Brüsseler Spardiktat neu verhandeln. Das wollen die anderen griechischen Parteiführer auch. Und Brüssel hat bereits Bereitschaft hierzu erkennen lassen. Dadurch erhoffen sich die Eurokraten natürlich vor allem eine Unterstützung der bisherigen Regierungsparteien. Zuletzt gab es sogar Signale, dass sie im Falle einer Mehrheit von Syriza offen für Gespräche sind.
Tsipras hat kürzlich gesagt, wenn Spanien 100 Mrd. Euro ohne Bedingungen bekommen kann, warum soll Griechenland dann nicht gleichbehandelt werden. Das fragen sich die Iren mittlerweile auch, die Portugiesen denken es sich bis jetzt nur. Mit ihrer schnellen Bereitschaft, Spanien unter die Arme zu greifen, ohne harte Bedingungen zu stellen, haben die Euro-Finanzminister Tür und Tor für Begehrlichkeiten geöffnet.
Griechenland hat seine neuen Sparverpflichtungen in den zurückliegenden Monaten vernachlässigt. In EU-Kreisen wird jetzt befürchtet, dass der IWF aussteigen könnte, wenn der griechische Finanzbedarf wächst. Möglicherweise, so wird überlegt, kann man diesem Risiko dadurch begegnen, dass sich die öffentlichen Gläubiger auf einen Schuldenschnitt verständigen. Dabei hatte doch immer geheißen, es würden zum Länder-Bailout immer nur Garantien gegeben, den Steuerzahler werde das alles nichts kosten.
Nachdem die Aktienbörsen in dieser Woche volatil dahingewackelt sind, haben sie sich am Donnerstag für die Oberseite entschieden. Anlass war die Meldung, dass größere Zentralbanken eine koordinierte Liquiditäts-Aktion vorbereiten, falls das Ergebnis der Griechenland-Wahlen zu Tumulten in den Finanzmärkten führen sollte.
Die Wahrscheinlichkeit für weitere Liquiditätsfluten wird sowieso steigend gesehen, seit US-Makrodaten in Serie schwächer ausfallen als erwartet. Insbesondere die in dieser Woche gemeldeten Preisindices PPI und CPI zeigen Schwäche: Der PPI notiert im Jahresvergleich nur noch 0,8% höher, der CPI 1,7%. Das verschaffe der Fed Spielraum für geldpolitische Anreize, heißt es. Und damit ist sicher kein solch halbgares Programm wie die "Operation Twist“ gemeint, das zum Monatsende ausläuft. Da passt es auch terminlich gut ins Bild, dass das FOMC der Fed in der nächsten Woche tagt.
Auch wenn immer wieder gerne mit dem Finger auf die Eurozone gezeigt wird, wenn es darum geht, Krisenherde auszumachen – dadurch wird es nicht richtiger. Denn die Verschuldung hat diesseits und jenseits des Atlantik längst langfristig untragbare Ausmaße angenommen. Durch permanente Liquiditätsfluten sind viele, im Kreditrating als hochwertig eingestufte Anleihen, auch US-Treasurys, an einem Punkt angekommen, wo das Risiko zu hoch, die Rendite aber viel zu niedrig ist. Das gilt erst recht für die reale Betrachtung. Private Kreditgeber sind so immer weniger bereit, hier noch zu investieren. Und so schaffen die Notenbanken mit jedem Drehen am Liquiditätshahn nur die Voraussetzung für das nächste Mal.
Zurück zum Thema: Angeblich zittern die "Märkte" vor dem griechischen Wahlsonntag. Sie zittern so sehr, dass z.B. ein ETF auf den MSCI_Greece in den zurückliegenden acht Handelstagen um 30% gestiegen ist. Auch Euro/Dollar zeigte sich zuletzt fest, der Dollar-Index sinkt unterhalb des wichtigen Pegels ~82,40 (siehe Chart!). Beides weist auf zunehmende Risikobereitschaft hin.
Als weiteres Indiz dafür, dass die Märkte in Wirklichkeit so zittrig nicht sind, mag gelten, dass die Auswertung der Volumenverteilung an der NYSE seit 8. Juni von tiefem Niveau aus "Akkumulation“ anzeigt: Der Anteil steigender Aktien nimmt im Zeitablauf wieder zu (siehe Chart!).
Es gibt weitere Indizien. Das sieht alles nicht nach Weltuntergang aus.
In der Tat kann man sich folgendes überlegen: Geht die griechische Wahl so aus, wie sich Brüssel das erhofft, bleiben geldpolitische Anreize zunächst einmal aus. Das enttäuscht alle Liquiditäts-/Drogen-Abhängige und könnte dazu führen, dass Kasse gemacht wird (gut möglich auch bei Edelmetallen). Kommen hingegen die "Linken" als stärkste Kraft heraus, bricht möglicherweise erst einmal panische Hysterie aus. Dann drehen die großen Notenbanken dieser Welt konzertiert die Geldschleusen auf, und wenn der Schrecken verdaut ist, steigen die Asset-Preise wieder.
Meiner Meinung nach geht das Fiat-Geldsystem mit der Griechenland-Wahl noch nicht unter - Betonung liegt auf "noch". Dass Spanien in absehbarer Zeit volle Zuflucht unter den Brüsseler Rettungsschirmen suchen wird, ist wahrscheinlich. Dass Italien folgen wird, ist ebenfalls anzunehmen, insbesondere dann, wenn der Pegel von 6% Rendite für 10-jährige Bonds dauerhaft überwunden wird (siehe Chart!).
Für Italien reicht der ESM nicht mehr - dann folgt die nächste Etappe der Eurokrise. Und in den USA?
Erwähnte Charts, sowie Links zu weiteren Artikeln können hier eingesehen
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© Klaus G. Singer
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