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Inflation oder Deflation-Diskussion

18.07.2005  |  Matthias Lorch
Verfolgt man derzeit die Diskussion im Internet über die Anlagestrategie der nächsten Jahre, dann gibt es zwei diametral entgegengesetzte Meinungen. Dass das Problem der weltweiten Schulden - hauptsächlich der USA - mit dem Wachstum der Volkswirtschaften gelöst werden könne, wird wahrscheinlich nur noch von verschiedenen Werbebeauftragten der Finanzindustrie behauptet.

Die Gruppe um Robert Prechtner, dem Autor von Conquer the Crash (You can survive and Prosper in a Deflationary Depression), ist der Meinung, dass eine Deflation kommen wird. Die Gruppe um James Puplava, dem Betreiber der sehr erfolgreichen Webseite Financial Sense, geht von einer beginnenden Inflation aus.

Im Wörterbuch steht unter Inflation: eine Erhöhung der Geld- und Kreditmenge im Verhältnis zu bereitgestellten Gütern und unter Deflation steht: ein Zusammenziehen der Geld- und Kreditmenge im Verhältnis zu bereitgestellten Gütern.

Wenn sich die Geld- und Kreditmenge im Verhältnis zu den bereitgestellten Gütern erhöht, steigen die Preise oder bei einem Zusammenziehen der Geld- und Kreditmenge im Verhältnis zu bereitgestellten Gütern sinken die Preise. Tatsache ist aber, dass nicht die Waren teurer oder billiger werden, sondern dass das Geld mehr oder weniger Wert haben wird.

Der größte Fehler ist, anzunehmen, dass sinkende oder steigende Preise Inflation oder Deflation sind, es sind nur die Auswirkungen. Diese Auswirkungen der Inflation können sich im Steigen der Preise der Güter (in den 70er Jahren) oder im Steigen der Preise der Investments- und Geldanlagen (in den 80er und 90er Jahren) zeigen. Dieser Unterschied hat ganz andere Auswirkunken auf die Bevölkerung: Geht die Inflation in die Güter, fühlt sich jeder ärmer. Geht die Inflation in die verschiedenen Investments, hat man einen Wohlstandseffekt. Deflation im Gegensatz dazu zieht sich quer durch Güterpreise, Investments und Geldanlagen.


Theorie der Inflation

Die Anhänger der Theorie der Inflation gehen davon aus, dass mit einer beliebig steigerbaren Geldmenge (anders als noch in der Weltwirtschaftskrise 1929 mit folgender Deflation) die FED oder andere Zentralbanken eine Deflation eben nicht zulassen wird und kann.

Da keinerlei Restriktionen (Goldstandard) bestehen, wird die FED die Geldmenge immer weiter ausweiten, so dass am Ende - so wie von Fed-Gouverneur Bernake angekündigt - (we have an invention called the printing press - wir haben eine Erfindung, mit dem Namen die Druckerpresse) eher Inflation als Deflation erfolgen wird. Da deshalb immer neue und höhere Schulden gemacht werden und auch gemacht werden müssen, entstehen immer neue Investmentblasen, die dann wieder zusammenzusinken drohen und weitere Geldinjektionen zur Folge haben werden. Das wird am Ende zur Hyperinflation führen.


Theorie der Deflation

Die Anhänger der Deflation gehen davon aus, dass als Vorbedingung zur Deflation eine Kredit- und Schuldenexpansion gegeben sein muss und davon haben die Ökonomen Ludwig van Mises und Friedich Hayek von der österreichischen Schule der Ökonomie immer gewarnt.

Am schlimmsten sind Konsumschulden, da durch das Angeschaffte kein Mehrwert erzeugt wird, wird auch kein Einkommen erwirtschaftet und die Schulden müssen folglich aus anderem Einkommen zurückbezahlt werden. Befürworter der Konsumschulden behaupten, es würde die Produktion stimulieren, vergessen aber die Kosten der Kreditrückzahlung. Das Verschieben des Kredits in Richtung Konsument (USA) bedeutet einen Rückgang der Produktivität im Gegensatz zur Verschiebung in Richtung Produzent (z.B. in China kommen die Direktinvestitionen- (Kredite) in den produzierenden Bereich).

Wie auch immer, am Ende der Ausweitungen der Geld- und Kreditmenge bekommt fast jeder Kredit, niemand rechnet mit einem Einbruch. Jeder rechnet mit weiter steigenden Preisen und borgt deshalb immer mehr, genau wie die Kreditgeber auch immer mehr verleihen wollen.

Die Voraussetzung ist der generelle Wille zu leihen und zu borgen und solange das Vertrauen in die Rückzahlbarkeit der Kredite anhält, wird die Kreditausweitung anhalten. Die psychologische Seite der Deflation sollte man allerdings nicht unterschätzen. Wenn der wirtschaftliche Optimismus nachlässt und später dann in Pessimismus umschlägt, dann werden Kreditgeber, Kreditnehmer, Produzenten und Konsumenten vorsichtiger in ihren Ausgaben und Investitionen. Dadurch wird die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes gedrosselt, die Spirale des Pessimismus ist dann die Spiegelseite des Booms.

Das Ergebnis ist zuerst eine Abwicklung der noch rückzahlbaren Kredite, die dann immer mehr in eine Liquidation der nicht mehr rückzahlbaren übergeht. Am Schluss wird alles (Aktien, Immobilien, Bonds, Autos, Boote usw.) verkauft, um dem Schuldendruck standzuhalten, um liquide zu werden. Ein allgemeiner Wertverfall ist da. Die Spirale dreht sich immer schneller, da sich dadurch beim Kreditnehmer ein Verfall der Sicherheiten einstellt und deshalb die Kreditgeber immer größere Anteile von Eigenkapital sehen wollen.


Finanzwerte können verschwinden

Jeder nimmt für selbstverständlich, dass die Werte immer weiter wachsen: the sky is the limit. Fragt man, ob es auch in die andere Richtung gehen kann, ob die Werte buchstäblich verschwinden können, dann glaubt jeder, das sei nicht möglich. Wie heißt es so schön: Weil für jeden Käufer ein Verkäufer da sein muss, geht Geld nicht kaputt, es wechselt nur den Besitzer. Das stimmt zwar fürs Geld, aber nicht für die Werte, die nämlich ständig wechseln.

Finanzwerte steigen nicht, weil alle verkaufen oder alle kaufen. Es braucht nur wenige Transaktionen und die Untätigkeit der restlichen Marktteilnehmer und schon hat man einen neuen Preis. Wenn ein Verkäufer keinen Käufer findet, dann fällt für alle Eigentümer der Wert auf das Niveau, an dem endlich ein Käufer da ist. Wenn eine Million Menschen dieses besitzen, dann schrumpft es für alle im Wert und die Finanzwerte können für jedes Investment verfallen (Immobilien, Bauland, Aktien, festverzinsliche Wertpapiere usw.)

Das gleiche gilt für die Kreation und die Vernichtung von Kredit. Angenommen, der Kreditgeber beginnt mit einer Million und der Kreditnehmer mit Null. Nach der Kreditvergabe besitzt der Nehmer die Million aber auch der Geber sieht sich durch den Schuldschein immer noch als Besitzer.

So wurden im Bezug auf den Wohlstandseffekt aus einer Million zwei. Aber es kann auch in die andere Richtung gehen, wenn der Schuldner die Schulden nicht mehr bedienen kann und in Konkurs geht, werden aus zwei Millionen ganz schnell null Millionen. Sollte der Kreditgeber die Schuldpapiere weiterverkauft haben, z.B. am Bondmarkt, dann bleibt irgend jemand auf einem Verlust sitzen. In einer Abwärtsspirale möchte diese Werte keiner mehr besitzen und sie werden immer mehr zu heißen Kartoffeln, die man schnell wieder weitergeben möchte.

Diese Dynamik der Expansion und des Zusammenziehens der Werte erklären, warum in einem Bärenmarkt Millionen Menschen bankrott gehen können.

Auf der Spitze der Expansion sind alle reich, die Verkäufer haben das Geld und die Käufer den immer noch steigenden Wert. Wenn es dann nach einem Kollaps in die andere Richtung geht, werden immer noch manche 80% des Spitzenwertes erhalten, aber viele nur noch 50% oder 10% oder noch weniger. In einem solchen Fall werden die meisten gar nichts machen und einfach warten, bis die Werte total verfallen sind.

Sie hatten niemals eine Million, denn sie hatten nur imaginäre Werte. Wenn alle gleichzeitig verkaufen wollten, dann wäre ein Überangebot da und der Preis wäre sowieso niemals realisierbar. Das ist dann wie auf dem Fußballplatz, wenn einige aufstehen (verkaufen), dann haben diese einen Vorteil, sie sehen dann nämlich besser, wenn aber alle aufstehen
(verkaufen), dann hat niemand einen Vorteil.

Nach einer Deflation stellt sich heraus, dass die Werte nur in ihren Köpfen waren und in denen der anderen. Nun hat man halt neue Wertevorstellungen im Kopf und der Reichtum ist verpufft.

Die Meinung derer, die Inflation für wahrscheinlicher halten, glauben, dass die ca. 47,3 Billionen Dollar Schulden der USA (Gesamtverpflichtungen inkl. Social security, Medicare, Medicaid, Railroad Retirement Fund) nur durch Hyperinflation getilgt werden können. Eine inflationäre Lösung wird jedenfalls genau so wenig eine Lösung sein, bedenkt man doch, dass 1923 dieses in Deutschland zwar die Schulden der Kriegsanleihen aus der Welt schaffte, aber gleichzeitig alle Sparer vernichtete und die Wirtschaft total zerstörte. Die Lohnempfänger z.B. gingen sofort mit dem Lohn in ein Schuhgeschäft und kauften Schuhe, ob sie passten oder nicht, Hauptsache sie waren das Geld los. Dieses hatte natürlich zur Folge, dass kein Produzent noch auf den Verkauf seiner Waren aus war, waren diese doch ein besseres Medium des Werterhaltes als die dafür getauschten Reichsmark.

Doch bislang besteht die Inflation in den USA nur aus neuen Blasen und deshalb aus neuen Schulden. Diese sind nun einmal definitiv deflationär, wenn sie platzen. In Deutschland sind wir in dieser Richtung allerdings schon zwei Schritte weiter. Seit der Vereinigungsblase und der dadurch kurzfristigen explodierenden Immobiliennachfrage geht die Binnenwirtschaft sukzessive rückwärts. Wohnimmobilien haben im Schnitt in Deutschland seit 12 Jahren laut der Bank for International Settlements 33% verloren. Und da jeder Immobilienboom mit einem Boom der Binnennachfrage einhergeht und die USA eigentlich das einzige Land sind, das den weltweiten Konsum trägt, können wir diesbezüglich aus den angelsächsischen Ländern nichts Gutes erwarten. Wenn die Housingbubbles www.bis.org/publ/bppdf/bispap21d.pdf in den USA und in GB platzen, werden erst mal deflationäre Kräfte walten.

Nun kann man allerdings endlos weiter spekulieren, ob Inflation oder Deflation kommt, aber da niemand in die Zukunft schauen kann, werden wir abwarten müssen, was passiert. Tatsache ist, etwas wird passieren und das ist anschaulich erklärt mit dem Chart vom IMF, der ein bisschen aussieht wie der Chart vom neuen Markt 1999 und dem Kommentar dazu aus einem Artikel von Hugo Salinas Price

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"Oceans of paper money increasing at an increasing rate of increase! There is no international monetary system; there is an international monetary process and that process has the characteristics of an explosion. All processes have a beginning, a middle and an end. Will the explosive process continue for five more years? We know that the moment that the explosive expansion ends, the contraction of credit will be immediate and violent: after the explosion comes the implosion of credit. When this irresponsible expansion of credit (debt) and explosive creation of money comes to an end, as the process exhausts itself, the world as we know it today will be in ruins after the collapse (the implosion) of the world"s financial structure." - Hugo Salinas Price

Ünersetzung: "Ozeane von Papiergeld steigen an in einer immer schneller steigenden Rate der Steigerung. Das ist kein internationales Finanzsystem, das ist ein internationaler Finanzprozess und dieser Prozess hat den Charakter einer Explosion. Alle Prozesse haben einen Anfang, eine Mitte und ein Ende. Wird dieser explosive Finanzprozess noch fünf Jahre halten? Wir wissen es in dem Moment, wenn die explosive Expansion enden wird, das Zusammenziehen des Kredits kommt, sofort und mit Gewalt: nach der Explosion kommt die Implosion der Kredite. Diese unverantwortliche Expansion des Kredits (der Schulden) und die explosive Kreation von Geld wird an ein Ende kommen, da der Prozess sich selbst erschöpft. Die Welt, wie wir sie heute kennen, wird nach diesem Kollaps (Implosion) des Weltfinanzsystems in Ruinen liegen." - Hugo Salinas Price


© Matthias Lorch



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