Double-Dip in den USA und Boom in Deutschland?
15.08.2010 | Klaus Singer
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Das brachte auch den Halbleiterindex SOX massiv unter Druck. Abgesehen vom "Cisco-Effekt" ist davon auszugehen, dass der in den zurückliegenden Monaten stark durch Lagereffekte bedingte Schwung im Halbleitergeschäft jetzt schnell nachlässt und ein sehr volatiler Anpassungsprozess folgt, bei dem ein neues Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage gesucht wird. Zunächst ist im SOX die Luft raus, das wird die Kurse der Technologie-Aktien (NDX) tendenziell noch weiter belasten. Die im NDX zuletzt gesehene relative Schwäche wird daher wohl noch andauern.Der lahme Zustand auf dem US-Arbeitsmarkt und die daraus resultierende Vorsicht bei den Verbrauchern spiegelt sich in einer steigenden Sparquote wider (siehe Chart!). Es wird zwar wieder mehr verdient (siehe Chart!), aber dieses "Mehr" kommt gegenwärtig dem Konsum nicht zugute (siehe Chart!).
Allerdings sprechen die aktuellen Umsatzzahlen im US-Einzelhandel für Juli eher für eine Fortdauer einer Seitwärtsbewegung als für einen schnellen Rückzug des Verbrauchers: Der Umsatz ist um 0,4% (m/m) gestiegen nach minus 0,3% im Vormonat. Auch der CPI stützt das, er stieg im Jul um 0,3% nach minus 0,1% im Vormonat.
So lange sich der US-Einzelhandel in einem Aufwärtstrend bewegt (siehe Chart!), mag die Entwicklung der US-Wirtschaft zwar enttäuschen, ein double-dip steht jedoch nicht unmittelbar an.
Dennoch müssen zwei Punkte beachtet werden: Der Basiseffekt der niedrigen Vergleichszahlen 2009 lässt in seiner Wirkung nun nach, d.h. das Enttäuschungspotenzial steigt eher noch als dass es fällt. Und: Die aktuelle Erholung ist kein Aufbruch zu neuen Ufern und schon gar nicht zu den Wachstumsraten der "nach 2003-Ära".
Jetzt kann man darüber nachdenken, ob das aktuelle Bewertungsniveau etwa des S&P 500 für Käufer interessant ist - trotz aller vergangenen und künftigen Enttäuschungen und auch trotz aller eher weniger inspirierenden Wachstumsaussichten.
Zieht man für einen Bewertungsvergleich die Renditen 10jähriger US-Treasuries heran, so hätten Aktien bei einem aktuellen Zukunfts-KGV von unter 20 noch Luft: Das "faire KGV" nach Fed-Modell liegt bei über 37 (siehe Chart!). Natürlich kann man auch anders herum (zutreffend) argumentieren, Treasuries seien krass überbewertet.
Es heißt ja, die Furcht vor nachhaltiger weltwirtschaftlicher Stagnation habe die Akteure in den vergangenen Tagen aus Aktien in sichere Anlagen getrieben. Der S&P 500 war seit Anfang Juli um 100 Punkte oder rund 10% gestiegen, da ist in einem solchen Umfeld die Neigung zu Gewinnmitnahmen natürlich hoch. Prompt hat die Volumenverteilung in Distribution geschaltet (siehe Chart!), der resultierende Verkaufsdruck trifft auf geringe Kaufneigung.
Die Fed hat mit ihrer Ankündigung, lang laufende Treasuries zu kaufen, bewirkt, dass sich die Akteure mal wieder die Fragilität des Finanzsystems und der Staatshaushalte ins Bewusstsein gerufen hatten. Das hat der Gier einen Dämpfer verpasst. Gleichzeitig hat die Fed signalisiert, die Überschussliquidität im Bankensystem nicht abzuschöpfen. Damit bietet sich folgendes Geschäftsmodell an: Die Banken kaufen TBonds, verkaufen sie früher oder später an die Fed weiter und haben dann das Potenzial, andere Assets zu kaufen.
Für den S&P 500 folgt daraus: Nachdem der Index an der Oberkante seiner Seitwärts-Range bei rund 1.121 gescheitert ist, steht jetzt die Unterseite an. Je nach Lesart wären das 1.060/1.050 oder 1.023. Das 38er Retracement der jüngsten Aufwärtsbewegung bei rund 1.085 wurde "gerissen", die 50er Marke liegt bei rund 1.73, die 62er Marke notiert bei 1.061.
Unter längerfristigen Gesichtspunkten ist das 38er Retracement Bull-Runs zwischen März 2009 und April 2010 bei gut 1000 zu beachten (siehe Chart!). Gut möglich, dass hier das Ziel der gegenwärtigen Bewegung liegt - vielleicht notiert das "faire KGV" nach Fed-Modell dann bei 40, entsprechend einer 10-jährigen Rendite von 2,5%?
Erwähnte Charts können über diesen Link eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de
© Klaus G. Singer
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