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Interview mit John Williams: "Auf dem Weg zum Abgrund"

24.08.2010  |  Redaktion
Dieses Interview führte Karen Roche von "The Gold Report" am 06.08.2010.

John Williams ist Herausgeber von ShadowStats.com. Viele Autoren, die beim "The Gold Report" veröffentlichen, suchen bei ihm nach ehrlichen, vertrauenswürdigen Wirtschaftsdaten. Williams sieht sichere Hinweise darauf, dass sich die US-Wirtschaft in einer beschleunigten Abwärtsspirale befindet, die seiner Meinung nach zu einer fast unvorstellbaren Hyperinflation in den USA führen wird.


The Gold Report: John, das letzte Mal sprachen wir im Mai miteinander. Sie sagten uns damals, die Veränderungen beim bereinigten Broad Money Supply im Vorjahresvergleich wären ein führender Indikator der Wirtschaftsaktivität. Damals war er am Sinken. Sie sagten: "Wird die Liquidität abgewürgt, schrumpft immer auch die Wirtschaft. Und aktuell wird die Liquidität abgewürgt - ob nun absichtlich oder nicht. Das führt zu deutlichen Rückgängen bei den Verbraucher-, Geschäfts- und Unternehmenskrediten." John, soll das heißen, dass man das Wirtschaftwachstum ankurbeln könnte, wenn nur die Banken wieder anfangen würden, Kredite zu vergeben?

John Williams: Das würde mit Sicherheit nicht schaden. Die Liquidität geht ja immer noch zurück, und das inflationsbereinigt. Also real sank das M3-Geldangebot im Vorjahresvergleich um fast 8%. Das ist der heftigste Einbruch nach dem 2. Weltkrieg. Das Signal für einen Wirtschaftsabschwung leitet sich nicht vorrangig aus der Schwere der Liquiditätsrückgänge oder ihrer Dauer ab, sondern schon aus der Tatsache, dass der Indikator im Jahresvergleich negativ ausfällt.

Im Dezember 2009 bekamen wir dieses Signal, und in diesem Fall verwies es auf eine Intensivierung des Abschwungs innerhalb der nächsten sechs bis neun Monate. In diesem Zeitrahmen bewegen wir uns jetzt und wir sehen gerade, wie die Zahlen nachgeben. Die Menschen sprechen von einer schwächeren Wirtschaftslage. Selbst Mr. Bernanke beschrieb den wirtschaftlichen Ausblick als "ungewöhnlich unsicher". Eine solche Wortwahl seitens der Fed ist ein ziemlich guter Hinweis darauf, dass hier etwas im Gange ist.


The Gold Report: Warum schrumpft M3 weiter?

John Williams: Wie Sie schon sagten, die Banken vergeben keine Kredite. Das Geld, das die Fed ins System steckte, um hypothekarisch gesicherte Wertpapiere der Banken aufzukaufen und um Banken liquide zu halten, landet schließlich wieder bei der Fed in Form von Überschussreserven. Dort haben wir jetzt weit über 1 Billion $; hätten die Banken dieses Geld in den normalen Wirtschaftkreislauf verliehen, dann wären mehr als 10 Billionen $ zum allgemeinen Geldangebot hinzugekommen, welches ohne diese Geldmengen jetzt bei ca. 14 Billionen $ liegt. Das hätte mit Sicherheit inflationäre Auswirkung gehabt und vielleicht sogar die eigentliche Wirtschaftsaktivität angekurbelt. Aber man kann die Wirtschaft nicht immer zum Wachsen bringen, indem man Geld hineinschießt. Manchmal hat es einfach überhaupt keine Wirkung.


The Gold Report: Und Sie meinen jetzt, ein sinkendes Geldangebot sei ein sicherer Hinweis auf anstehende Probleme?

John Williams: Wenn es inflationsbereinigt im Jahresvergleich fällt, dann ist das ein Signal für einen Abschwung oder einen sich verstärkenden Abschwung. Das passiert immer. Wird die Liquidität abgeschnürt, geht die Unternehmensaktivität zurück.

Zeitweise hatten wir auch Rezessionen, ohne dass das Geldangebot vorab gesunken war. Und manchmal war das Geldangebot gestiegen, aber die Wirtschaft folgte nicht - auch in diesem Fall zeigte es überhaupt keine Wirkung. Die Ausweitung des Geldangebots hat aber auch schon zu Aufschwüngen geführt, deswegen versucht es die Fed auch mit einer Stimulierung der Wirtschaft. Aber dieser Rückgang ist jetzt ein sicheres Signal. Man sieht es nicht häufig, aber wenn man es sieht, dann ist sehr aussagekräftig.

Wir sehen gerade, wie die Daten nach und nach einbrechen. Einige ungewöhnliche Faktoren waren hier am Werk. Ich erwarte für die nächsten Monate einen sich beschleunigenden Abschwung. Die Zahlen werden deutlich schlechter ausfallen. Die Konsensschätzungen gehen schon in diese Richtung und fast alles andere wird folgen. Die Industrieproduktion ist immer noch erhöht, aber die Verkäufe im Einzelhandel sinken. Die Zahlen für Löhne und Gehälter sind verhalten, wenn man die Effekte des Census Hiring herausrechnet. Diese Arbeitsmarktzahlen werden in den kommenden ein, zwei Monaten sinken, was dann ein wichtiger Indikator auf einen erneuten wirtschaftlichen Abschwung ist.

Wir werden noch sehen, wie sich das alles entwickelt, aber wir stehen hier an einem Wendepunkt. All das passiert gerade jetzt. Ende Juli hatten wir eine Schätzung für das BIP des 2. Quartals, in der das Wachstum auf Jahresbasis um 2,4% sank. Die frühen BIP-Schätzungen sind wirklich sehr grob geschätzt, so dass man gar nicht weiß, ob am Ende eine positive oder negative Zahl stehen wird. Man hat eine Fehlerspanne von plus/minus 3% bei den frühen Schätzungen. Zufälligerweise entspricht das auch ungefähr dem durchschnittlichen Wachstum.

Nichtsdestotrotz, denke ich, dass wir im Vergleich zum vorhergehenden Quartal ein sinkendes BIP für das dritte Quartal sehen werden. Da ein großer Teil des BIP der ersten Hälfte auf Lageraufbau zurückzuführen ist, sind jetzt die Bedingungen für einen erneuten Abschwung gegeben. Aber dann wird relativer Konsens herrschen, dass wir uns in einer Double-Dip-Rezession befinden. Die Mainstream-Presse wird es als einen double dip beschreiben, aber es hat nie eine Erholung stattgefunden.

In Wirklichkeit handelt es sich um einen sehr langwierigen, sehr tiefen Abschwung, der folgendes Muster haben wird: schwerer Absturz, Bodenbildung, ein kleiner Rückstoß aufgrund der Stimuli und dann erneuter Abschwung. Ungefähr wie ein Skianfänger, der das erste Mal einen Sprung wagt. Er prescht den Hang hinunter, steigt in Luft und fängt an, wild zu herumzuwirbeln, weil er versucht zu verstehen, welches Ende seiner Ski nach oben zeigt. Dann legt er einen ziemlich schlimmen Purzelbaum hin. Wir fangen gerade an, in der Luft herumzuwirbeln.





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