Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Interview mit John Williams: "Auf dem Weg zum Abgrund"

24.08.2010  |  Redaktion
- Seite 4 -
The Gold Report: Und das gesamte Bargeld, das in den Vereinigten Staaten umherläuft, bildet ja nicht einmal ab, was in Wirklichkeit auf elektronischem Weg hin und her geht. Wenn man seine Bankkarte nicht mehr nutzen kann, wie zahlt man dann seinen Kaffee bei Starbucks? Und wie werden sich Unternehmen und Banken darauf einstellen?

John Williams: Ich kann mir nicht vorstellen, wie elektronische Zahlungen als Tausch-Äquivalent funktionieren können. Das wäre ein sehr ausgeklügeltes, kompliziertes System und die Bedürfnisse und Nöte werden unmittelbar sein. Wenn sich eine Hyperinflation durchsetzt, dann kann sie sich innerhalb von Wochen, Monaten voll entfalten. Man muss also fähig sein, alle Dinge schnell in den Griff zu bekommen. Offen gestanden denke ich, dass das System eher zusammenbrechen wird. Keine schöne Angelegenheit. Wie will eine kleine Firma ihre Güter an die Menschen bekommen? Es könnte Stromausfälle geben. Wer wird dafür sorgen, dass die Brennstoffe zu den Kraftwerken kommen?


The Gold Report: Und dass das Benzin an die Tankstellen kommt, für die Autos jener, die immer noch einen Job haben?

John Williams: Yup. Es wird sehr schwierig werden. Die Gesellschaft wird nicht mehr wie zuvor funktionieren. Die Menschen werden einen Weg finden, aber es wird eine Weile dauern, bis sich die Dinge stabilisieren.

In einer elektronischen Gesellschaft werden die Unternehmen kreatives Denken aufbieten müssen. Ich bin sicher, dass es Leute geben wird, die Wege und Möglichkeiten finden, wie man sich an diese Veränderungen anpassen kann, aber es wird ein verlustreicher und teurer Prozess sein, der die gewohnten Einnahmeflüsse mit Sicherheit schmälert - zumindest die inflationsbereinigten.


The Gold Report: Ich wage kaum noch, diese Frage zu stellen, aber wie werden die Aktienmärkte abschneiden, wenn das System zusammenbricht?

John Williams: Aktien neigen dazu, die Inflation widerzuspiegeln, da die Einnahmen und Gewinne in inflationierten Dollars gemacht werden. Wenn Sie sich die inflationsbereinigten Aktienpreise anschauen, so kann es einen Bärenmarkt wie auch einen Bullenmarkt geben. Aber es werden keine guten Zeiten für die Wirtschaft sein. Daher denke ich, dass wir inflationsbereinigt einen richtig schlechten Aktienmarkt haben werden. Ich würde nicht in US-Aktien investieren. Wenn die US-Märkte ernste Probleme haben, dann werden voraussichtlich auch die Aktienpreise im Rest der Welt fallen, dort wird man aber nicht diese Hyperinflation haben.


The Gold Report: Was wir uns in den Abgrund stürzen? Und wann?

John Williams: Ich denke, die Chancen sind extrem hoch, dass es innerhalb des nächsten Jahres zum Einbruch kommt. Ich würde jetzt sagen, all das ist noch sechs Monate bis ein Jahr entfernt. Wir bekommen gerade außergewöhnliche Proteste von anderen Zentralbanken zu spüren, die sich über die US-Finanzen, die Solvenz der USA und das Dollar-Risiko beschweren. Vor der aktuellen Krise hätte wohl kein anderer Zentralbanker solche Kommentare abgegeben. Wenn das System nun einbricht, werden alle erkennen, dass die USA den Weg der Dollarentwertung einschlägt.

Den USA wird auch keine andere Wahl bleiben. Ich würde fest damit rechnen, dass ausländische Besitzer von Staatsanleihen versuchen werden, ihre Papiere auf den Markt werfen. Wenn der Dollar dann einbricht, wird es dem Finanzministerium nicht mehr möglich sein, an das Kapital zu gelangen, das nun einmal an den offenen Märkten aufgenommen werden muss.

Die Fed wird einspringen, um die Situation zu retten; sie wird für das Finanzministerium zum Kreditgeber der letzten Instanz, und sie wird die Schulden des Finanzministeriums im wahrsten Sinne des Wortes monetisieren. Die Fed könnte zwar noch auf anderen Wegen versuchen, die Situation des Dollars zu beeinflussen - von einer Anhebung der Zinssätze bis hin zu direkten Interventionen, der plötzlichen Einführung von Währungskontrollen. Ich kann Ihnen nicht genau sagen, was da kommen wird. Aber es wird ein allgemeines Klima vorherrschen, dass wirklich für einen "perfect storm" für den US-Dollar sorgen wird. Ich mag den Begriff überhaupt nicht, aber hier passt er gut.

Ein intensiver Abverkauf des Dollars wird sich dabei besonders inflationär auswirken. Die Ölpreise werden aufgrund der Schwäche des Dollars in die Höhe schnellen. Das Öl ist der Schlüsselrohstoff, der die Inflation der Verbraucherpreise antreibt; auf diese Weise kann es Inflation in einer Rezession geben. Allgemein wird immer gedacht, wenn eine hohe Nachfrage auf ein begrenztes Angebot trifft, entsteht Inflation, es kann aber auch Inflation aufgrund von verzerrten Rohstoffpreisen geben, was damals "73 der Fall war und was wir quasi das letzte Jahr über beobachten konnten.

Der größte Teil der jüngsten Volatilität im Verbraucherpreisindex geht auf Fluktuationen der Ölpreise zurück, welche direkt an den Wert des US-Dollars gebunden sind. Liquide US-Dollar-Anlagen in Höhe von ca. 7 Billionen $, die den US-Markt von außerhalb umgeben, könnten über Nacht abverkauft werden. Es wird wohl viel Druck geben, dass all diese Liquidität wieder in unserem System akzeptiert wird - und das wird stark inflationäre Auswirkungen haben. Die Optionen der Fed werden sehr begrenzt sein, aber ich gehe wieder davon aus, dass sie erneut versuchen werden, die systemische Solvenz aufrechtzuerhalten.

Am Ende werden wir schließlich die Situation haben, dass sich der Dollar unter heftigem Verkaufsdruck befindet. Angesichts der deutlich steigenden Preise für Benzin und Heizöl wird das inflationsbereinigte Einkommen der Leute immer knapper. Die monetäre Inflation wird sich auf dem Weg der direkten Monetisierung der Staatsschulden breit machen. Wie ich schon zuvor erklärt hatte, hängen die hypothekarisch gesicherten Wertpapiere, die aus den Bilanzen der Banken genommen wurden, jetzt quasi als Überschussreserven bei der Fed. Bisher hatte das keine inflationäre Wirkung, denn sie gingen nicht in das Geldangebot ein.


The Gold Report: Wir werden wir all das bewältigen, John?

John Williams: Auch wenn es keine Lösung für das System geben sollte - und ich sehe gerade keine, ich denke, es muss sich einfach auslaufen - so gibt es immer noch einen positiven Aspekt. Wir als Individuen haben immer schon Mittel und Weg gefunden, uns, unsere Familien, unsere Freunde, unsere Geschäfte, was immer uns auch wichtig ist, zu verteidigen. Und dazu müssen wir den Wert unseres Vermögens und unserer Anlagen bewahren, um den Sturm durchstehen zu können. So schrecklich er auch sein mag, er wird zu Ende gehen. Die Zeit wird kommen, in der sich die Dinge selbst korrigieren und die Menschen, die ihn überleben konnten, werden zu außergewöhnlichen Dingen fähig sein.





Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"