Interview mit Doug Casey: Gold, Inflation und Ausnahmeaktien

The Gold Report: Und an welchem Punkt bricht die Situation um und gleitet ab, so wie in Zimbabwe oder der Weimarer Republik?

Doug Casey: Momentan befinden wir uns in der ökonomischen Dämmerung, oder wenn Sie so wollen, im Auge des Wirbelsturmes. In der Wirtschaft gibt es scheinbar Stabilität. Der Aktienmarkt steht hoch. Der Rentenmarkt steht hoch. Nur der Immobiliensektor steckt in fürchterlichen Schwierigkeiten. Die Einzelhandelspreise sind ausgeglichen, sie steigen nicht und einigen Fällen sinken sie vielleicht sogar. Diese Situation ist eine vorübergehende. Es ist unvermeidlich, dass wir schon recht bald die andere Seite des Sturms zu spüren bekommen. Irgendwann werden dann diese Billionen staatlich geschöpfter Dollars ihre Wirkung zeigen - und auf dieser Welt gibt es noch viele andere Staaten, die Billionen neuer Währungseinheiten geschöpft haben. Wann das sein wird? Der genaue Zeitpunkt ist unsicher. Aber ich denke, schon bald.


The Gold Report: Wird es schnell gehen?

Doug Casey: Liesen sich solche Dinge präzise bestimmen, könnte man ihnen viel einfacher aus dem Weg gehen. Eine solche Zeit hat es in der Geschichte der Weltwirtschaft so gut wie noch nie gegeben; und ich denke, wir werden nicht nur wirtschaftliche Konsequenzen haben, sondern auch soziale und politische und sehr wahrscheinlich auch militärische Konsequenzen. Also halten Sie sich fest.


The Gold Report: Um sein persönliches Vermögen zu schützen, empfahlen Sie, Immobilien zu verkaufen und zur Miete zu wohnen, Vermögensanlagen außerhalb der USA zu halten, Gold zu besitzen etc. Wenn wir nicht mehr im Auge des Sturms sind, sondern inmitten des wirtschaftlichen Hurrikans stecken, welche Investments sollten man dann halten?

Doug Casey: Jetzt ist gerade eine ganz schlechte Zeit, Aktien zu besitzen; Aktien sind allgemein sehr überteuert - das zeigen fast alle Kenngrößen und Indikatoren. Ich werde mein Gold wohl solange nicht verkaufen, bis ich davon eine solide große Aktie kaufen kann, deren Effektivrendite im Bereich von 8% bis 10% liegt. Aber vorerst wird man die aktuellen Dividenden erst einmal senken. Auch wenn Gold nicht mehr das Schnäppchen ist, das es vor 10 Jahren einmal war, so wird Gold nichtsdestotrotz weiter steigen. Die Aktien werden fallen.

Ich weiß auch noch nicht, wann genau ich mein Gold verkaufe und dafür Aktien kaufe, aber das wird dann passieren, wenn es beim Gold eine Kaufpanik gibt und Aktien Schnäppchen sind. Ich bin mir sicher, dass ich zu dieser Zeit Angst davor haben werde, dieses Geschäft durchzuziehen - aber die guten Geschäfte laufen fast immer den Emotionen entgegen. Der entscheidende Hinweis wird möglicherweise aus der Newsweek oder der Times stammen - sollten die dann noch existieren. Dann nämlich, wenn auf dem Titelblatt ein goldener Bär erscheint, der die New York Stock Exchange niederreißt.

Ich denke, es wird wohl noch eine Generation dauern, bis amerikanische Immobilien wieder eine solide Kaufgelegenheit sind. Und die Welt wird dann im Großen und Ganzen einen recht anderen Charakter haben.


The Gold Report: Ich stimme Ihnen zu, was die Situation am Aktienmarkt allgemein angeht, aber nehmen Sie dann auch Abstand von Goldaktien? Oder sehen Sie hier vielleicht sogar Chancen?

Doug Casey: Für sie herrschen ganz besondere Umstände - auf der einen Seite sind sie eine gute Wette auf Gold, auf der anderen sind sie eben Aktien. Die Chancen stehen exzellent, dass der Staat mit den Billionen neu geschöpfter Währungseinheiten unweigerlich auch andere Bubbles aufblähen wird. Die Chance stehen sehr gut, dass es beim Gold eine Bubble und bei den Goldaktien eine sehr große Bubble geben wird. Ich würde also sagen, Goldaktien stellen eine Ausnahme unter den anderen Aktien dar. Es könnte passieren, dass diese Juniors um ein Vielfaches ansteigen, während die meisten anderen Aktien fallen.

Historisch betrachtet sind Junior-Aktien im Ressourcen-Bereich die volatilste Aktienklasse.


The Gold Report: Könnte es noch andere Sektoren geben, die sich in derselben Situation befinden?

Doug Casey: Meine Kristallkugel ist trübe, aber mir scheint, dass Junior-Aktien im Ressourcen-Bereich der besten Ort für spekulative Geschäfte am Aktienmarkt sind. Es könnte sicherlich auch andere geben, aber für mich sind sie jetzt noch nicht klar erkenntlich. Ich warte da noch auf etwas Handfestes. Man muss sich alle möglichen Märkte auf der ganzen Welt anschauen, um Dinge zu finden, die überteuert sind aber auch Dinge, die zu billig sind.

Die meiste Zeit über ist der Trend an jedem dieser Märkt unklar. Ich greife lieber erst dann zu - und das ist meine subjektive Meinung - wenn die Chancen sehr deutlich zu meinen Gunsten stehen und wenn der potentielle Gewinn ein Vielfaches meiner Investition beträgt. Anders ausgedrückt: Die meisten Menschen investieren 100 % ihres Kapitals in der Hoffung auf 10% Gewinn. Ich warte lieber, bis ich 10% meines Kapitals mit 100% Gewinn anlegen kann.

Und was die Entwicklung in den kommenden Jahren angeht, so bin ich recht überzeugt, dass wir den Weg zur Greater Depression ernsthaft beschritten haben. Der Lebensstandard der meisten Leute wird über längere Zeit hinweg deutlich sinken. Es bestehen aber auch, wie ich schon sagte, exzellente Aussichten auf eine Bubble-Bildung bei Aktien im Ressourcen-Bereich. Und diese Bubble wird auf der Bubble aufbauen, die es beim Gold geben wird.

Hohe Inflationsraten machen "das Investieren" im strengen Graham-Dodd-Sinn sehr schwer. Und Inflation macht Spekulation nahezu notwendig. Man darf Spekulation nicht mit Glücksspiel verwechseln - das sind sehr unterschiedliche Dinge. Spekulation ist die Kunst, von politisch geschaffenen Marktverzerrungen zu profitieren.