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Weltkrieg der Währungen

16.10.2010  |  Redaktion
Währungen sterben langsam. Selten gehen sie mit jenem hyperinflationären Todesschrei von uns wie 1923 die Mark des Deutschen Reichs. In unserer Zeit ist es der amerikanische Dollar, der ums Überleben kämpft. Sein Dahinscheiden vollzieht sich fast unmerklich. Der Greenback, über Generationen Inbegriff von Einfluss und Wohlstand, verabschiedet sich durch die Hintertür der Geschichte.

Amerika wird noch auf zwei oder drei Jahrzehnte die größte Wirtschaftsmacht der Welt sein, doch seine Währung ist krank. Als Todesursache wird man dereinst eine Überdosis an Schulden vermerken: 14 Billionen Dollar hat sich allein der amerikanische Staat aufgebürdet, dazu kommen Verbindlichkeiten der Sozialkassen, der Unternehmen, der Privaten, die sich konservativen Berechnungen zufolge auf weitere 50 Billionen Dollar summieren. Insgesamt türmen sich die Schulden der USA auf das Vierfache ihrer Wirtschaftskraft. Amerikas Sucht nach Kredit macht den Greenback von Jahr zu Jahr kränker, schwächer, hinfälliger.

Eine Banknote ist nichts anderes als ein Schuldschein, und immer mehr Menschen auf der Welt zweifeln daran, dass Amerika sein Versprechen wird einlösen können, das viele geborgte Geld zurückzuzahlen. Die Devisenmärkte reagieren unmittelbarer als die schwerfälligen Ratingagenturen, die für die Kreditwürdigkeit eines Staates Noten vergeben - und sich dafür von dem Benoteten bezahlen lassen. Während Amerika weiter mit dem Spitzenrating »AAA« protzen kann, sprechen die Devisenmärkte eine andere, unverblümte Sprache. Der Wechselkurs des Dollar weist allen kleinen Gegenbewegungen zum Trotz nach unten.

Noch wirken die Wertverluste zu anderen Währungen nicht spektakulär. Zum Euro hat sich der Dollar seit dem Jahr 2000 um rund ein Drittel abgeschwächt, zum Schweizer Franken um mehr als 40 Prozent. Sogar zum Yen des überalterten und sklerotischen Japan beträgt das Minus fast ein Fünftel. Diese Entwicklung hat nichts mit einer etwaigen Stärke der anderen zu tun. Auch die übrigen Währungen leiden unter der exzessiven Kreditaufnahme ihrer Regierungen, auch die übrigen Währungen werden durch die Überdosis an Schulden vergiftet. Das »Griechenland-Drama« und der über Irland oder Portugal kreisende Pleitegeier gemahnen die Europäer daran, dass auch der Euro sterblich ist.

Keine Währung jedoch ist so angeschlagen wie der Dollar. Wie ernst es um den Greenback steht, offenbart der Goldpreis. In Unzen des Edelmetalls gemessen, hat der Dollar in der zurückliegenden Dekade etwa 80 Prozent seines Wertes eingebüßt. Der traditionellen Währung Gold fliegt das Vertrauen der Anleger zu. Münzen und Barren aus Edelmetall wird zugetraut, Werte zu erhalten, Sicherheit zu bieten, überall akzeptiert zu sein - Eigenschaften, auf die der Greenback noch vor nicht allzu langer Zeit das Monopol zu haben schien. Das gelbe Metall wird zum Anti-Dollar und damit zur Nemesis Amerikas.

Bis 1971 bildeten Gold und Dollar eine Einheit. Der Greenback war stark, weil er sicher auf den Edelmetall-Massen in Fort Knox ruhte. Dann löste Richard Nixon diese Bindung mit einem Federstrich auf. Die Amerikaner lernten, die unerträgliche Leichtigkeit des Papier-Dollar zu lieben. Mehr als das: Nixon und seine Nachfolger entdeckten, wie gut sich eine Leitwährung als Machtmittel einsetzen ließ: Amerika überflutete die Welt mit Schuldscheinen - und schuf so geopolitische Abhängigkeiten. Der Dollar wurde zur entscheidenden Division des Washingtoner Machtapparats im weltweiten Kampf um ökonomische Dominanz. Nun kehren sich die globalen Abhängigkeitsverhältnisse um.

Die Entscheidungen über das Wohlergehen des Dollar fallen längst nicht mehr in Washington allein. Eingeweihte blicken nach Peking: China hat die amerikanische Währung in den vergangenen Jahren wie kein anderes Land gestützt. Unentwegt kaufte das aufstrebende Reich der Mitte Dollars und Dollar-Papiere. Die Supermacht des Kommunismus hilft der Supermacht des Konsumismus. So konnte sich der Greenback über Wasser halten. Bisher. Äußerlich betrachtet ist die Volksrepublik ein Schwellenland, das seine Währung eng an die globale Leitwährung Dollar gebunden hat.

Äußerlich betrachtet will Peking damit Handel und Geldwert des Yuan stabilisieren. Äußerlich betrachtet befinden sich die amerikanische und die chinesische Ökonomie in einem Prozess der »Superfusion« zum Vorteil beider. Doch wer unter die Oberfläche blickt, erkennt: Die Dollarbindung des Yuan ist alles, nur kein Zeichen echter freundschaftlicher Verbundenheit.

Die Konsumenten in Los Angeles, Chicago und New York mögen sich über die billigen Produkte »made in China« freuen. Weit mehr noch aber freuen sich die kommunistischen Machthaber in Peking. Die Währungsehe zwischen Yuan und Dollar könnte sich für Amerika als Umarmung des Todes erweisen. Nie war eine Großmacht finanziell stärker von einer anderen Großmacht abhängig als heute die Vereinigten Staaten von China.




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