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QE2

10.10.2010  |  Klaus Singer
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1. Die Liquiditätsflut bisher hat es nicht vermocht, die Realwirtschaft wieder auf Kurs zu bringen. Sie wird es auch dieses Mal nicht schaffen. Es stimmt, was Joseph Stiglitz sagt: Die lose Geldpolitik der Fed und der EZB treibt die Welt ins Chaos. Sie dient den Banken lediglich zur Bilanzreparatur und der Jagd nach (noch) mehr Profit. Sie bringt Instabilität in die Währungsmärkte, genau das, was weltweite operierende Unternehmen nicht brauchen können.

2. Wie Gavyn Davies richtig schreibt, treibt eine neue QE-Runde in den USA Kapital in die Emerging Markets (siehe den fallenden Dollar). Diese müssten zum Schutz ihres Exports mit dem Verkauf der eigenen Währungen reagieren. Zwar könnten diese Effekte durch gleichzeitigen Verkauf heimischer TBills sterilisiert werden, das verhindere aber nicht, dass die Liquidität in den jeweiligen Finanzsektoren wachse. Das treibe die Asset-Preise hoch, führe zu einer Blase.

3. Das wiederum heizt die Spekulationen eines beschleunigten Wirtschaftsaufschwungs in den Emerging Markets weiter an. Das treibt auch die Rohstoffpreise weiter hoch und kann deflationäre Effekte in den USA (und anderswo) zeitweilig konterkarrieren. Allerdings ist eine solchermaßen getriebener Verbraucherpreis „ungesund“ (siehe Chart!). Da die Unternehmen wegen der (u.a. durch hohe Arbeitslosigkeit und hohe Schuldenquote) schwachen kaufkräftigen Nachfrage auf den Endmärkten über geringe Marktmacht verfügen, kommen ihre Gewinne durch die steigenden Kosten unter Druck, was in der Folge auf die Kurse drückt (cetteri paribus).

4. Zeitweilig können die solchermaßen ausgelösten Inflations-Erwartungen Asset-Preise (Aktien) aber stützen. Die umgekehrte Logik der "modernen" Volkswirtschaft im Spät-Finanzkapitalismus verweist gerne darauf, dass steigende Asset-Preise über Wohlstandseffekt, leichteren Zugang zu Krediten und bessere Stimmungswerte zu volkswirtschaftlichem Wachstum führt. Sehr wahrscheinlich stecken auch solche Überlegungen hinter der etwas kryptischen Bemerkung im Kommunique der jüngsten FOMC-Sitzung. Dort hatte es seinerzeit geheißen: "Man halte sich Maßnahmen offen, um die derzeit gedämpfte Inflationsentwicklung wieder auf ein höheres Niveau zu bringen, das besser für Preisstabilität und Vollbeschäftigung sei".

5. RGE (Roubini) weisen auf die Möglichkeit hin, dass mit "QE2" eine Phase beginnt, in der "Hoffnung" über "Analyse" gestellt wird und die Skalen von "Angst" auf "Gier" verstellt werden. "QE2" sei aber unter den gegenwärtigen Umständen kein All-Heil-Mittel, sondern lediglich ein Palliativ.

Zu den Märkten: Ich hatte zuletzt an dieser Stelle damit gerechnet, dass die Aktienmärkte mit dem Beginn des Oktober eine konsolidierende Pause einlegen. Sie fiel jedoch extrem kurz aus. Denn schon am Montag drehte der S&P 500 kurz über der Nackenlinie einer vermuteten inversen SKS-Formation bei 1.130 wieder ab und schoss am Dienstag über den Widerstand bei 1.150. Aktuell sieht es danach aus, als würden die schwachen Arbeitsmarktdaten per QE-Hoffnung in steigende Kurse umgesetzt.

Einige wichtige technische Markt-Merkmale zeigen Ähnlichkeit mit der Situation Ende März 2010, wie auch mit der von Anfang April 2009. Die VIX-Auswertung zeigt solide "Greed" (siehe Chart!), die Volumenverteilung befindet sich in fortgeschrittener Akkumulation (siehe Chart!). Die Auswertung viel beachteter technischer Indikatoren unterstreicht einen bullischen Zustand (siehe Chart!).

Wenn die SKS-Formation im S&P 500 "zieht", ergibt sich daraus ein Kurspotenzial bis rund 1.240, das Jahreshoch liegt gegenwärtig bei knapp 1.220 (siehe Chart!). Beim NDX lässt sich eine ähnliche Konstellation hineinsehen mit Potenzial bis über 2100 (siehe Chart!), kurzfristiger Widerstand bei 2024. Die hier vor einiger Zeit angesprochene Formation "Aufwärtsdreieck" (Artikel vom 9. Sep 2010) findet sich z.B. auch im DAX (siehe Chart!). Wird der Pegel 6.350 gebrochen, kann das ein Potenzial bis rund 7.000 Punkte auslösen.

Die Bullen setzen auf genau diese Szenarien - und auf "QE2". Dumm nur, dass die nächste FOMC-Sitzung erst in den ersten Novembertagen stattfindet. Vielleicht heißt es jetzt: "Buy the rumors." Und dann: "Sell the facts."

Denken Sie angesichts der sehr weit gelaufenen Rohstoffe und insbesondere Edelmetalle auch mal an eine Asset-Rotation: Raus aus den einen, rein in die anderen (Aktien).

Ein kleines "Schmankerl" zum Schluss: Wen Jiabao, der chinesische Ministerpräsident, sagt zum Druck auf China, die eigene Währung abzuwerten: "Do not work to pressurise us on the renminbi rate... Many of our exporting companies would have to close down, migrant workers would have to return to their villages. If China saw social and economic turbulence, then it would be a disaster for the world."

Erwähnte Charts können über diesen Link eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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