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Anlagestrategie und -taktik mit Gold und Silber

17.10.2010  |  Manfred Gburek
Ende August und Anfang September schrieb ich Ihnen hier eindringlich zwei Mal hintereinander: "Der nächste große Preissprung der Edelmetalle steht unmittelbar bevor." Das ist inzwischen ansatzweise geschehen. Falls Sie sich jetzt fragen, warum erst ansatzweise, will ich Ihnen die Antwort nicht schuldig bleiben. Sie geht von zwei Überlegungen aus:
  • 1. Eine solche Hausse wie die von Gold und Silber im September und im bisherigen Oktoberverlauf endet nicht abrupt, nur weil zwischendurch Gewinnmitnahmen stattfinden, wie zuletzt wieder am Freitag. Besonders der 30-Tage-Goldchart zeigt, dass die Hausse wie am Schnürchen verläuft: Eine aufwärts gerichtete Gerade, deren Anstieg etwas steiler ist als der in den Monaten zuvor. Mündet die Entwicklung - wie oft in den vergangenen Jahrzehnten an verschiedenen Märkten geschehen, etwa bei den Edelmetallen in den 70er oder bei Aktien in den 80er und 90er Jahren - nach einem langjährigen Aufwärtstrend in einen immer steileren Anstieg, kommt es nach den bisherigen Erfahrungen erst im Gefolge eines fast senkrechten Ausbruchs nach oben zu einer kräftigen Gegenbewegung.

  • 2. Abweichend von diesem häufigen Schema, das darauf beruht, dass immer mehr Anleger, Spekulanten und Spieler an der Hausse teilnehmen wollen und dass deren Gier immer größer wird, gibt es allerdings noch ein anderes: Ein unerwartetes, für die weitere Entwicklung nachteiliges Ereignis kann ebenfalls eine kräftige Gegenbewegung auslösen. Das konnte man zuletzt im Zuge der Lehman-Pleite besonders gut verfolgen; und früher war es der Crash vom 19. Oktober 1987, der die 1982 eingeleitete Hausse an den Aktienmärkten abrupt zum Stillstand brachte, wenngleich nur für kurze Zeit.

Die hier angestellte zweite Überlegung ist eher für den Hinterkopf gedacht. Sie in Gedankenspiele einzubeziehen, wie es mit Gold und Silber weiter gehen könnte, ergibt keinen Sinn, weil ein unerwartetes Ereignis nun mal über jegliche Vorstellungskraft hinausgeht. Also kommen wir auf die erste Überlegung zurück. Dazu sollte man sich einprägen, dass die Angabe genauer Preisziele nicht möglich ist. Das ergibt sich schlüssig daraus, dass zum einen die Zahl der Spieler (die treibende Kraft, kurz bevor die Gegenbewegung einsetzt) nahezu ins Unendliche wachsen kann, sodass bei einer Million oder bei zehn Millionen noch nicht Schluss zu sein braucht. Und zum anderen ist die Gier der Spieler überhaupt nicht messbar, wie der irrwitzige Anstieg des Gold- und Silberpreises an nur wenigen Tagen im Januar 1980 und der Kurse am Neuen Markt in den ersten Monaten des Jahres 2000 gezeigt hat.

Um eine gedankliche Grundlage für die nächsten Wochen und Monte an den Edelmetallmärkten zu bekommen, muss man einige tiefer gehende Überlegungen anstellen. Hier folgt eine Auswahl:
  • 1. Die Preise von Gold und Silber sind zuletzt zwar in Dollar kräftig gestiegen, aber viel weniger bis gar nicht in Euro. Das sollte Sie - falls Sie sich mit beiden Edelmetallen in physischer Form (Anlagemünzen und Barren) eingedeckt haben, um auf ganz harte Zeiten vorbereitet zu sein - indes nicht allzu sehr stören. Denn solche Zeiten könnten noch einige Jahre auf sich warten lassen, und am Ende werden Euro und Dollar als sog. Papierwährungen, gemessen am Gold und am Silber, kräftig verloren haben.

  • 2. Die kurzfristige Spekulation mit physischem Gold und Silber verbietet sich von selbst, weil es Spreads zwischen Kauf- und Verkaufspreisen gibt und weil beim Silber zusätzlich die Mehrwertsteuer anfällt. Das haben die Banken natürlich längst erkannt und bieten Ihnen alle erdenklichen Surrogate an, von kunstvoll gestrickten Abzocker-Zertifikaten bis zu Contracts for Difference (CFD). Wer Trading mag (in Werbespots von n-tv einer der am häufigsten gebrauchten Begriffe), darf sich dann um Kopf und Kragen spekulieren.

  • 3. Wer es physisch mag, aber die Nebenkosten für die Aufbewahrung scheut, greift zu Fonds wie SPDR (dem größten seiner Art), die versprechen, dass sie Edelmetalle irgendwo lagern. Aus Anlegersicht betrachtet, handelt es sich wohl eher um eine Spekulation auf mittlere Sicht als um die ultimative Vorsorge für den unter 1. genannten Fall, wenn alles drunter und drüber geht. Also nicht Fisch (Schutz vor Euro- und Dollar-Verfall) und nicht Fleisch (schnelles Trading).

  • 4. Fonds, die überwiegend oder ausschließlich in Edelmetallaktien investieren, bilden eine heterogene Gruppe für sich. Heterogen, weil sie verschiedene Anlageschwerpunkte haben und von ganz unterschiedlichen Managertypen verwaltet werden. Anleger, die solche Fonds kaufen, müssen folglich neben dem Wissen um die Anlageschwerpunkte eines Fonds (die zum Teil als geheime Verschlusssache behandelt werden) auch noch Vertrauen in einen Manager mitbringen, den sie in der Regel nicht kennen. Das ist alles in allem ziemlich viel verlangt, zumal die Gefahr besteht, dass viele prozyklische Anleger bei niedrigen Kursen der Edelmetallaktien und damit niedrigen Preisen der Fonds viel Geld aus diesen abziehen und bei hohen Kursen bzw. Preisen viel Geld in sie investieren. Die Folge kann dann sein, dass die Fondspreise wild schwanken und ihrer Funktion als Instrumente zur Risikostreuung alles andere als gerecht werden.

  • 5. Die Kurse von Edelmetallaktien können, müssen aufgrund der gerade angestellten Überlegungen aber nicht zwangsläufig stärker schwanken als die Fondspreise. Es kommt halt darauf an, um welche Aktien es sich handelt. Die der führenden Goldkonzerne - Barrick, Newmont, Goldcorp, Kinross, Anglogold, Gold Fields - können als vergleichsweise stetig bezeichnet werden. Das lässt sich von den Kursen einiger führender Silberaktien - Pan American, Fresnillo, Silver Wheaton, Silver Standard - nicht gerade behaupten. Sie schwanken zeitweise ebenso kräftig wie die der sog. Juniors (junge Minen) oder sogar der Explorationsaktien. Wer bei all diesen Aktien mitmischen will, muss gleich eine ganze Reihe von Faktoren berücksichtigen, wie Reserven und Ressourcen, Förderkosten, politische Stabilität der Länder, in denen sich die Lagerstätten befinden, die Hebelwirkung durch das Kosten/Preis-Verhältnis und durch die Währungsrelationen, die zum Beispiel bei Anglogold und Gold Fields erschwerend hinzukommen, solange Südafrikas Währung Rand stark im Vergleich zum Dollar ist.

Das abschließende Fazit lässt sich in einem einzigen langen Satz zusammenfassen: Gold und Silber in Form von Münzen und Barren weiter halten, die Kurse der Edelmetallaktien nach oben ausreizen, jedoch keine mehr hinzukaufen, auf alle anderen Varianten der Edelmetallanlage und -spekulation im Zweifel verzichten, aber den Edelmetallsektor weiter penibel verfolgen, weil er in den kommenden Jahren noch mehr als bisher die Funktion als Indikator für den unaufhaltsamen Schwund der Papierwährungen übernehmen wid.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).








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