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Hüten Sie sich vor der Geldillusion!

19.08.2012  |  Manfred Gburek
"Die Preise von Gold, Silber und den anderen Edelmetallen werden umso kräftiger in die Höhe schießen, je länger die bald einjährige Seitwärtsbewegung anhält." Das ist ein Zitat aus der Vorwoche, jetzt ohne den widersprüchlichen Zusatz "schon in Kürze". Ich bitte Sie, diesen technisch bedingten Lapsus zu entschuldigen, und möchte die Aussage, wie sie hier steht, nochmals bekräftigen. Oder charttechnisch formuliert: Die Preise der Edelmetalle bewegen sich auf dem Boden einer lang gestreckten Untertasse. Der Ausbruch aus so einer Formation nach oben gerät erfahrungsgemäß besonders heftig.

Dem könnten allerdings nicht nur Charttechniker entgegnen: Und was ist, wenn der Ausbruch nach unten statt nach oben erfolgt? So etwas kommt ja hin und wieder vor, etwa wenn ein Unternehmen überraschend schlechte Zahlen veröffentlicht und die Aktionäre panikartig Aktien verkaufen, wenn also die fundamentalen Daten schlechter als erwartet ausfallen. Auf Gold, Silber & Co. bezogen, würde das bedeuten, dass es sich aus fundamentaler Sicht um Waren handelt, die plötzlich niemand mehr haben will, weil das sogenannte Papiergeld (heute: elektronisches Geld) quasi über Nacht zu einem Hort der Stabilität geworden sei und weil hohe Schulden als Abbild des Papiergeldes mit einem Schlag der Vergangenheit angehörten. Wer daran glaubt, ist nicht mehr zu retten.

Man kann das Ganze auch so betrachten: Die Zentralbanken der Welt schöpfen wie von Sinnen unbegrenzt Geld aus dem Nichts, weshalb es auch "fiat money" heißt (lateinisch-englisch: es werde Geld). Damit nimmt dessen Wert im Vergleich zu nur begrenzt vorhandenen Edelmetallen, Rohstoffen, Immobilien, Ackerland, Kunstwerken, Antiquitäten, Benzin, Nahrungsmitteln usw. immer mehr ab. Der Vorgang vollzieht sich zwar mit Unterbrechungen, kurz- bis mittelfristigen Rückschlägen und in Schüben, aber der Trend bleibt bestehen. Oder umgekehrt: Der Wert der Edelmetalle, Rohstoffe usw. nimmt im Vergleich zum Wert des Geldes zu. Dieser Vorgang ist nicht mehr aufzuhalten, da kann parallel zur Geldschöpfung auch noch so viel Geld durch Abschreibungen in den Bankbilanzen und anderswo vernichtet werden.

Fatal daran ist, dass die meisten Menschen jetzt, im Jahr fünf der Finanz- und Wirtschaftskrise, immer noch der Geldillusion unterliegen. Darunter versteht man, grob formuliert, den Glauben an das Geld als Wert, als Tauschmittel und als Messlatte. Das zeigt sich ja darin, dass die Menschheit gewohnt ist, alle Sachwerte, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter in Euro, Dollar, Schweizer Franken oder irgendeiner anderen Währung zu messen. Dieser Glaube hält sich sogar noch in Zeiten mit hohen Inflationsraten, wie während der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts, und endet meistens schlagartig, wie zur Zeit der Hyperinflation in Deutschland 1923, zuletzt in Argentinien, Simbabwe u.a.

Damit drängt sich die Frage auf: Was passiert eigentlich, wenn die Geldillusion in der globalisierten, international verflochtenen Wirtschaft vor dem Hintergrund riesiger Schuldenberge der führenden Länder auf einmal aus dem Bewusstsein breiter Bevölkerungsschichten verschwindet? Die naheliegende Antwort: Panik bricht aus, und die Menschen beginnen alles zu horten, was ihnen einen Wert verspricht. So war es in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg bis zur Währungsreform 1948. Nur wird dieses Mal wegen der Globalisierung alles viel komplizierter sein.

In Deutschland wird man vielleicht dem Schweizer Franken unter der Matratze und dem eigenen Schrebergarten einen besonders hohen Wert beimessen, in Amerika einem Aktienportfolio und der kompletten Ausstattung zum Überleben in freier Natur. Eines wird indes für alle Länder gleich gelten: die hohe Wertschätzung des einzigen wirklich internationalen Geldes: Gold. Ob Silber sich dazugesellen kann, bleibt einstweilen offen. In der Zeit des Bimetallismus vom 17. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hatte Silber jedenfalls schon einmal die Geldfunktion.

Warum ich den hier angeschnittenen Themen heute recht viel Platz einräume, liegt nicht etwa daran, dass ich den großen Geld-Knall schon in den nächsten Tagen erwarte, sondern es liegt an der eingangs erwähnten charttechnischen Entwicklung der Edelmetallpreise in Form einer noch nicht ganz ausgeprägten Untertasse. Die erfordert nämlich von allen Anlegern, die auf Gold und Silber gesetzt haben und weiter setzen, viel Geduld. Zugegeben, wer auf dem Höhepunkt der Preise vor einem Jahr gekauft und dann nur noch zugesehen hat, ist heute frustriert. Besser dran sind alle, die ihre Bestände danach sukzessive aufgestockt haben. Die Frustrierten sollten es ihnen nachmachen und ihren Bestand an Gold- und Silbermünzen oder -barren bei zwischenzeitlichen Preisrückgängen aufstocken. Wer Kursschwankungen aushalten kann und - bei größeren Chancen - entsprechende Schwankungsrisiken in Kauf zu nehmen bereit ist, findet ein gutes Betätigungsfeld bei Edelmetallaktien aus den Indizes XAU und HUI (im Internet z.B. über kitco.com zu finden).

Sicher ist Ihnen aufgefallen, dass ich mich in letzter Zeit immer mehr mit Aktien generell beschäftigt habe. Das empfehle ich auch Ihnen, und sei es allein unter dem Aspekt Geduld (siehe oben). Auf den ersten Blick ist die Aktienwelt verwirrend. Es bedarf zunächst also großer Geduld, in sie einzutauchen. Vergessen Sie dabei die Dax-Interpretationen im Fernsehen und anderswo, denn sie bringen Sie keinen Schritt weiter. Nehmen Sie sich stattdessen lieber einzelne im Dax enthaltene Aktien vor, verfolgen Sie die Informationen der betreffenden Unternehmen und die Kursverläufe im Internet. Falls Sie mehr Zeit investieren können, dehnen Sie die Übung auf MDax-, SDax- und TecDax-Aktien aus.

Das alles ist zunächst eine einzige Geduldsprobe. Deshalb sollten Sie sich zur Motivation immer wieder klar machen, dass Aktien ein wichtiger Baustein zu Ihrer Vermögensbildung und Altersvorsorge sein können und - bei allen Kursschwankungen, die für sie typisch sind - am Ende in Form von Dividenden und Kursgewinnen mehr Ertrag abwerfen als das sogenannte Papiergeld, etwa in Form von Anleihen. Übrigens spricht nichts dagegen, wenn Sie schon während der Gedulds- und damit Beobachtungsphase die eine oder andere Aktie aus den genannten Dax-Familien mit kleinem Einsatz kaufen. Hier gilt wie im ganzen Leben: Übung macht den Meister.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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