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Giftcocktail, Gold und Geldpolitik

31.10.2010  |  Manfred Gburek
Anmerkung in eigener Sache: Der Autor dieses Artikels, Manfred Gburek, ist Moderator auf der von uns organisierten "Internationalen Edelmetall- & Rohstoffmesse", die am 5. und 6. November 2010 in München stattfindet.

Nanu, was war das am Freitag bei den Edelmetallpreisen? Warum so schnell auf dem Weg zum nächsten Gipfel? Eigentlich habe ich Ihnen die wichtigsten Antworten darauf schon in meinen beiden vorangegangenen Kommentaren gegeben. Nun ist noch eine Antwort hinzugekommen: Die US-Notenbank Fed spielt alles oder nichts (ist weitgehend bekannt, hat sich aber noch nicht bei allen Marktteilnehmern herumgesprochen), und die Europäische Zentralbank wird ihr folgen (wird weitgehend ignoriert, ist unter Insidern aber längst beschlossene Sache).

Machen Sie sich also auf einige heiße Wochen gefasst. Das ist die Quintessenz meiner Recherchen aus den vergangenen Tagen. Denn falls nicht alles trügt, wird die Fed ihr aktuelles Programm zur weiteren Lockerung der Geldpolitik - es umfasst insgesamt 2 Billionen (Trillions) Dollar - möglichst schnell durchzuziehen versuchen; Details gibt es am 3. November. Danach werden die USA größere Geschütze als bisher gegen China auffahren, um die Aufwertung der chinesischen Währung Yuan/Renminbi zu forcieren. Und als wäre das immer noch nicht genug, bereiten die Geldspieler der Banken die nächste Blasenbildung vor. Zurzeit schwanken sie noch zwischen allen vorstellbaren Blasen. In einigen Monaten werden dafür dann wieder einmal die Anleihen auswählen, während sie sich an eine Aktien- oder Immobilienblase nicht recht herantrauen. Demgegenüber halten sie eine Edelmetallblase noch für verfrüht. Reloaded 2012 oder 2013, habe ich bei ihnen aufgeschnappt.

Das Ganze könnte man gelassen zur Kenntnis nehmen, gäbe es eine weltweite, sich selbst tragende Konjunktur mit der Abfolge Geld - Ware - Geld - wieder Ware usw. Gibt es aber nicht. Stattdessen: Geld - Spiel - mehr Geld - noch mehr Spiel usw. Das bedeutet: Banken, die mit Geld spielen - und sich das auch leisten können, was die Zahl der infrage kommenden Banken drastisch einschränkt -, üben eine unproduktive Tätigkeit aus, statt Unternehmen mit Krediten zu versorgen und dadurch die Konjunktur anzukurbeln. Zwischenfazit: Die jetzige Konjunktur, die deutsche inbegriffen, wird nicht von langer Dauer sein.

Das auch noch aus einem anderen Grund. Da ich mich seit Jahren - neben Edelmetallen und Wertpapieren - recht intensiv mit Immobilien beschäftige, ist mir aufgefallen, dass Banken in letzter Zeit ziemlich restriktiv sind, wenn es darum geht, Projektentwicklern Kredite zu gewähren. Die Finanzierung von Projekten, speziell beim Bau, bringt größere Risiken mit sich als etwa die Gewährung von Konsumenten- oder Dispokrediten. Man könnte sogar allgemein formulieren: Immer wenn Kreditrisiken drohen, kneifen die Banken.

Nun könnte man meinen, wegen der zurzeit geringen Zinsmargen sei das durchaus verständlich. Doch in erster Linie sind es nicht diese Margen, die Probleme bei der Kreditvergabe bereiten, sondern die vielen Leichen in den Kellern der Banken, sprich, deren extrem hoher Abschreibungsbedarf. Und der wiederum ist kaum in Zahlen zu fassen, weil er zu einem großen Teil auf toxischen Papieren beruht, also auf dem monetären Giftmüll, der uns schon die Krise von 2008 beschert hat. Hinzu kommen natürlich noch Problemkredite für Griechenland, Portugal, Irland und weitere Länder des Euro-Raums, für die am Ende auch Deutschland geradestehen wird. Alles in allem folglich ein ungenießbarer Cocktail. Ihn mit noch mehr Geld zu verdünnen und damit zu verlängern, entgiftet ihn längst noch nicht.

Die hier beschriebenen Probleme schreien geradezu nach einer Lösung. Da diese jedoch nicht absehbar ist, machen die Marktteilnehmer weiter wie bisher. Dazu gehört auch ihre in der abgelaufenen Woche wiedergewonnene Freude an den Edelmetallen. Ich kann Ihnen zwar nicht verraten, in welchem Rhythmus die Preise von Gold, Silber & Co. während der kommenden Monate - und Jahre - steigen werden. Aber dass sie weiter steigen werden, daran ist nach den jüngsten Erkenntnissen nicht mehr zu zweifeln.

Anlass genug, sich klar zu machen, was an einzelnen Edelmetallmärkten wirklich geschieht. Beispielsweise beim physischen Gold: Nach den gängigen Indikatoren müsste sein Preis eigentlich nochmals nach unten korrigieren, bevor er neue Höchststände erreicht. Doch er tut es nicht, weil kaum noch jemand verkaufen will. Beim physischen Silber sieht es noch extremer aus, wobei deutsche Edelmetallhändler schon vom Ansturm auf ihre Regale sprechen. Und während Platin vergleichsweise ruhig bleibt, zieht Palladium weiter seine von der Öffentlichkeit kaum beachteten Bahnen nach oben.

Hektischer geht es bei den Edelmetallaktien zu. Da es immer teurer wird, neue Lagerstätten zu erschließen, dürften die führenden Konzerne (Barrick, Newmont, Goldcorp, Anglogold, Gold Fields u.a.) zunehmend nach den nicht ganz so großen, aber mit reichlich Reserven und Ressourcen ausgestatteten Juniors greifen. Der Goldcorp-Andean-Deal war erst der Anfang, weitere Käufe werden folgen, wobei die Aktien der noch nicht übernommenen Juniors aus Anlegersicht in der Regel interessanter sind als die Konzernaktien. Dazu empfehle ich Ihnen, im Internet unter www.kitco.com die in einem unteren Feld aufgeführten Tagesfavoriten zu verfolgen. Das waren am vergangenen Freitag zum Beispiel Guyana Goldfields und NovaGold.

Wer sich auf das Terrain der Minenaktien wagt, muss allerdings starke Nerven mitbringen. Zwar ist ein Ausverkauf dieser Aktien wie im Herbst 2008 nicht ein weiteres Mal zu erwarten, aber 20 bis 30 Prozent Abwärtsreaktion nach hektischem Anstieg im laufenden Aufwärtstrend sind allemal drin. Entscheidend hierfür wird die Hebelwirkung sein, zu ermitteln aufgrund der Förderkosten im Vergleich zum Goldpreis (je höher die Kosten, desto größer der Hebel), außerdem natürlich die Lebensdauer der Minen (je länger, desto geringer der Hebel, jedoch nur bei niedrigen Förderkosten) und die Währungsrelation (betrifft vor allem die Südafrikaner, sobald der Rand im Vergleich zum Dollar für längere Zeit schwach bleibt).

Zu guter Letzt die Faustregel zu Edelmetallen und Minenaktien: Die einen deponiert man am besten an einem sicheren Ort und lässt sie dort bis auf Weiteres einfach liegen, die anderen sind dagegen auch für das Trading geeignet.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).








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