Silber-Alpha
11.11.2010 | Jim Willie CB
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Paradox der InelastizitätIn vielen der bekannten Märkte hemmt ein höherer Preis die Nachfrage, ein höherer Preis lässt aber auch das Neuangebot steigen. Das ist die normale Marktelastizität. Stellen Sie sich den Preis eines Beefsteaks vor, zum Beispiel zarte Lendenstücke, Porterhouse- oder T-Bone-Steaks oder das Beste vom Besten. Nehmen wir an, der Preis des Steaks steigt um 10%. Zwei Dinge würden im Steak-Markt passieren: Die Nachfrage würde zurückgehen, da die Verbraucher verstärkt zu Schwein, Hühnchen oder Fisch greifen würde oder einfach seltener Steak bestellen. Folglich würde weniger Steak gekauft werden. Auf der Angebotsseite haben die Viehzüchter einen größeren preislichen Anreiz, noch mehr Rinder aufzuziehen, was wahrscheinlich auch dazu führen wird, dass mehr Tiere geschlachtet werden. Mehr Steak würde auf den Markt kommen. Darum geht es bei Elastizität, ein direkter Markteinfluss vom Preis ausgehend.
Um tiefer ins Konzept der Elastizität einzudringen, fehlt noch ein feiner Punkt. Bei den großen Kämpfen um Marktanteile kann manchmal ein etwas niedrigerer Preis eines Lieferanten zu beeindruckenden Gewinnen führen. Nehmen wir an, Sony Ericsson würde sich entscheiden, seine Mobiltelefonpreise um 5% zu senken, um sich einen höheren Marktanteil zu erkämpfen. Die Gewinnspanne ist ausreichend, um ein solches taktisches Manöver zuzulassen, die Gewinnspanne würde nun um 5% sinken. Hierbei geht es nicht um Lockvogelangebote oder Dumpingtricks, um Marktanteile zu gewinnen. Man opfert einen Teil der Gewinne, um den anderen Mitbewerbern gleichzeitig Marktanteile zu entreißen, man testet, ob der Markt für Mobiltelefone elastisch ist. Sollten die Verkäufe um 5% steigen, dann meinen die Ökonomen, dieser Markt wäre stark elastisch. Die insgesamt steigenden Gesamteinnahmen gehen aus der nur leichten Preissenkung hervor, das heißt höherer Gewinn.
Die leistungsfähigsten Firmen können auf diese aggressive Taktik zurückgreifen, weil sie effizienter sind und höhere Gewinnrisiken eingehen können. Sollte der Markt für Mobiltelefone schon mit exzellenter Konkurrenz gefüllt sein, wo einige effiziente Firmen den Kampf unter sich ausmachen, dann könnte der 5%-Marketingplan Sony Ericssons nur zu einem 3%igen Anstieg der Verkaufzahlen führen. Die Elastizität läge dann bei 0,6 (unter 1,0) und wäre somit nicht unterstützenswert. Unter solchen Umständen würde der Gigant diese Aktion aussetzen. Es würde sich nicht lohnen. Der Preis würde wieder dorthin zurückgleiten, wo er zuvor war. Ein großer Hit wäre diese Aktion nun, wenn die Absätze vielleicht um 6% steigen würden. Das entspräche dann einer Elastizität von 1,2, die Aktion hätte sich sehr gelohnt.
Die Edelmetalle haben unelastische Märkte, eine bemerkenswerte Anomalie, hier wirkt der entgegengesetzte Effekt. Fällt der Goldpreis, schlafft die Nachfrage ab. 2001 erreichte die Goldnachfrage die tiefsten Stände der letzten 20 Jahre, zu einer Zeit, als auch der Goldpreis sein Tief erreichte. Steigt der Goldpreis, springt die Nachfrage nach oben. Man nennt das auch Goldfieber. Derselbe Effekt stellt sich auch beim Silber ein. Die Gold- und Silbernachfrage ist also unelastisch - ein kontraintuitiver Markt.
Der wirklich faszinierende Teil der Rechnung ist nun, dass auch das Goldangebot unelastisch ist - eine Behauptung, die 2005 im Hat Trick Letter aufgestellt und 2006 sowie 2007 wiederholt wurde. Wenn die Goldpreise steigen, sinkt hier das Angebot. Genaugenommen müsste man sagen, dass die Angebotselastizität mit geologischen und gesetzlichen Faktoren einhergeht, die das Angebot mit der Zeit sinken lassen. Im Verlauf der letzten Jahre ist der Goldpreis nun gestiegen. Im statistischen Jargon nennen wir das Störfaktor, einen Störeffekt - unmöglich abgrenzbar und messbar ohne statistischen Versuchsplan. Die Golderzlagerstätten liegen tiefer im Boden, in dünneren Adern mit niedrigeren Gehalten (hier Gramm pro Tonne).
Die Vielzahl von Nationalstaaten, auf deren Boden Bergbau betrieben wird, ist dahingehend extrem unterschiedlich eingestellt. Einige Staaten wie Indonesien verklagen Bergbaufirmen aufgrund der enormen Verschmutzung der Wassersysteme. Andere Staaten wie Usbekistan schrecken nicht vor Vertragsbruch zurück, um im Grunde Eigentumsrechte zu stehlen. Andere, wie Südafrika, brachten marxistische Nichtswisser dazu, das Stromnetz zu managen, was schlicht und einfach die Energieproduktion lähmte, die so dringend für die Bergbauarbeiten gebraucht wurde. Andere Staaten wie Mexiko stecken mitten im systemischen Scheitern, inmitten einer Gewaltexplosion, einer Schlacht mit den Drogenkartellen um die nationale Kontrolle. Andere Staaten wie die Mongolei haben sich wankelmütig gezeigt - dafür, dagegen - so dass die Bergbaufirmen nicht ausreichend Vertrauen aufbringen können, um große Summen zu investieren. Andere Staaten wie China und Russland haben wiederum ihre Türen für den Export geschlossen.
Das Analysebild ist sogar noch verflochtener. Gerade das Silberangebot ist stark in den wirtschaftlichen Ausblick und die wirtschaftlichen Folgewirkungen eingebunden. Silber ist ein wichtiges Nebenprodukt beim Abbau von Kupfer, Blei, Zinn und Zink. Erzlagerstätten, die Silber enthalten, enthalten zugleich auch Industriemetalle, die die Silbermengen um ein Vielfaches übersteigen. Wenn die Nachfrage nach diesen gebräuchlichen Industriemetallen zurückgeht (aufgrund einer Abkühlung der Weltwirtschaft), so kommt es zum einem Rückgang der Bergbauproduktion. Dann fällt gleichzeitig auch der Silberoutput. Auch wenn der Silberoutput beträchtlich ist, so macht er nur einen Bruchteil der geförderten wichtigen Industriemetalle aus. Er ist sozusagen nur der Schwanz am Industriemetallabbau-Hund.
Silberspezifische Fragen spielen für den überwiegenden Teil der Entscheidungen, die den Silberoutput beeinflussen, kaum eine Rolle. Kupfer, Blei, Zinn und Zink sind für die Entscheidungsprozesse der Unternehmen bestimmend, der Silberoutput folgt nur. Silber mag zwar zahlreichreiche wichtige und einzigartige Anwendungsbereiche in der Industrie haben, aber sein Nischenmarkt ist den großen Metallen unterworfen. Da die Weltwirtschaft seit 3 Jahren in einem Abkühlungsprozess steckt, ist nun auch der globale Silberoutput gesunken. Der gestiegene Silberpreis hat nicht dazu geführt, dass das Silberangebot aufgrund steigender Gewinnaussichten erhöht wurde. Silber wird stattdessen von der Nachfrage nach Industriemetallen beeinflusst.