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Schlimmer Plan, schlecht getarnt

15.11.2010  |  John Browne
Die US-Wirtschaft flaut ab und der internationale Einfluss der USA schwindet. Einer der wenigen Aktivposten, auf die sich die Vereinigten Staaten unter diesen Voraussetzungen noch berufen können, ist das Vertrauen, mit dem uns der Rest der Welt traditionell überschüttet hat. Dieses Vertrauen ist auch der Grund, warum der US-Dollar vor 65 Jahren in den Status der Weltreservewährung erhoben wurde.

Sicher ist man sehr auf Fremdwahrnehmung bedacht, doch die jüngsten Aussagen des US-Finanzministers Tim Geithner, mit denen er die Existenz einer Dollarentwertungsstrategie leugnet, sind geradewegs als töricht zu bezeichnen.

Geithner reagierte auf einen kritischen Kommentar des ehemaligen Chefs der US-Notenbank Alan Greenspan in der Financial Times und erklärte: "Wir werden niemals versuchen, unsere Währung abzuwerten, um uns somit Wettbewerbsvorteile zu verschaffen und Wirtschaftswachstum anzukurbeln." Stattdessen führte er die jüngste Dollarschwäche auf eine Umkehr von Kapitalflüssen zurück, die während der Finanzkrise geballt in den "Sicheren Hafen" strömten, aber jetzt mit zunehmender wirtschaftlicher Erholung abflauen würden.

Man muss die Welt schon peinlich genau durchkämmen, um ein Individuum zu finden, das Mr. Geithner in diesem Punkt zustimmen würde. Unzählige andere Aktionen zeigen jedoch ganz deutlich, dass die amtierende US-Regierung im schwachen Dollar ein Allheilmittel für unsere ökonomischen Probleme sieht. Die eklatante Fehlinformation, die der US-Finanzminister hier weiterleitet, kann nur dafür sorgen, dass die ohnehin schon starken Spannungen auf den G 20-Gipfel in Seoul weiter steigen.

Drüben bei der Federal Reserve spricht Chairman Bernanke nicht von Währungsentwertung. In den höchsten Tönen lobt er hingegen die Vorzüge von "Inflation auf ein Niveau bringen, das mit unserem Mandat konform geht". Er hofft, keiner werde verstehen, dass er nur unterschiedliche Adjektive für dieselbe Aktivität benutzt. Aber er macht keinem etwas vor, vielleicht mit Ausnahme der Redaktion der New York Times.

Da sich nun die Regierung und die Fed daran machen, die teure Glaubwürdigkeit für eine beabsichtigte Währungsentwertung zu opfern, könnte man nun annehmen, dass sich Amerika Vorteile von einem schwächeren Dollar erwarten dürfte. Doch leider gibt es die nicht.

Die Verfechter eines schwächeren Dollar verweisen auf zwei angebliche Vorteile, die eine fallende Währung mit sich bringt.

Erstens (und sehr naheliegend) behaupten die Befürworter, ein billiger Dollar würde die Preise von US-Exporten sinken lassen und diese wettbewerbsfähiger machen. Das ist teilweise korrekt. Zwar können Preissenkungen kurzfristig dazu beitragen, dass die Absätze steigen, doch die langfristigen Aussichten für den Verkäufer verbessern sich dadurch nicht automatisch.

Exporteure (aber auch alle anderen Unternehmen), die sich beim Absatz allein auf die preisliche Wettbewerbsfähigkeit konzentrieren, lassen andere essentielle Elemente des Marketingmix, wie zum Beispiel Innovation, Design, Qualität, Lieferung und Kundendienst, unbeachtet. Länder wie Deutschland und Japan konnten zum Beispiel Exportvolumen erreichen, die zu den weltweit höchsten zählen, ohne jedoch in erster Linie auf den Preisvorteil angewiesen zu sein.

Wie die Vergangenheit zeigt, führt eine Währungsentwertung mittel- bis langfristig zu steigenden Handelsdefiziten. Zudem wird eine Politik der Entwertung des US-Dollars, der immer noch die Weltreservewährung ist, aller Voraussicht nach ein Klima der gegenseitigen Währungsentwertung – einen Währungskrieg - auf internationaler Ebene auslösen, wobei jede Nation für den Schutz der eigenen Handelsbilanz kämpft. Gibt es keine Korrekturen, können solche Schlachten sehr leicht zu Handelskriegen ausarten, und diese enden wiederum sehr häufig in bewaffneten Auseinandersetzungen.

Für Washington gibt es aber ein zweites und zwingenderes Argument für eine Währungsentwertung: Ein sich entwertender Dollar würde gleichzeitig auch große Mengen Dollarschulden auslöschen. Es käme einer gewaltigen Subventionierung der Schuldner auf Kosten der Gläubiger gleich, und niemand hat mehr Schulden als der US-Staat.

Gemessen an einem Standardwährungskorb ist der US-Dollar im vergangenen Jahrzehnt um ca. 30% gefallen. Aber auch der reale Wert dieser Währungen ist im Sinken begriffen. Was ist also noch real? Höchstwahrscheinlich stellen die Edelmetallpreise (vielleicht mit einem gewissen Abschlag, um der Investorenspekulation Rechnung zu tragen) einen absoluten Maßstab dar. Silber stieg in den letzten 10 Monaten um ca. 56%. Der Goldpreis kletterte dieses Jahr bisher um 30%, und um 400% im vergangenen Jahrzehnt!

Gehen wir also von einer konservativen US-Dollarentwertung aus und rechnen, dass der Dollar im Verlauf der letzten 10 Jahre um 40% abgewertet hat: In den Dollars des Jahres 2001 gerechnet, läge unser aktuelles Staatsdefizit von 13,4 Billionen bei nur 8 Billionen $ -der Rest ist reine Inflation. Nach dieser Rechnung hätten die ungedeckten Verpflichtungen der USA in Höhe von 189 Billionen $ - für Sozialversicherung, Medicare, staatliche Renten etc. - vor 10 Jahren noch bei 113 Billionen $ gelegen!

Es leuchtet ein, dass die US-Regierung nichts an einer Entwertung der Währung auszusetzen hätte, was ist aber mit den Amerikanern? Die 40%ige Entwertung kommt einer Steuer in Höhe von 40% gleich, die jedem Dollarbesitzer, ob arm oder reich, auferlegt wird. Sie hat die Verbraucherausgaben gehemmt und nicht befeuert. Sie zwingt die Amerikaner, mit weniger auszukommen, minderwertigere Produkte zu kaufen und minderwertige Dienstleistungen in Kauf zu nehmen. Es ist manchmal nicht einfach, das Abebben des Lebensstandards zu erkennen, aber schauen Sie sich um und denken Sie darüber nach, ob Sie sich heute reicher fühlen als noch vor zehn Jahren.

Gerät die Dollarentwertung zu stark, droht die Regierung den Ast auf dem sie sitzt abzusägen - gemeint ist der Reservestatus des Dollars. Sollte das passieren, so würde mit Sicherheit eine globale Finanzkrise von erdrückender Heftigkeit ausbrechen, deren Auflösung nicht zum Vorteil der USA wäre.

Ob sie es nun öffentlich zugibt oder nicht - die US-Regierung verfolgt eine sehr risikoreiche Politik, für die aber am Ende des Tunnels keine Belohnung wartet. Dort wartet die schlechteste aller Welten. Kluge Investoren werden ihr Engagement bei US-Dollars und Schulden noch weiter zurückfahren und gleichzeitig Investitionen in Edelmetalle, Schlüsselrohstoffe, harte Währungen und die Märkte der Schwellenländer weiter aufstocken. Kluge Staaten machen das schon jetzt.


© John Browne
Senior Market Strategist

Der Artikel wurde am 12.11.10 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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