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Interview mit John Embry: Die Würfel sind schon längst gefallen

16.11.2010  |  Redaktion
Ganz gleich, wer nun im US-Kongress das Sagen hat, John Embry, Chefinvestmentstratege bei Sprott Asset Management, hegt wenig Hoffnung, dass auf kurze Sicht angenehme wirtschaftliche Entwicklungen zu erwarten sind. Wie er in diesem Exklusivinterview mit The Gold Report sagt: "Jetzt ist die Zeit der Konsequenzen" und "Möglichkeiten, in nächster Zeit noch einen angenehmen Ausgang zu erleben, gibt es schon lange nicht mehr." John Embrys Sicht auf die Aktienmärkte fällt ebenso düster aus, denn er prognostiziert, dass die USA tiefer in die quantitativen Lockerungen abrutschen, da man das Unvermeidliche hinauszögern möchte und damit vielleicht alles noch schlimmer macht. Eine Ausnahme, zumindest auf absehbare Zeit, könnten seiner Meinung die Goldaktien sein, von denen er sagt, sie seien " im Vergleich zum Goldpreis selten so billig gewesen".


The Gold Report: Als wir das letzte Mal miteinander sprachen, sagten Sie, sie wären bei den Edelmetallen long - und short beim Immobilien- und Bankensektor etc., da sich Ihr eigener Standpunkt immer weiter verfestigen würde. Sie sagten damals: "Jeder erzählt uns, alles wäre ganz in Ordnung, die Wirtschaft werde zum Normalzustand zurückkehren, das Wachstum wieder einsetzen" - eine Annahme, die sie "grundfalsch" nannten. Wenn diese Annahme nun grundfalsch ist, warum steigen dann die Aktienmärkte im Allgemeinen? Und was können wir in Zukunft noch von den Aktienmärkten und von den Goldmärkten erwarten?

John Embry: Meiner Meinung nach spiegeln die Aktienmärkte die enorme Liquidität wieder, mit denen die Märkte geflutet wurden, gerade in den USA. Es steht außer Frage, dass die permanenten Offenmarktinterventionen stetig weitergeführt werden - Goldman Sachs hat beispielsweise schon die Tage herausgefunden, an denen diese durchgeführt werden und auch Aktienkaufempfehlungen für jene Tage ausgegeben - und das beeinflusst die Märkte mehr als kräftig. Darin spiegelt sich jedoch in keinster Weise ein wirtschaftlicher Zustand wider.

Wir machen uns große Sorgen, was mit den Aktien passieren könnte, weil wir nach wie vor davon ausgehen, dass sich unsere Sicht des wirtschaftlichen Zustands bewahrheiten wird und dass die US-Wirtschaft über keinen wirklichen Vorwärtsschub verfügt. Ich glaube nicht, dass Aktien jetzt großartig interessant wären, gerade in Anbetracht der durch diese Markteingriffe erhöhten Niveaus.

Im Vorfeld der November-Wahlen wollten die politischen Entscheidungsträger die Dinge besser aussehen lassen, als sie wirklich sind. Vielleicht wird man jetzt weniger Druck verspüren, die Dinge derart stark zu inflationieren und vielleicht wird man sich wieder mehr auf die Realität konzentrieren als noch vor den Wahlen. Jetzt, da die Wahlen vorüber sind, scheint es fast schon so, als werde der Roadrunner in den Abgrund stürzen. Die Beine bewegen sich schnell, aber Achtung da vorne geht es abwärts.


The Gold Report: Gehen Sie davon aus, dass nach den Wahlen nun schlechte Wirtschaftsdaten kommen werden?

John Embry: Ich denke, der Effekthascherei wird weniger positiv ausfallen. Ich habe großes Vertrauen in John Williams' ShadowStats. Seine Zahlen sind viel näher an der Realität, die Zahlen aber, die die Öffentlichkeit zu sehen bekommt, sehen gar nichts so schlecht aus, als sie es in Wirklichkeit sind. Ich denke, die Wahrnehmung wird sich verändern. Viele Menschen werden aufmerksamer, und sie werden erkennen, dass die Dinge schlechter laufen, als sie dachten, und sie werden realisieren, dass uns eine einigermaßen unangenehme Zeit bevorsteht.


The Gold Report: Was denken Sie dahingehend vom Gold?

John Embry: Gold mögen wir nach wie vor sehr gerne. All das Gerede über Bubbles und überkaufte Bedingungen ist schon recht interessant, da die Stimmung eigentlich noch ziemlich miserabel ist. Das Interesse des sogenannten gemeinen Volkes hält sich sehr in Grenzen. Aktuell sehe ich hier beim Gold noch nicht viel Enthusiasmus, was die Vorstufe für bessere Märkte ist. Also: Wir mögen Gold, Aktien mögen wir nicht so sehr.


The Gold Report: Was denken Sie, wird es für die US-Wirtschaft einen Unterschied machen, ob die Republikaner oder die Demokraten den Senat kontrollieren?

John Embry: Auf lange Sicht vielleicht; auf kurze Sicht - nein. Auf kurze Sicht denke ich, sind die Würfel gefallen. Die Politiker erkennen, wie ernst das Problem ist und dass die Fed das Sagen hat und wahrscheinlich auch weiterhin den Weg des quantitative easing (QE) einschlagen wird. Auf kurze Sicht wird das die ausschlaggebende Sache sein.

Langfristig denke ich, könnten die Konservativen auf der republikanischen Seite - sicher die Leute von der Tea Party - einen gewissen Einfluss haben, ähnlich dem, was gerade in England passiert. Die Konservativen in Großbritannien halten sich erstaunlich - sie sind wirklich drakonisch. Das wird ein interessanter Testfall, mal schauen, was passiert.




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