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Interview mit John Embry: Die Würfel sind schon längst gefallen

16.11.2010  |  Redaktion
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The Gold Report: Im Oktober sagten Sie im Investor's Digest: "Ich glaube fest daran, dass es nur einen einzigen Grund gibt, warum westliche Zentralbanken überhaupt Gold halten - zu Manipulationszwecken." Wenn der Staat den Goldpreis manipulieren kann, warum finden Sie Gold dann so toll?

John Embry: Ausgezeichnete Frage. Weil ihnen die Munition ausgeht. Wann die Zeit gekommen ist, werden wir mit Sicherheit dann wissen, wenn der Goldpreis innerhalb eines Tages um 100 $ steigt. Ich glaube, dass diese Banken nicht einmal über einen Bruchteil dessen verfügen, was sie vorgeben zu besitzen, denn seit Jahren haben sie Gold verliehen und heimlich getauscht, anstatt es direkt zu verkaufen. Ihr Gold ist über die Hintertür in den Markt gelangt, nicht durch offene Politik, die es der Öffentlichkeit einfach gemacht hätte, das Handeln dieser Banken zu durchschauen. Der Großteil des verliehenen oder getauschten Goldes wird sich nicht wieder zurückholen lassen, und folglich sind diese Banken dem Punkt schon ziemlich nah, an dem sie sich nicht auch noch vom verbleibenden Rest trennen wollen.

Theoretisch sollten die westlichen Zentralbanken über plus minus 30.000 Tonnen Gold verfügen. Wenn sie noch ein Drittel davon haben, würde mich das schon überraschen. Viele von ihnen beginnen jetzt, ihren Fehler einzusehen. Aber ihre Möglichkeiten, den Goldpreis weiter zu beeinflussen, nähern sich rapide dem Ende. Sie geraten spürbar unter den Druck der östlichen Zentralbanken, die keinen Hehl daraus machen, dass sie diversifizieren und Papier gegen Gold eintauschen. Für mich stehen die westlichen Zentralbanken, was ihr vergangenes Handeln angeht, überaus dumm da, und sie werden noch dümmer dastehen, wenn sie auf diese Weise fortfahren. Ich denke nicht, dass sie das tun werden - was sich am allerbesten an folgendem Beispiel zeigen lässt: Laut dem EZB-Goldabkommen durften 500 Tonnen Gold pro Jahr verkauft werden; und nachdem sie Jahr für Jahr ihre Quote erreicht hatten, wurden die Verkäufe im Jahr 2009 drastisch heruntergefahren und 2010 gestoppt. Sie verkauften nichts mehr, was darauf hindeutet, dass sie entweder nichts mehr haben oder ihnen die Lust am Verkaufen vergangen ist.


The Gold Report: Werden die steigenden Preise nur den aktuellen Haltern des physischen Goldes zu Gute kommen, oder werden auch diese staatlichen Institutionen etwas davon haben?

John Embry: Nein. Wenn Gold verliehen wird, gerade bei Finanztransaktionen, dann geht es zur einer Bullion Bank, die es in den Markt verkauft; und das Gold wandert in den Nahen oder Fernen Osten, wo das Vermögen entsteht. Es ist weg, und die Zentralbanken als Gegenparteien können es nur dadurch ersetzen, indem sie an die Märkte gehen und es aus der bestehenden Bergbauproduktion oder aus gerade vorhandenen Lagerbeständen kaufen. Das aber würde die Preise steil in die Höhe schießen lassen. Ich denke, viele dieser Goldleihen werden am Ende erlassen.


The Gold Report: Im Investor’s Digest erwähnten Sie auch den IWF-Verkauf an Bangladesch. Offenbar scheint der IWF, wenn er so viel davon verkauft, bärisch gegenüber Gold zu sein und auch Leute wie Paul Walker von GFMS haben eine recht bärische Haltung gegenüber Gold eingenommen.

John Embry: Man muss aber dazu sagen, dass Walker schon den ganzen Weg nach oben bärisch gewesen ist.


The Gold Report: Aber wie reagieren Sie auf jene, die sich Ihre Argumente anschauen und dann sagen: "Nein, die grundlegenden Angebot-Nachfrage-Daten sagen aber Folgendes:".

John Embry: Ok, ich denke, sie machen das an zwei Dingen fest. Sie sagen, die Investitionsnachfrage sei nur kurzlebig, was bedeuten soll, dass das Papiergeld seinen Glanz wiedererlangt und die Menschen es wieder halten wollen. Das würde aber Zinssätze voraussetzen, die den Leuten reale Gewinne bringen, und in den nächsten, sagen wir, zwei Jahren sehe ich das nicht passieren. Die Vorstellung, dass sich die Investitionsnachfrage in Luft auflösen wird, ist also lächerlich. Ich würde andersherum argumentieren: Ich denke, die Entwicklung wird sich noch verstärken, weil das Thema bis heute nur eine begrenzte Zahl von Investoren erreicht hat. Von der Nachfrageseite aus betrachtet, ist das Argument also meiner Meinung nach komplett falsch.

Auf der Angebotsseite kann man sich hingegen über zwei Punkte streiten, denke ich. Erstens, ist man scheinbar der Auffassung, dass es unbegrenztes Goldangebot aus dem Bergbau geben wird. Gold ist ein Edelmetall, weil es so schwer zu finden ist, und das meiste wird um die bereits bestehenden Minen herum gefunden. Es gibt nur sehr wenige Endeckungen in unerschlossenen Gebieten. Gleichzeitig werden die bestehenden Minenbestände - besonders im Tagebau - in einem alarmierenden Tempo entleert. Für die nächsten fünf Jahre sehe ich keine Bedrohung durch ein steigendes Angebot aus dem Bergbau.


The Gold Report: Und die andere strittige Frage?

John Embry: Altgold. Dieses Thema ist etwas kontroverser, weil der Goldpreis stark genug steigt, dass die Leute eventuell ihren Schmuck verkaufen könnten und auch alles andere, aus dem man Gold rückgewinnen könnte. Aber schon heute ist das weitverbreitet - die ganze Fernsehwerbung, wo die Juweliere schreien: "Verkauft Euer Gold - blah, blah, blah". Und dann wird man über den Tisch gezogen. Ich denke, die Leute lernen dazu; ich also sehe Altgold und Recyclingmengen - die ja ohnehin nicht zu den Riesenfaktoren zählen - nicht so drastisch steigen, dass sie entscheidende Auswirkungen auf die gesamte Angebot-Nachfrage-Rechnung haben werden.

In den vergangenen 15 Jahren haben die Zentralbanken eine Menge Gold in die Märkte gepumpt, und wahrscheinlich sind sie dahingehend am Ende ihrer Kräfte, während die östlichen Zentralbanken zu Käufern werden. Anstatt den Markt mit 1.000 bis 2.000 Tonnen jährlich zu beliefern, werden die Zentralbanken nun Gold aus dem Markt nehmen. Zählt man nun alles zusammen - also steigende Investitionsnachfrage und kein neues Angebot aus dem Bergbau - dann gestaltet sich die Angebot-Nachfrage-Rechnung enorm positiv. Und nur durch drastisch steigende Preise kann sie ausgeglichen werden. Also: Ich sehe keinen negativen Aspekt bei Angebot und Nachfrage.


The Gold Report: Ok, das lassen wir gelten. Aber könnten diese Leute nicht doch auf irgendeine Weise Recht behalten?

John Embry: Sie könnten Recht behalten, wenn sich die Welt plötzlich, wie durch ein Wunder, zum Rechten entwickelt und die Wirtschaft anfangen würde, ohne Inflation zu wachsen. Ich denke nicht, dass das passieren wird.


John Embry ist Chefinvestmenstratege für Sprott Asset Management und den Sprott Gold and Precious Minerals Fund. Er ist zudem Co-Vorsitzender des Central GoldTrust Board of Trustees. Als Edelmetallexperte kann John Embry auf eine 45-jährige Berufserfahrung als Portfoliomanager in diesem Bereich zurückblicken, gleichzeitig beschäftigt er sich seit mehr als 30 Jahren auch wissenschaftlich mit dem Edelmetallsektor. 2003 kam er zu Sprott, nachdem er 15 Jahre bei RBC Global Investments Vizepräsident für den Bereich Aktien tätig war..

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Selbstauskunft:

1.) Karen Roche und Brian Sylvester vom The Gold Report führten dieses Interview. Sie persönlich und/ oder ihre Familien halten keine Aktien der in diesem Interview erwähnten Unternehmen.
2.) Keine der in diesem Interview genannten Unternehmen treten als Sponsoren des Gold Report auf.
3.) John Embry: Ich und / oder meine Familie besitzen Anteile folgender Unternehmen, die in diesem Interview erwähnt wurden: Sprott Physical Silver Trust and Central Gold Trust. Ich und/ oder meine Familie erhalten von den im Interview genannten Firmen keine Zahlungen.



© Karen Roche, Brian Sylvester
The Gold Report

Dieser Artikel wurde am 10. November 2010 auf www.theaureport.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.[/i]







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