Gelddruckprogramme der Notenbanken beflügeln Goldpreis
10.09.2012 | Thorsten Proettel
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Nach der gestrigen EZB-Sitzung verkündete Zentralbankchef Draghi den unlimitierten Ankauf von Anleihen solcher Staaten, die aufgrund ihrer unvorteilhaften Finanzlage nicht mehr in der Lage sind, zu auskömmlichen Zinssätzen selbst Kapital an den Märkten aufzubringen. Der Anleihekauf ist zwar an die Bedingung geknüpft, dass die betreffenden Staaten ein offizielles Hilfeersuchen an den ESM bzw. den EFSF stellen und sich einem Reformprogramm unterziehen. Zudem drohte Draghi mit der Beendigung der Anleihekäufe für ein Land, sobald dieses nicht mehr kooperieren sollte.
Nach den Erfahrungen der letzten Jahre könnten sich diese Bedingungen in der Praxis jedoch schnell als reine Luftnummern herausstellen. Griechenland erhielt in den vergangenen Quartalen immer wieder neue Kapitaltranchen der aus EU, EZB und IWF bestehenden Troika, obwohl das Mittelmeerland die bestehenden Reform-und Sparziele fortwährend nicht einhalten wollte oder konnte. Zudem befindet sich die EZB in einer ausgesprochen unvorteilhaften Position gegenüber den Schuldnerländern:
Hat sie erst einmal deren Anleihen aufgekauft, dann dürftesie kaum Interesse an einem Ende der Alimentierung haben. Andernfalls würde vermutlich die sofortige Staatspleite drohen, womit die Notenbank riesige Verluste verbuchen müsste. Unter dem Strich begibt sich die EZB damit in eine gefährliche Abhängigkeit von den Launen der Schuldnerstaaten der EWU.
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Höhere Inflation auch 2013 nicht erwartet
Eine Inflation der Verbraucherpreise - die Urangst der Deutschen - dürfte das neue Programm der EZB aber kaum verursachen. Hierfür fehlt es an ausreichender Nachfrage aufden Gütermärkten angesichts der europaweit unterausgelasteten Kapazitäten der Industrie. Die Notenbanker selbst haben ihre Inflationsprognose für das Jahr 2013 sogar von 1,6% auf 0,5% gesenkt. Außerdem möchte die EZB die zusätzliche in Umlauf gebrachte Liquidität abschöpfen. Diese zumindest theoretisch sinnvollen Maßnahmen dürften jedoch kaum ausreichen, um das verloren gegangene Vertrauen in den Eurozu ersetzen.
Insbesondere in den EWU-Staaten mit Stabilitätskultur dürfte die Gemeinschaftswährung noch misstrauischer betrachtet werden als ohnehin schon und die Flucht in Sachwerte anhalten. Wir rechnen vor diesem Hintergrund mit einem Anziehen der Goldnachfrage vor allem in Deutschland.
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Wichtigerist die US-Fed
Dennoch sollte der jüngste EZB-Entscheid mit Blick auf den Goldmarkt nicht überbewertet werden. Dies zeigt allein schon die ambivalente Entwicklung der Goldnotierungen in den letzten Tagen. Im gestrigen Handelsverlauf stieg der Preis für das Edelmetall in der Spitze um 20 USD. Zum Handelsschluss betrug das Plus jedoch gerade einmal die Hälfte. Dagegen kletterte das Gold letzten Freitag um 35 USD, als US-Fed-Chef Ben Bernanke auf einer Konferenz die Vorzüge der lockeren Geldpolitik anpries und damit die Märkte auf ein neues Anleihenkaufprogramm vorbereitete.
Weltweit ist und bleibt der USD die wichtigere Leitwährung, weshalb die Entscheidungen der Fed einen größeren Einfluss auf den Edelmetallmarkt haben. Da mit Blick auf die Arbeitsmarktdaten von heute ein neues Anleihenkaufprogramm der Fed wahrscheinlicher geworden ist, erhöhen wir unsere Prognose auf 1.800 USD je Feinunze auf Sicht von zwölf Monaten. Unabhängig hiervon sprechen die verhaltenen wirtschaftlichen Tendenzen in den Schwellenländern momentan gegen einen großen Goldpreisanstieg, der auch nachhaltig ist. Mehr als die Hälfte der privaten Goldnachfrage stammt aus China und Indien und der Anstieg der Notierungen dürfte die Kauflust vorerst schmälern.
© Thorsten Proettel
Commodity Analyst
Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart
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