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UMTS - oder wie steigere ich richtig?

19.06.2000  |  dottore
Eine kleine Einführungskunde


Das folgende ist wichtig für alle Staatsbürger, Steuerzahler, Telekom-Aktionäre (und für jeden anderen, wachsamen Zeitgenossen auch!

Über die Kurse für Handy-Lizenzen per (potentiellen oder aktuellen) User müssen wir uns nicht ernsthaft unterhalten. Die werden von keinem Markt der Welt wieder reingespielt werden können (siehe JüKüs Posting weiter unten).

Bevor die noch verbliebenen 8 (oder ist schon wieder einer raus?) Bieter bzw. die "wahrscheinlich sechs", die übrig bleiben, sich um Kopf und Kragen bieten, darf ich als Auktions-Profi mit jahrzehntelanger Erfahrung folgenden Grundkurs zum Thema "Wie steigere ich richtig?" zum besten geben:

1. Prüfen, ob es einen "unbekannten" weiteren Bieter geben kann. Zum Beispiel kennen die Auktionshäuser zumindest schon die schriftlich vorab gegebenen Maximalgebote. Manchmal reizen sie diese aus, indem sie einen "Schattenbieter" in den Saal setzen oder per Telefon "mitbieten" lassen, bis das Limit erreicht ist (oder knapp darunter). Auch Auktionen, bei denen der Auktionator "gegen die Wand bietet", also auf einen gar nicht existenten Bieter "irgendwo im Saal" deutet, kommen vor.

Dies dürfte bei UMTS ausgeschlossen sein. Also steht die Zahl der Bieter zu Beginn der Auktion fest.

2. Legales Bieter-Kartell bilden. In der Fachsprache auch "Kippe" genannt. Geht so: Die vorhandenen Bieter setzen sich vor (!) der eigentlichen Auktion zusammen und machen eine Vorab-Auktion untereinander. Darin enthält dann den Zuschlag, wer am höchsten bietet (wobei niemand erfahren kann, wie weit er evtl. noch gegangen wäre).

In der eigentlichen Auktion bietet dann nur der Bieter, der in der Vorab-Auktion den Zuschlag bekommen hat. Die anderen bieten n i c h t . Logischerweise ist der Zuschlagspreis dann der allerniedrigst denkbare (normalerweise in den Auktionsbedingungen als "Schätzpreis abzüglich xx %" definiert). Diesen Betrag zahlt dann der Bieter, der die Sache (das Recht, die Lizenz usw.) bekommen hat.

3. Ausgleich in cash. Die in der Vorab-Auktion unterlegenen Interessenten erhalten vom erfolgreichen Bieter (= dann Käufer) anschließend eine Ausgleichszahlung. Die kann verschieden vereinbart werden, z.B. Zuschlagspreis in der Vorab-Auktion minus Zuschlagspreis in der tatsächlichen Auktion. Das ganze in Form einer vorher vereinbarten Prozentzahlung (meist 20, max. 50 %), die dann - je nach Vorab-Vereinbarung - auf die aufgeteilt wird, die leer ausgegangen sind, die aber sowieso leer ausgegangen wären und jetzt für ihren Verzicht, bei der tatsächlichen Auktion aufzutreten und den Zuschlag in die Höhe zu treiben, wenigstens eine Cash-Zahlung mit nach Hause nehmen dürfen.

Jetzt zur Rechtslage. Die einschlägigen Gesetze, über deren Einhaltung das Bundeskartellamt wacht, bieten keinerlei Handhabe gegen dieses Vorgehen. Denn erstens ist der Geschädigte selbst ein Monopolist, was bereits ein Verstoß gegen das Gesetz darstellt, überdies die Versteigerung von Monopol-Tatbeständen sittenwidrig ist.

Zweitens haben die Gesetz zum Schutz des Wettbewerbs ausschliesslich den Verbraucher (als Nachfrager bzw. Endabnehmer) im Auge und sind auf keinen Fall Gesetze zur Erleichterung der Maximierung von Monopolprofiten.

Drittens ist das von Eichel vorgesehene Verfahren nichts anderes als die Versteigerung eines Hoheitsrechts zum Zwecke der Erzielung von Staatseinnahmen, also eine klassische Einmal-Steuer, die in jedem Fall durch die Parlamente, in diesem Fall Bundestag und Bundesrat gehen müßte.

Ausserdem kann auch nicht von einem schädigenden Eingriff in das Eigentumsrecht des Staates, in diesem Fall der Nutzung von UMTS-Lizenzen gesprochen werden, da der Staat diese Lizenzen ja unschwer behalten und selber nutzen, also entsprechende Infrastrukturen aufbauen kann (genauso wie die Firmen, die UMTS-Lizenzen erhalten es anschließend auch tun müssten).

Das noch mögliche Gegenargument des Staates, er könne die Lizenzen gar nicht selber nutzen, zieht schon allein deshalb nicht, weil der Staat in der Vergangenheit zur Genüge bewiesen hat, dass er sehr wohl solche Rechte in Form von Staats- oder Regiebetrieben zu nutzen in der Lage war.

Die Post war bekanntlich jahrzehntelang im Besitz des Telekommunikations-Monopols, aus dem sich inzwischen die bekannte Telekom AG entwickelt hat. Oder platt ausgedrückt: Der Staat weiß selbst am allerbesten, wie er mit Hilfe von Telefongebühren Geschäfte machen kann.

Schliesslich kann der Staat die UMTS-Lizenzen (einzeln oder gebündelt) auch in eine staatseigene AG überführen, deren Anteile dann über die Börse plaziert werden können. Anschließend kann dann die privatisierte UMTS AG ihrerseits die Lizenzen nach Herzenslust versteigern. Dass die private UMTS AG (sofern sie alle Lizenzen erhält) natürlich wegen ihrer Monopolstellung sofort das Kartellamt im Hause hat, versteht sich von selbst. Deshalb könnte es auch nur die 4 bis 6 UMTS-Lizenzen, als Rechtsgut eingebracht in AGs, geben.

Ich bin nun wirklich kein Prozesshansel, aber wenn die Telekom tatsächlich in offener Auktionsschlacht für die UMTS-Lizenzen völlig sinnlos Milliarden ausgibt, werde ich gegen das Unternehmen gerichtlich vorgehen. Leider muss ich mir dazu vorher T-Aktien kaufen, aber vielleicht haben sie sich bis zur Auktion nochmal halbiert und dann sind meine Anwaltkosten ohnehin ein Vielfaches von dem, was ich für die paar Papierfetzen hinlegen musste.

Ich bitte auch zu beachten, dass unser Handelsrecht die sog. "Selbstkontraktion" ausdrücklich verbietet: Käufer und Verkäufer dürfen nicht ein und dieselbe Person sein bzw. - sich daraus ergebend - die selben wirtschaftlichen Interessen haben. Da Eichel nach wie vor der alles bestimmende Hauptaktionär der Telekom ist und zugleich Versteigerer und damit Kontraktpartner der Telekom, falss diese den Zuschlag erhalten sollte, ist der Zuschlag von vorneherein nichtig.

So einfach kann es sich auch der deutsche Staat inzwischen nicht mehr machen.

Und noch ein Nachtrag: Sämtliche Verfahren, die gegen das oben dargestellte System der "Kippe" angestrengt wurden, sind abgewiesen worden, da es sich - was auch sofort einleuchtet - nicht um "Preisabsprachen" gehandelt haben konnte, da jede Preisabsprache einen konkreten "Preis" voraussetzt, ein Auktionsverfahren diesen aber naturgemäß ex ante nicht definieren kann.

"Verhaltensabsprachen" (biete ich überhaupt oder nicht?) darf jedermann nach Herzenslust mit jedem anderen treffen. Das gilt übrigens auch für die im "Kippe"-Verfahren vorab vereinbarte prozentuale Aufteilung, weil niemand ex ante sagen kann, auf welche Summe sich die Prozente beziehen werden, falls der Zuschlag überhaupt zustande kommt.


© dottore



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