Der Clou
23.12.2010 | Theodore Butler
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Und warum war ich aus dem Häuschen? Weil ich dachte, die Behörde würde das ohnehin schon längst so handhaben. Dann begann ich zu begreifen, dass die Überprüfung der OTC-Swap-Positionen, mit Hilfe derer JP Morgan eine obszön große, konzentrierte Short-Position halten konnte, in den Tätigkeitsbereich der CME (in ihrer Funktion als sich selbst regulierende Organisation) fiel. Die CFTC hatte nie im Detail zu überprüfen, welche Swaps nun JP Morgan zum Halten der konzentrierten Silber-Short-Position berechtigten - das überprüfte nur die CME. Sofort ging mir auf, warum der Silberbetrug so lange weiterlaufen durfte. Die Börse entschied, welche OTC-Swaps legitim waren, und nicht die CFTC. Doch mit Chiltons Ansatz bezüglich Positionsobergrenzen würde jetzt der Behörde diese Überprüfung zufallen. Hier kann man wirklich von einer grundlegenden Änderung sprechen.Ich kann nur darüber spekulieren, was die CFTC wohl fände, wenn sie sich JP Morgans Swap-Auflistung genauer anschauen würde. Das ist keine neue Spekulation meinerseits, ich habe darüber schon in vielen Artikel geschrieben, das erste Mal vor 7 Jahren. Sollte die CFTC einen Blick in JP Morgans Swaps-Auflistung werfen, so wird es dort nur so von chinesischen Namen wimmeln. Hier finden Sie einen Artikel, den ich vor einem Jahr geschrieben habe, und er beinhaltet wiederum Links zu früheren Artikeln, die ich zu diesem Thema geschrieben habe.
JP Morgan muss Gründe haben, die das Halten der großen konzentrierten Silber-Short-Position an der COMEX rechtfertigt. Sollten sie nun behaupten, als Ausgleich für ihre COMEX-Short-Position wären sie mit Silber-Swap-Positionen am Over-the-Counter-Markt long, so wird es für die CFTC entscheidend sein, genauer nachzuforschen, wer auf der Short-Seite der OTC-Silber-Swaps steht. Ich persönlich glaube, dass chinesische Interessen auf der Short-Seite der Swaps stehen. Ein solches Ergebnis würde die CFTC zu der Annahme führen, dass in Wirklichkeit China die konzentrierte Silber-Short-Position hält und dass China JP Morgan und die CME Group als Handlanger nutzt, die ihre Silbermanipulation umsetzten. JP Morgan oder die CME wären dadurch, dass sie China die Silbermanipulation ermöglichten, nicht entlastet - in Wirklichkeit wäre alles nur noch schlimmer: Führende US-Finanzfirmen halfen einer ausländischen Supermacht sowie einem eindeutigen Rivalen nationaler US-Interessen bei einem schwerwiegenden Marktvergehen, bei dem der Preis eines essentiellen Weltrohstoffs manipuliert wurde - das ist fast schon zu unerhört, als das man es in Betracht ziehen könnte. Aber exakt das ist meiner Meinung nach passiert.
Ich greife diese Interessen Chinas nicht einfach so aus der Luft. Als weltgrößter Silberproduzent (Bergbau plus Raffination) wäre es für sie plausibel, short zu sein (aber keinesfalls in einem Ausmaß, das bei der von JP Morgan gehaltenen COMEX-Ersatzposition erreicht wird). Zudem hatten schon wiederholt schwarze Schafe unter den chinesischen Trader die Angewohnheit gehabt, Short-Wetten auf Weltrohstoffe abzuschließen, die vom eigenen Land mit Heißhunger verschlungen werden - obgleich das allem Anschein nach kein Sinn ergeben würde. Zwei Beispiele, die mir dahingehend einfallen, sind desaströse Short-Wetten beim Öl und beim Kupfer vor fünf oder sechs Jahren gewesen.
Für die chinesischen Trader war es nicht sinnvoll, Short-Großwetten auf Öl und Kupfer abzuschließen. Dennoch geschah es. Also: Nur weil es für irgendjemanden in China scheinbar nicht sinnvoll ist, im großen Stil Silber leerzuverkaufen, so heißt das noch nicht, dass eben das nicht passieren könnte. Sagen wir, wie es ist: Irgendjemand war und ist beim Silber short - und das die ganze Zeit über, schon seitdem Silber noch im einstelligen Bereich lag. Das wird, wenn alles vorbei ist, als der allerdümmste Trade in die Geschichte eingehen; Barrick Gold Anglo Ashanti wird der Titel gestohlen, den sie immer noch für ihre dummen Short-Gold-Geschäfte halten.
Wenn meine Prämisse stimmt, dann hat die CME nicht nur weggeschaut, als es um die Überprüfung der ausgleichenden OTC-Swaps von JP Morgan ging - sie schauten also auch weg, als Bear Stearns die große konzentrierte Short-Position hielt, und auch bei den Geschäften von AIG davor. Die CME Group hat also seit vielen Jahren schon die Angewohnheit, einfach wegzuschauen. Das erklärt auch, warum sie sich so vehement gegen jede legitime Reform der konzentrierten Silber-Short-Position wehrt. Und Manipulation ist das schwerwiegendste Marktvergehen überhaupt, weil sie das Gesetz von Angebot und Nachfrage deformiert und zur Fehlverteilung von Kapitalressourcen führt. Hätte es keine langjährige Silberpreismanipulation gegeben, so stünden wir jetzt nicht ganz kurz vor einer physischen Knappheit.
© Theodore Butler
(Diese Abhandlung wurde vom Silberanalysten Theodore Butler, einem unabhängigen Berater, verfasst. Investment Rarities teilt seine Ansichten nicht notwendigerweise, diese können sich als richtig oder falsch herausstellen.) Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 21.12.2010 auf der Website http://investmentrarities.com veröffentlicht.
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