Edelmetalle, Aktien und ihre Anlagekonkurrenten
28.10.2012 | Manfred Gburek
Beginnen wir heute gleich mit einer zurzeit besonders plausiblen, wenn auch sehr langen Antwort auf die zuletzt häufig gestellte Frage: Was ist mit dem Goldpreis los? Er hat zwischenzeitlich durch Aktien Konkurrenz bekommen. Beide Anlageklassen bilden bekanntlich - neben Immobilien und weiteren Sachwerten - Gegengewichte zu substanzlosen Anleihen und sonstigen Schuldtiteln.
Aktien sind Sach- und Ertragswerte in einem, Gold und andere Edelmetalle dagegen ertraglose Sachwerte. Solange Aktien Erträge abwerfen, haben sie also den Edelmetallen etwas voraus. Machen sich an der Börse allerdings Befürchtungen breit, die Erträge könnten wegen einer drohenden Rezession zurückgehen, rückt die Ertragskomponente der Aktien in den Hintergrund. Im schlimmsten Fall, wenn Unternehmen aus der Gewinn- in die Verlustzone rutschen, erweist sich die Abhängigkeit von Erträgen sogar als schädlich.
Das gilt aktuell zwar erst für einen kleineren Teil der gängigen Aktien, schlägt sich aber beispielsweise schon darin nieder, dass die führenden Aktienindizes von der Aufwärts- in eine Seitwärtsphase übergegangen sind. In dieser Situation besinnen sich strategisch orientierte Großanleger wieder mehr auf das Gold, dessen Preis seine kurzfristige Abwärtstendenz erst einmal bei 1700 Dollar je Unze gestoppt hat. Sie spekulieren jetzt darauf, dass schon der Hauch einer Rezession die Notenbanken veranlassen könnte, die Geldschleusen noch mehr als bisher zu öffnen.
Eine solche Spekulation erscheint zunächst plausibel. Denn wenn von etwas - in diesem Fall Geld - mehr in Umlauf gerät, steigt der Wert von etwas anderem - hier: Gold -, von dem nicht mehr in Umlauf kommt und auch nicht kommen kann, weil es im Gegensatz zu Geld nicht beliebig vermehrbar ist.
Nun ließe sich dagegen einwenden, nicht allein Gold werde durch das weitere Öffnen der Geldschleusen wertvoller, sondern zumindest all das, was Sachwerte verkörpert, vom Sachvermögen der Unternehmen und deren Aktien bis zu Rohstoffen aller Art, von einfachen Gebrauchsgegenständen bis zu Acker- und Weideland. Dieser Einwand ist im Großen und Ganzen sicher richtig, spricht jedoch eher für als gegen Gold, wie die folgenden Überlegungen zeigen:
Zu Aktien ist schon fast alles gesagt - bis auf diesen wichtigen Punkt: Sobald sie nicht mehr beliebig vermehrbar sind, weil ihre niedrigen Kurse keine Kapitalerhöhung rechtfertigen, werden sie zu einer ernsten Gefahr für das Gold, vorausgesetzt, ihre Kurswerte liegen unter den Buchwerten und eine Pleite der betreffenden Unternehmen ist auszuschließen. Von einer solchen Situation sind die Aktienkurse an den wichtigsten Börsen der Welt indes noch weit entfernt.
Der Zusammenhang von Edelmetallen, speziell Gold, und Rohstoffen ist ziemlich komplex. Zum einen konkurrieren sie um die Gunst der Großanleger, zum anderen befeuern sie sich gegenseitig. So haben zum Beispiel die Manager von Rohstofffonds die Wahl zwischen Terminkontrakten auf Gold, Silber, Kupfer, Zink, Weizen, Kaffee usw. Steigende Rohstoffpreise im Zuge eines Konjunkturaufschwungs können eine Inflation bei den Gebrauchs- und Verbrauchsgütern einleiten, dadurch eine allgemeine Inflationsmentalität auslösen und so mittelbar den Goldpreis in die Höhe treiben, weil das Edelmetall ja unter anderem die Inflationsschutzfunktion hat. Bricht dagegen die Konjunktur ein und mit ihr der Rohstoffsektor, lehrt die Erfahrung, dass Gold dann nicht nur als sogenannter sicherer Hafen gesucht wird, sondern dass es - siehe oben - von der Geldschwemme profitieren kann, die sich zur Abwehr eines Konjunktureinbruchs über die Märkte ergießt.
Das seit einigen Jahren neben Wald als Investition populäre Acker- und Weideland konkurriert als Sachwert, wie Immobilien generell, einerseits mit Gold und anderen Edelmetallen um die Gunst der Anleger. Andererseits repräsentiert es, ähnlich wie vermietete Immobilien, eine auf Erträge ausgerichtete Anlageklasse, ist von daher also nicht mit Edelmetallen, sondern eher mit Aktien vergleichbar, sofern diese als Ertragsquelle dienen. Der Vorteil von Acker- und Weideland im Vergleich zu vermieteten Immobilien: Die Restriktionen bei der Verpachtung halten sich in Grenzen, einen dem Mieterschutz ähnlichen restriktiven Pächterschutz gibt es nicht.
Warum macht es Sinn, sich mit den hier angeschnittenen Themen weiter zu beschäftigen? Als Leser dieser Kolumne kennen Sie die beiden entscheidenden Antworten ja bereits: 1. Weil Sie mit Blick auf die nächsten Jahre weder um Edelmetalle noch um Aktien noch um - zumindest selbst genutzte - Immobilien herumkommen. 2. Weil Anleihen und - mit Ausnahme von Tagesgeld - andere Geldwerte (die meisten Renten- und Geldmarktfonds, Zertifikate und Kapitallebensversicherungen) keine Anlage wert sind.
Was Anleihen betrifft, sei hier zunächst Allianz-Chef Michael Diekmann zitiert. Er vertraute vor einem Monat dem Handelsblatt an: "Wir versuchen in der Neuanlage, Staatsanleihen zu vermeiden. In deutsche Bundesanleihen kann ich gar nicht investieren, die Rendite liegt unter der Inflationsrate. In anderen Ländern habe ich die Risikofrage."
Noch spannender als diese Aussage ist all das, was sich hinter dem in Mode gekommenen Begriff "finanzielle Repression" verbirgt, hier schon vor Monaten erläutert und trotzdem immer wieder eine Warnung wert: Regulierung zugunsten von Staatsanleihen, sprich schleichende Enteignung. Die kann so funktionieren: Notenbanken kaufen Anleihen und halten damit deren Renditen auf einem für Anleger uninteressanten Niveau unterhalb der Inflationsrate (siehe Diekmann-Zitat), wodurch Staaten sich im Lauf der Jahre peu à peu entschulden. Oder so: Geschäftsbanken dürfen keinen Eigenhandel mehr betreiben - außer mit Staatsanleihen. Oder so: Eine Finanztransaktionssteuer wird eingeführt, sie gilt aber nicht für Staatsanleihen. Oder so: Zwangsanleihen kommen.
Das hier beschriebene Szenario ist die Zukunft. Eine der wichtigsten Aufgaben für Anleger wird sein, sich der finanziellen Repression durch die richtige Vermögensstruktur (Edelmetalle, Aktien, eine selbst genutzte Immobilie und zwei bis drei Tagesgeldkonten) zu entziehen und diese flexibel mithilfe des richtigen Timings zu gestalten. Derzeit spricht das Timing, wie eingangs analysiert, besonders für Edelmetalle. Von daher erscheint es angebracht, über den bereits vorhandenen Gold- und Silberschatz hinaus das Tagesgeld zugunsten der Edelmetalle herunterzufahren, und weil der Preis des Silbers stärker ausschlägt, dieses zu bevorzugen.
Nebenbei bemerkt: Anlagemünzen aus Silber (zum Beispiel Maple Leaf, Wiener Philharmoniker oder Kookaburra) sollen nach aktuellem Kenntnisstand vom 1. Januar 2014 an, ebenso wie Silberbarren schon jetzt, dem allgemeinen Umsatzsteuersatz (aktuell 19 Prozent) statt dem ermäßigten von 7 Prozent unterliegen. Da Wertsteigerungen nach einem Jahr steuerfrei sind und potenzielle Käufer noch bis Ende 2013 in den Genuss von 7 Prozent kommen, empfiehlt sich für aktuelle Käufer der Erwerb der Anlagemünzen bis Ende 2012 auch aus steuerlichen Gründen. Denn bis Ende 2013 dürfte das Interesse potenzieller Käufer wegen des dann noch geltenden ermäßigten Steuersatzes groß sein, danach jedoch gegen Null tendieren.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).
Aktien sind Sach- und Ertragswerte in einem, Gold und andere Edelmetalle dagegen ertraglose Sachwerte. Solange Aktien Erträge abwerfen, haben sie also den Edelmetallen etwas voraus. Machen sich an der Börse allerdings Befürchtungen breit, die Erträge könnten wegen einer drohenden Rezession zurückgehen, rückt die Ertragskomponente der Aktien in den Hintergrund. Im schlimmsten Fall, wenn Unternehmen aus der Gewinn- in die Verlustzone rutschen, erweist sich die Abhängigkeit von Erträgen sogar als schädlich.
Das gilt aktuell zwar erst für einen kleineren Teil der gängigen Aktien, schlägt sich aber beispielsweise schon darin nieder, dass die führenden Aktienindizes von der Aufwärts- in eine Seitwärtsphase übergegangen sind. In dieser Situation besinnen sich strategisch orientierte Großanleger wieder mehr auf das Gold, dessen Preis seine kurzfristige Abwärtstendenz erst einmal bei 1700 Dollar je Unze gestoppt hat. Sie spekulieren jetzt darauf, dass schon der Hauch einer Rezession die Notenbanken veranlassen könnte, die Geldschleusen noch mehr als bisher zu öffnen.
Eine solche Spekulation erscheint zunächst plausibel. Denn wenn von etwas - in diesem Fall Geld - mehr in Umlauf gerät, steigt der Wert von etwas anderem - hier: Gold -, von dem nicht mehr in Umlauf kommt und auch nicht kommen kann, weil es im Gegensatz zu Geld nicht beliebig vermehrbar ist.
Nun ließe sich dagegen einwenden, nicht allein Gold werde durch das weitere Öffnen der Geldschleusen wertvoller, sondern zumindest all das, was Sachwerte verkörpert, vom Sachvermögen der Unternehmen und deren Aktien bis zu Rohstoffen aller Art, von einfachen Gebrauchsgegenständen bis zu Acker- und Weideland. Dieser Einwand ist im Großen und Ganzen sicher richtig, spricht jedoch eher für als gegen Gold, wie die folgenden Überlegungen zeigen:
Zu Aktien ist schon fast alles gesagt - bis auf diesen wichtigen Punkt: Sobald sie nicht mehr beliebig vermehrbar sind, weil ihre niedrigen Kurse keine Kapitalerhöhung rechtfertigen, werden sie zu einer ernsten Gefahr für das Gold, vorausgesetzt, ihre Kurswerte liegen unter den Buchwerten und eine Pleite der betreffenden Unternehmen ist auszuschließen. Von einer solchen Situation sind die Aktienkurse an den wichtigsten Börsen der Welt indes noch weit entfernt.
Der Zusammenhang von Edelmetallen, speziell Gold, und Rohstoffen ist ziemlich komplex. Zum einen konkurrieren sie um die Gunst der Großanleger, zum anderen befeuern sie sich gegenseitig. So haben zum Beispiel die Manager von Rohstofffonds die Wahl zwischen Terminkontrakten auf Gold, Silber, Kupfer, Zink, Weizen, Kaffee usw. Steigende Rohstoffpreise im Zuge eines Konjunkturaufschwungs können eine Inflation bei den Gebrauchs- und Verbrauchsgütern einleiten, dadurch eine allgemeine Inflationsmentalität auslösen und so mittelbar den Goldpreis in die Höhe treiben, weil das Edelmetall ja unter anderem die Inflationsschutzfunktion hat. Bricht dagegen die Konjunktur ein und mit ihr der Rohstoffsektor, lehrt die Erfahrung, dass Gold dann nicht nur als sogenannter sicherer Hafen gesucht wird, sondern dass es - siehe oben - von der Geldschwemme profitieren kann, die sich zur Abwehr eines Konjunktureinbruchs über die Märkte ergießt.
Das seit einigen Jahren neben Wald als Investition populäre Acker- und Weideland konkurriert als Sachwert, wie Immobilien generell, einerseits mit Gold und anderen Edelmetallen um die Gunst der Anleger. Andererseits repräsentiert es, ähnlich wie vermietete Immobilien, eine auf Erträge ausgerichtete Anlageklasse, ist von daher also nicht mit Edelmetallen, sondern eher mit Aktien vergleichbar, sofern diese als Ertragsquelle dienen. Der Vorteil von Acker- und Weideland im Vergleich zu vermieteten Immobilien: Die Restriktionen bei der Verpachtung halten sich in Grenzen, einen dem Mieterschutz ähnlichen restriktiven Pächterschutz gibt es nicht.
Warum macht es Sinn, sich mit den hier angeschnittenen Themen weiter zu beschäftigen? Als Leser dieser Kolumne kennen Sie die beiden entscheidenden Antworten ja bereits: 1. Weil Sie mit Blick auf die nächsten Jahre weder um Edelmetalle noch um Aktien noch um - zumindest selbst genutzte - Immobilien herumkommen. 2. Weil Anleihen und - mit Ausnahme von Tagesgeld - andere Geldwerte (die meisten Renten- und Geldmarktfonds, Zertifikate und Kapitallebensversicherungen) keine Anlage wert sind.
Was Anleihen betrifft, sei hier zunächst Allianz-Chef Michael Diekmann zitiert. Er vertraute vor einem Monat dem Handelsblatt an: "Wir versuchen in der Neuanlage, Staatsanleihen zu vermeiden. In deutsche Bundesanleihen kann ich gar nicht investieren, die Rendite liegt unter der Inflationsrate. In anderen Ländern habe ich die Risikofrage."
Noch spannender als diese Aussage ist all das, was sich hinter dem in Mode gekommenen Begriff "finanzielle Repression" verbirgt, hier schon vor Monaten erläutert und trotzdem immer wieder eine Warnung wert: Regulierung zugunsten von Staatsanleihen, sprich schleichende Enteignung. Die kann so funktionieren: Notenbanken kaufen Anleihen und halten damit deren Renditen auf einem für Anleger uninteressanten Niveau unterhalb der Inflationsrate (siehe Diekmann-Zitat), wodurch Staaten sich im Lauf der Jahre peu à peu entschulden. Oder so: Geschäftsbanken dürfen keinen Eigenhandel mehr betreiben - außer mit Staatsanleihen. Oder so: Eine Finanztransaktionssteuer wird eingeführt, sie gilt aber nicht für Staatsanleihen. Oder so: Zwangsanleihen kommen.
Das hier beschriebene Szenario ist die Zukunft. Eine der wichtigsten Aufgaben für Anleger wird sein, sich der finanziellen Repression durch die richtige Vermögensstruktur (Edelmetalle, Aktien, eine selbst genutzte Immobilie und zwei bis drei Tagesgeldkonten) zu entziehen und diese flexibel mithilfe des richtigen Timings zu gestalten. Derzeit spricht das Timing, wie eingangs analysiert, besonders für Edelmetalle. Von daher erscheint es angebracht, über den bereits vorhandenen Gold- und Silberschatz hinaus das Tagesgeld zugunsten der Edelmetalle herunterzufahren, und weil der Preis des Silbers stärker ausschlägt, dieses zu bevorzugen.
Nebenbei bemerkt: Anlagemünzen aus Silber (zum Beispiel Maple Leaf, Wiener Philharmoniker oder Kookaburra) sollen nach aktuellem Kenntnisstand vom 1. Januar 2014 an, ebenso wie Silberbarren schon jetzt, dem allgemeinen Umsatzsteuersatz (aktuell 19 Prozent) statt dem ermäßigten von 7 Prozent unterliegen. Da Wertsteigerungen nach einem Jahr steuerfrei sind und potenzielle Käufer noch bis Ende 2013 in den Genuss von 7 Prozent kommen, empfiehlt sich für aktuelle Käufer der Erwerb der Anlagemünzen bis Ende 2012 auch aus steuerlichen Gründen. Denn bis Ende 2013 dürfte das Interesse potenzieller Käufer wegen des dann noch geltenden ermäßigten Steuersatzes groß sein, danach jedoch gegen Null tendieren.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).