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Der mysteriöse Brief in Austin, Texas

29.01.2011  |  Redaktion
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Der Brief

Gesagt, getan. Denn am nächsten Tag fand ich des Abends eine Email von Professor Galbraith unter den eingegangen Nachrichten samt und sonders eines PDF-Anhangs. Mit der Frage versehen: "Irgendetwas Interessantes da drin?", hatte er mir eine Photokopie des viel diskutierten, aber nie so recht gesichteten Briefes geschickt, den Karl Blessing am 30. März 1967 an die Adresse von William M. Martin, dem damaligen Vorsitzenden des Board of Governors des Federal Reserve Systems der USA, aufgesetzt hatte. Diese Kopie (Download als PDF) veröffentlichen wir nunmehr hier und machen damit dieses wichtige Dokument erstmals im Internet für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich:

In dem vorliegenden Brief schrieb Blessing durchaus von gewissen Problemen hinsichtlich der "Goldpolitik" beider Staaten, und ja, er adressierte das Problem der Kosten für die Stationierung der US-Armee in West-Deutschland. Eine Zusicherung allerdings, dass die Bundesbank niemals beabsichtigen werde, ihre in den Vereinigten Staaten gelagerten Goldreserven abzuziehen, solange im Gegenzug die US-Truppen auf deutschem Boden bleiben würden, sucht das lesende Auge vergebens. Auch wird, wie Dr. Ulfkotte nahelegt, niemals auch nur ansatzweise die Frage der generellen Lagerung an sich aufgeworfen. Dafür lässt sich in den letzten beiden Sätzen des Briefes die Interpretation von Dimitri Speck belegen, die er mir bereits vergangenen Dezember per Telefon gegeben hatte. Mit dem vorangehenden Hinweis, dass Deutschland schon seit einigen Jahren keine Dollar mehr in Gold umgetauscht habe, ließ Blessing seinen Kollegen Martin wissen - wir zitieren zunächst im englischen Original:

"By refraining from dollar conversions into gold from the United States Treasury the Bundesbank has intended to contribute to international monetary cooperation and to avoid any disturbing effects on the foreign exchange and gold markets. You may be assured that also in the future the Bundesbank intends to continue this policy and to play its full part in contributing to international monetary cooperation."

Und hier nun die Kern-Aussage auf Deutsch:

"Indem sie es unterließ, Dollars in Gold des US-Schatzamts zu konvertieren, hat die Bundesbank beabsichtigt, zu einer internationalen monetären Kooperation beizutragen und störende Effekte für die Devisen- und Goldmärkte zu vermeiden. Sie können versichert sein, dass die Bundesbank auch weiterhin plant, diese Politik fortzusetzen und ihren Beitrag zu voller internationaler monetärer Kooperation zu leisten."

Direkt im Anschluss, als ich die Kopie des Briefes erhalten hatte, schickte ich die PDF-Datei zur Auswertung an Dimitri Speck und Peter Boehringer. Ein paar Tage später folgt an dieser Stelle nun die Einordnung des "Blessing-Briefs" von Dimitri Speck:

"Die Amerikaner und Briten drohten 1967, wegen der Kosten ihre Stationierungen in Westdeutschland zu reduzieren. Wegen des Kalten Krieges wollten die Deutschen eine Reduktion vermeiden, ohne allerdings selbst mehr zu zahlen. Teil des Abkommens dann war der Blessing-Brief, der den Verzicht auf Konvertierungen von Dollar in Gold bekräftigte. Deutschland hat sich also (wie andere Länder) Sicherheit gekauft, indem es Dollarforderungen als Devisenreserve anhäufte.

Zwar wurde die Verpflichtung zum Goldeintausch dann erst 1971 endgültig aufgekündigt. Der Blessing-Brief bekräftigte aber formal den Verzicht des größten Dollarhalters, Deutschlands, auf Konvertierungen von Dollars in Gold. Der Brief war somit ein wesentlicher Schritt zum weltweiten Dollarstandard, was die Berater der US-Regierung bereits erkannten und in internen Papieren auch so benannten."

Das also ist dann der reale Inhalt und die historische Signifikanz des "Blessing-Briefes" in Austin, Texas. Er war ein Ende und ein Anfang - wobei das, was damals inoffiziell anfing, namentlich der Dollarstandard, nunmehr in unserer Zeit an sein Ende zu kommen scheint, wohingegen Gold wieder zu monetärer Bedeutung gelangt.

Darüber hinaus empfiehlt Herr Speck, sich bei weiterem Interesse am geschichtlichen Umfeld des "Blessing-Briefs" mit den diesbezüglichen Arbeiten von Thomas Holderegger und Hubert Zimmermann zu beschäftigen. "Ich bin bei den Recherchen zu meinem Buch auf ihre Beiträge zum Thema gestoßen und hatte mit den beiden kommuniziert, da sie eine Kopie des Briefes gemacht hatten (wie jetzt James Galbraith für Sie)."

Zuletzt sei gesagt, dass es durchaus eine "Immobilisierungs"-Vereinbarung zwischen der BRD und den USA auf Zentralbanken-Ebene zu den deutschen Goldreserven in NYC geben mag; Indizien sprechen dafür, seien wir nicht blauäugig. In dem "Blessing-Brief" aber, der von einer anderen Vereinbarung großer Tragweite handelt, findet sich dafür kein Beweis - und so muss diese Suche jedenfalls weitergehen.

Auf der nachfolgendenen Seite finden sie noch das Quellenverzeichnis....


© Lars Schall





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