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Platin im Spannungsfeld zwischen Nachfrageschwäche und Angebotsproblemen

03.11.2012  |  Thorsten Proettel
Rückblick

Der Platinpreis bewegt sich seit mehr als einem Jahr in einem breiten Band zwischen etwa 1.400 USD und 1.700 USD je Feinunze seitwärts. Beeinflussende Faktoren sind einerseits die schwankenden Konjunkturerwartungen. Zu-letzt beherrschten jedoch die Streiks in den Platinminen Südafrikas als wichtigstem Förderland die Notierungen.


Lage in Südafrika entscheidend für Preisentwicklung

Auf die Republik Südafrika entfielen 2011 rund 75% der weltweiten Platinförderung und bei Berücksichtigung des Recyclings immerhin noch 57% des Gesamtangebots. Unterbrechungen des südafrikanischen Platinnachschubes wirken sich deshalb unmittelbar und deutlich auf die Preisfeststellung an den Rohstoffbörsen aus. Zuletzt war dies im August der Fall, als ein wilder Streik von mehreren Tausend Bergarbeitern die Marikana-Mine des Lonmin-Konzerns lahmlegte. Der Platinpreis kletterte zuerst um rund 300 USD, aber verlor anschließend im Zuge einer relativen Entspannung der Lage wieder die Hälfte des Zugewinns.

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Soziale Lage der Bergarbeiter verheerend

Hintergrund der Streiks sind die seit dem Ende des Apart-heidregimes im Jahr 1994 kaum verbesserten Lebensbedingungen der Minenarbeiter. Von der Regierungsübernahme des Afrikanischen Nationalkongresses profitierte offenbar hauptsächlich eine relativ kleine schwarze Führungsschicht, die heute wichtige Positionen in Minenunternehmen, der Regierung und der regierungsnahen Gewerkschaft NUM innehat.

Von letzterer fühlen sich die Kumpel nicht ausreichend vertreten, weshalb sie massenweise zur progressiveren Minenarbeiter- und Baugewerkschaft übertreten. Höhepunkt des Verteilungskonfliktes war die blutige Auflösung des wilden Streiks bei Lonmin. Die Polizei erschoss 34 Kumpel und verletzte weitere 78. Diese vollkommen unnötige Eskalation führte zu einem Übergreifen der Streiks auf andere Minen und verdeutlichte die Brüchigkeit des sozialen Friedens in Südafrika.

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Branche kämpft mit hohen Kosten

Der Spielraum für Lohnerhöhungen der Kumpel dürfte in den vergangenen Jahren allerdings eher begrenzt gewesen sein. In der Branche werden durchschnittliche Förderkosten von etwa 12.000 Südafrikanischen Rand je Feinunze als Maßstab genannt, die bereinigt um den Wechselkurs zum USD in den vergangenen Monaten eine Art Preisuntergrenze für die Platinnotierungen darstellten. Aufgrund steigender Energiekosten und der nun teilweise vereinbarten Lohnerhöhungen von bis zu 22% dürften die Aufwendungen weiter zulegen.

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Fahrzeughersteller aktuell pessimistisch

Das wichtigste Einsatzfeld von Platin ist die Verwendung als Katalysematerial in Abgasumwandlern von Kraftfahrzeugen, insbesondere solchen mit Dieselmotoren. Daneben sind weitere industrielle Anwendungen in der Chemie, der Glasherstellung und der Elektrotechnik bedeutend. Drittens dient Platin als Schmuckmetall, wobei sich die Nachfrage mit einem Anteil von rund 70% sehr stark auf China konzentriert. Vermutlich dämpft die aktuelle Konjunkturdelle im Reich der Mitte die Ausgaben für Platinschmuck etwas, wobei sich die Lage der Juweliere mit der von uns erwarteten Beschleunigung des Wachstums 2013 wieder bessern dürfte.

Dagegen wird der Bedarf der Kfz-Industrie auch im kommenden Jahr vermutlich weiterhin schwach ausfallen. Europa ist die gemessen am Platinbedarf für Fahrzeuge dominierende Weltregion und zumindest in der Europäischen Währungsunion dürfte die Wirtschaft stagnieren. Auch in der von der Krise bislang unbeeindruckt gebliebe-nen Bundesrepublik deutet der Abwärtstrend des ifo-Index keine Belebung an.


Fazit

Ungeachtet der Streiks spricht die schleppende Platinnachfrage insbesondere aus dem Kraftfahrzeugbereich für ein Angebotsüberschuss im Jahr 2013. Der Preis dürfte sich dem entsprechend auf dem Niveau der Produktionskosten bewegen, die in den kommenden Monaten vermutlich weiter ansteigen. Für einen leichten Preisanstieg in Richtung 1.650 USD spricht auch die fragile soziale Lage in Südafrika bei der gleichzeitig hohen Bedeutung der Kaprepublik für die Angebotsseite. Solange ein Wiederaufflammen der wilden Streiks jederzeit möglich erscheint, dürften die Käufer bereit sein, eine gewisse Verfügbarkeitsprämie zu zahlen. Sollte die Lage eskalieren, ist mit punktuell starken Preisschüben zu rechnen.

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© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



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