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Inflation ...

06.02.2011  |  Klaus Singer
Seit Jahresbeginn wird in der Presse das Thema "Inflation" breit diskutiert - anekdotische Hinweise für anziehende Preise gibt es genügend.

So liegen z.B. basierend auf den "zero coupon (ZC) inflation swaps" (1 und 10 Jahre) die Inflationserwartungen für Europa mittlerweile über dem EZB-Ziel von 2%. Der Preis-Subindex des US-Einkaufsmanager-Indexes ist im Januar auf 81,5 gestiegen, im Vormonat hatte er noch bei 72,5 gelegen. Der Index der US-Erzeugerpreise (PPI) hat im Jahresvergleich um 4,1% zugelegt, der Verbraucherpreisindex CPI hinkt mit 1,4% noch nach. Usw.

Gleichzeitig schwächelt der Goldpreis aber seit November, seit Mitte Dezember laufen auch die langfristigen Bond-Renditen seitwärts. Eigentlich ist zu erwarten, dass mit der Wahrscheinlichkeit steigender Preise auch Goldpreise und Renditen steigen.

Im längerfristigen Kontext sind beide tatsächlich gute Indikatoren für Inflationserwartungen. Beide haben jedoch in einem kurzfristigeren Zeitbereich ein gewisses Eigenleben, so dass man sich nicht auf einen allein verlassen sollte. Es macht Sinn, beide zu kombinieren (siehe Chart!). Insbesondere kann man damit "safe-heaven"-Effekte reduzieren, bzw. neutralisieren.

Die so ermittelten Inflationserwartungen haben seit Beginn der 1980er Jahre bis zur Jahrtausendwende stetig abgenommen, was auch mit den abnehmenden Zuwachsraten etwa beim CPI zusammenpasst. Der Tiefpunkt der Entwicklung lässt sich Mitte 2003, in der Frühphase des nach der Rezession 2001 im März 2003 gestarteten Bull-Runs festmachen. Gold bildete bereits 2001 einen Boden aus, der Zinsindikator stieg zwei Jahre nachlaufend ebenfalls bis August 2007. Dann warf die Finanzkrise ihre ersten Schatten, Investoren suchten die Sicherheit von Staatsanleihen.

Seit Jahresbeginn gehen die Inflationserwartungen zurück. Das ist einerseits der Schwäche des Goldpreises geschuldet, andererseits stagnieren die Renditen seit Mitte Dezember. Sie waren seit Ende Oktober (QE2 Anfang November!) deutlich gestiegen und hatten die damals bereits einsetzende Goldpreis-Schwäche zunächst kompensiert.

Wie beeinflussen Inflationserwartungen das Kaufverhalten bei Aktien?

Wenn man den nominalen S&P 500 um die Inflationserwartungen bereinigt, erhält man einen "realen" Index, der umso weiter unter den nominalen Werten liegt, je stärker die Inflationserwartungen ausgeprägt sind. Phasen mit signifikanten Abweichungen gab es zwischen 1994 und 1998, sowie 1999 und 2000, auch zwischen Mitte 2004 und Herbst 2008, sowie von Mitte 2009 bis Mitte 2010. Auch seit Mitte Oktober gilt nach einer Wackelperiode wieder, dass der „reale“ S&P 500 signifikant unter dem nominalen liegt. Interessant ist dabei, dass sich der "reale" S&P 500 seit 2003 in einer intakten Spanne bewegt, deren Grenzen mehrfach getestet wurden, die Obergrenze zuletzt Mitte Oktober.

Die Vermutung liegt nahe, dass Anleger, die steigende Preise, bzw. die Entwertung von Geldvermögen erwarten, Käufe von Sachanlagen forcieren. Geläufiges Beispiel ist die Absicherung durch Immobilienbesitz. Aktien sind ebenfalls Sachanlagen. Die Differenz zwischen nominalem und „gefühlten“ S&P 500 dürfte auch ein Maß dafür sein, wie stark Inflationserwartungen Aktienkäufe zumindest unterstützen, wenn nicht treiben. Solche Phasen markiert die rote Signalkurve im Chart mit einem Ausschlag nach oben.

Etwas akademischer Hintergrund:

Weithin wird (zu Recht) unterstellt, dass Anleihen und Aktien konkurrierende Anlagemöglichkeiten sind. Diese Annahme liegt auch dem Fed-Modell zugrunde. Vereinfacht folgt daraus auf lange Sicht aber auch für Anleger, die als Halter von Assets unterwegs sind: Wenn die Anleihe-Renditen steigen, steigen auch die Erträge aus Aktienanlagen (Verhältnis von Dividenden und Unternehmensgewinnen zum Kurs) - und umgekehrt. Beim Aktien-Ertrag stehen im Zähler und Nenner Geldbeträge. Die Inflation kürzt sich bei Berechnung der Aktienrendite heraus, sie übt somit keinen Einfluss hierauf aus.

Tatsächlich aber ist über längere Zeiträume hinweg die Korrelation zwischen steigenden Aktienkursen und anziehender Inflation ausgeprägt. Wie kann das erklärt werden?

Die Inflationsrate spielt bei der Entwicklung der Anleiherenditen eine wichtige Rolle. Wenn der Anleihegläubiger eine bestimmte positive reale Rendite erwartet, wird er bei steigender Inflationsrate eine steigende nominale Verzinsung verlangen. Für die alternative Aktienanlage bedeutet das, dass damit auch ihr Ertragsrahmen steigt.

Nach Franco Modigliani und Richard Cohn missverstehen Anleger in einem inflationären Umfeld die nominalen, inflationsgetriebenen Wachstumsraten von Dividenden und Gewinnen als real und extrapolieren sie. Sie haben dies in einer Arbeit 1979 mit "Inflations-Illusion" bezeichnet.

Mit der Erwartung steigender Aktienerträge greifen Anleger zu Aktien, was zu steigenden Kursen führt. Dadurch aber bleibt der Abstand zur Anleihe-Rendite erhöht. Weiter anhaltende Inflation lässt die Anleihe-Rendite weiter steigen, die nominale Expansion von Gewinnen und Dividenden wird weiter gekauft usw. In einem entwickelten Inflationsszenario (mit Zweitrundeneffekten) kommt hinzu, dass ihre höhere Preismacht den Unternehmen hilft, ihre Margen zu steigern. Das untermauert die Anleger-Erwartung noch.




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