Wenn unendliche Inflation nicht mehr reicht
10.11.2012 | Peter Schiff
Wenn sich ohnehin keiner drum kümmert, dass sich die Titanic mit Wasser füllt, warum dann nicht noch ein weiteres Loch reinbohren? Das scheint der Modus operandi der Bernanke-Federal Reserve zu sein. Nachdem die Ankündigung von QE3 (auch QE Infinity genannt) gleich eine weitere Runde Mediengeschwätz über eine wirtschaftliche Erholung erzeugt hatte, entschied sich der Fed-Offenmarktausschuss das Unendliche noch ein klein wenig auszuweiten. Die jüngsten Maßnahmen sehen zudem den Rollover langlaufender US-Staatsanleihen vor, die im Rahmen der "Operation Twist" angekauft wurden, wodurch sich QE3 mehr als verdoppelt - und ab Dezember nun monatlich ein Falschgeldzufluss von 85 Milliarden $ generiert wird. Ich nenne das “QE3 Plus” - jetzt mit noch mehr Inflation!
Inflation - nur anders ausgedrückt
Falls Sie schon den Überblick verloren haben, auf welche Art und Weise die Fed die wirtschaftlichen Prozesse verzerrt - hier eine Auffrischung zum Thema "Operation Twist": Die Fed verkauft US-Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von drei oder weniger Jahren; mit den Erlösen kauft sie langlaufende US-Staatsanleihen auf. Mit dieser Verdrehung (engl. "twist") ihres Portfolios sollen die langfristigen Zinssätze gesenkt werden, um die US-Wirtschaft stärker und die Inflation niedriger erscheinen zu lassen, als das in Wirklichkeit der Fall ist.
Die Fed behauptet, Operation Twist sei inflationsneutral, da der Umfang ihrer Bilanz konstant bliebe. Dennoch sorgen diese Maßnahmen dafür, dass falsche Signale an die Marktteilnehmer gesendet werden. Sie können jetzt günstiger Kredite aufnehmen, um langfristige Projekte zu finanzieren, für die es keinen berechtigten Rückhalt gibt. Niedrige Zinssätze sind Teil des Problems und nicht dessen Lösung: Das sagte ich letztes Jahr, als Operation Twist angekündigt wurde, und ich sage es heute noch.
Interventionen sind nie neutral
So wie die Fed damals ihre Zinsgewalt nutzte, um Dot-Com-Unternehmen und anschließend auch der Immobilien-Bubble den Anschein tragfähiger Langzeitinvestitionen zu verleihen, so benutzt sie aktuell QE3 Plus, um die "fiskalische Klippe", an der die USA in naher Zukunft stehen, zu verdecken.
Indem die Fed die durchschnittliche Laufzeit ihres Portfolios verlängert, transportiert sie auch die nach der Kreditkrise von 2008 geschaffene Inflation weiter. Damals wurde uns versprochen, dass die Fed ihre Neugeldspritzen zum passenden Zeitpunkt wieder rückgängig machen werde. Längere Restlaufzeiten verringern die Qualität und die Liquidität der Fed-Bilanz, wodurch sich die versprochene "sanfte Landung“ noch schwerer bewerkstelligen lässt.
Die Fed kann nicht unendlich drucken, ohne dass die Verbraucherpreise dabei verrücktspielen. In vielerlei Hinsicht ist das schon jetzt der Fall. Man denke nur an die Benzinpreise oder den Preise für einen Hamburger. Sollte die Fed tatsächlich Preissteuerungsabsichten hegen, dann wird sie irgendwann auch die langfristigen Anleihen in ihrem Portfolio verkaufen müssen. Während sich die kurzlaufende Papiere relativ problemlos verkaufen lassen oder diese unter den harten wirtschaftlichen Bedingungen einfach auslaufen könnten, so lassen sich die Langläufer nur mit großen Abschlägen wieder verkaufen. Und das hätte verheerende Folgen für die gesamte Zinskurve.
Es handelt sich hierbei mitnichten um einen fairen Handel, bei dem geringfügig niedrigere Zinssätze heute gegen geringfügig erhöhten Zinssätzen in Zukunft ausgetauscht werden. In der Zwischenzeit werden der Staat und der Privatsektor eine ganze Menge zusätzlicher und verschwenderischer Ausgaben vorgenommen haben. Wann wird für Bernanke & Co. der richtige Zeitpunkt gekommen sein, um zu bekunden, dass die USA grundlegend insolvent sind? Dieser Plan setzt eindeutig noch stärkere Anreize, die Drückung der Zinssätze auch in Zukunft fortzusetzen, bis eine Mega-Krise sie in Zugzwang bringt.
Wenn die Zinssätze steigen (und die Verkäufe der Fed lassen diesen Anstieg noch drastischer ausfallen), dann wird die Fed zudem gewaltige Verluste in ihrem Portfolio erleiden, die dann, Dank der neuen US-Gesetzgebung, zu einer direkten Verpflichtung des US-Finanzministeriums werden - also des US-Steuerzahlers.
Natürlich blendet die Fed diese Tatsache vehement aus. Obwohl eine schmerzhafte Korrektur notwendig wäre, möchte kein Machthaber diese erleben, solange er selbst noch im Amt ist. Bernanke wird also an seinen gut einstudierten Sätzen festhalten: Das Geld wird fließen, solange es keine "substanzielle Verbesserung“ bei den Arbeitslosenzahlen gibt.
Glaubt Bernanke all das selbst?
Selbst Bernanke muss einen Schimmer davon haben, dass es in nächster Zeit keine "substanziellen Verbesserungen“ in irgendeiner Form geben wird. Schon bevor QE3 angekündigt wurde, hatte ich darauf hingewiesen, dass Bernanke seinen eigenen Job möglicherweise durch eine neue Stimulus-Runde retten werde. In letzter Zeit wird allerdings vermehrt darüber spekuliert, dass er sich nach Ablauf seiner Amtszeit nicht mehr als Chef der Federal Reserve zur Verfügung stellen wird. Vielleicht ist er wirklich schlauer, als ich dachte. Er könnte einen Stein auf das Gaspedal der in Richtung fiskalische Klippe schlingernden Wirtschaft gepackt haben, um abzuspringen, kurz bevor sie über den Abhang geht. Wer immer seinen Platz einnehmen wird, er wird die Einzelteile wieder aufsammeln und auch die Schuld an der Krise auf sich nehmen müssen, die Bernanke und seine Vorgänger entfacht hatten.
Verwetten Sie Ihre Ersparnisse nicht auf die Politik
Für Investoren, die nach einem sicheren Hafen für ihr Geld suchen, ist QE3 Plus ein sehr deutliches Signal, dass Gold und Silber noch weit von ihren Höchstständen entfernt sind. Nach der Ankündigung von QE 3 erreichte Gold Anfang Oktober ein 11-Monate-Hoch, die Reaktion auf das letzte Treffen der Fed war hingegen sehr verhalten. Wenn die Fed im Dezember ihr Festhalten an QE3 Plus verkündet, würde mich eine viel stärkere Rally keinesfalls überraschen. Aus diesem Grund achten viele auch auf die Wahlergebnisse, bevor sie sich für Edelmetalle entscheiden.
Wie die Leser meiner Kommentare aber wissen, sind kurzfristige Trends kein guter Grund für physische Edelmetallinvestments. QE3 Plus kann nur die Zuversicht jener stärken, die auf langfristige Vermögensabsicherung durch Sachanlagen bedacht sind. Ganz gleich, wer im Januar sein Amt übernehmen wird, Helikopter Ben Bernanke wird weiter Kurs auf Dollar-Entwertung halten, solange bis es zur Vertrauensflucht aus dem Dollar kommt.
© Peter Schiff
www.europac.net
Dieser Artikel erschien am 08.11.2012 auf www.24hgold.com und wurde exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
Inflation - nur anders ausgedrückt
Falls Sie schon den Überblick verloren haben, auf welche Art und Weise die Fed die wirtschaftlichen Prozesse verzerrt - hier eine Auffrischung zum Thema "Operation Twist": Die Fed verkauft US-Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von drei oder weniger Jahren; mit den Erlösen kauft sie langlaufende US-Staatsanleihen auf. Mit dieser Verdrehung (engl. "twist") ihres Portfolios sollen die langfristigen Zinssätze gesenkt werden, um die US-Wirtschaft stärker und die Inflation niedriger erscheinen zu lassen, als das in Wirklichkeit der Fall ist.
Die Fed behauptet, Operation Twist sei inflationsneutral, da der Umfang ihrer Bilanz konstant bliebe. Dennoch sorgen diese Maßnahmen dafür, dass falsche Signale an die Marktteilnehmer gesendet werden. Sie können jetzt günstiger Kredite aufnehmen, um langfristige Projekte zu finanzieren, für die es keinen berechtigten Rückhalt gibt. Niedrige Zinssätze sind Teil des Problems und nicht dessen Lösung: Das sagte ich letztes Jahr, als Operation Twist angekündigt wurde, und ich sage es heute noch.
Interventionen sind nie neutral
So wie die Fed damals ihre Zinsgewalt nutzte, um Dot-Com-Unternehmen und anschließend auch der Immobilien-Bubble den Anschein tragfähiger Langzeitinvestitionen zu verleihen, so benutzt sie aktuell QE3 Plus, um die "fiskalische Klippe", an der die USA in naher Zukunft stehen, zu verdecken.
Indem die Fed die durchschnittliche Laufzeit ihres Portfolios verlängert, transportiert sie auch die nach der Kreditkrise von 2008 geschaffene Inflation weiter. Damals wurde uns versprochen, dass die Fed ihre Neugeldspritzen zum passenden Zeitpunkt wieder rückgängig machen werde. Längere Restlaufzeiten verringern die Qualität und die Liquidität der Fed-Bilanz, wodurch sich die versprochene "sanfte Landung“ noch schwerer bewerkstelligen lässt.
Die Fed kann nicht unendlich drucken, ohne dass die Verbraucherpreise dabei verrücktspielen. In vielerlei Hinsicht ist das schon jetzt der Fall. Man denke nur an die Benzinpreise oder den Preise für einen Hamburger. Sollte die Fed tatsächlich Preissteuerungsabsichten hegen, dann wird sie irgendwann auch die langfristigen Anleihen in ihrem Portfolio verkaufen müssen. Während sich die kurzlaufende Papiere relativ problemlos verkaufen lassen oder diese unter den harten wirtschaftlichen Bedingungen einfach auslaufen könnten, so lassen sich die Langläufer nur mit großen Abschlägen wieder verkaufen. Und das hätte verheerende Folgen für die gesamte Zinskurve.
Es handelt sich hierbei mitnichten um einen fairen Handel, bei dem geringfügig niedrigere Zinssätze heute gegen geringfügig erhöhten Zinssätzen in Zukunft ausgetauscht werden. In der Zwischenzeit werden der Staat und der Privatsektor eine ganze Menge zusätzlicher und verschwenderischer Ausgaben vorgenommen haben. Wann wird für Bernanke & Co. der richtige Zeitpunkt gekommen sein, um zu bekunden, dass die USA grundlegend insolvent sind? Dieser Plan setzt eindeutig noch stärkere Anreize, die Drückung der Zinssätze auch in Zukunft fortzusetzen, bis eine Mega-Krise sie in Zugzwang bringt.
Wenn die Zinssätze steigen (und die Verkäufe der Fed lassen diesen Anstieg noch drastischer ausfallen), dann wird die Fed zudem gewaltige Verluste in ihrem Portfolio erleiden, die dann, Dank der neuen US-Gesetzgebung, zu einer direkten Verpflichtung des US-Finanzministeriums werden - also des US-Steuerzahlers.
Natürlich blendet die Fed diese Tatsache vehement aus. Obwohl eine schmerzhafte Korrektur notwendig wäre, möchte kein Machthaber diese erleben, solange er selbst noch im Amt ist. Bernanke wird also an seinen gut einstudierten Sätzen festhalten: Das Geld wird fließen, solange es keine "substanzielle Verbesserung“ bei den Arbeitslosenzahlen gibt.
Glaubt Bernanke all das selbst?
Selbst Bernanke muss einen Schimmer davon haben, dass es in nächster Zeit keine "substanziellen Verbesserungen“ in irgendeiner Form geben wird. Schon bevor QE3 angekündigt wurde, hatte ich darauf hingewiesen, dass Bernanke seinen eigenen Job möglicherweise durch eine neue Stimulus-Runde retten werde. In letzter Zeit wird allerdings vermehrt darüber spekuliert, dass er sich nach Ablauf seiner Amtszeit nicht mehr als Chef der Federal Reserve zur Verfügung stellen wird. Vielleicht ist er wirklich schlauer, als ich dachte. Er könnte einen Stein auf das Gaspedal der in Richtung fiskalische Klippe schlingernden Wirtschaft gepackt haben, um abzuspringen, kurz bevor sie über den Abhang geht. Wer immer seinen Platz einnehmen wird, er wird die Einzelteile wieder aufsammeln und auch die Schuld an der Krise auf sich nehmen müssen, die Bernanke und seine Vorgänger entfacht hatten.
Verwetten Sie Ihre Ersparnisse nicht auf die Politik
Für Investoren, die nach einem sicheren Hafen für ihr Geld suchen, ist QE3 Plus ein sehr deutliches Signal, dass Gold und Silber noch weit von ihren Höchstständen entfernt sind. Nach der Ankündigung von QE 3 erreichte Gold Anfang Oktober ein 11-Monate-Hoch, die Reaktion auf das letzte Treffen der Fed war hingegen sehr verhalten. Wenn die Fed im Dezember ihr Festhalten an QE3 Plus verkündet, würde mich eine viel stärkere Rally keinesfalls überraschen. Aus diesem Grund achten viele auch auf die Wahlergebnisse, bevor sie sich für Edelmetalle entscheiden.
Wie die Leser meiner Kommentare aber wissen, sind kurzfristige Trends kein guter Grund für physische Edelmetallinvestments. QE3 Plus kann nur die Zuversicht jener stärken, die auf langfristige Vermögensabsicherung durch Sachanlagen bedacht sind. Ganz gleich, wer im Januar sein Amt übernehmen wird, Helikopter Ben Bernanke wird weiter Kurs auf Dollar-Entwertung halten, solange bis es zur Vertrauensflucht aus dem Dollar kommt.
© Peter Schiff
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Dieser Artikel erschien am 08.11.2012 auf www.24hgold.com und wurde exklusiv für GoldSeiten übersetzt.