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Die "Target-2-Salden" kommen Deutschland teuer zu stehen

28.12.2012  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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In solch einem Fall wäre wohl eine (Teil-)Abschreibung erforderlich: Das austretende Land wird vermutlich nicht in der Lage und/oder willens sein, seine in Euro lautende Target-2-Verpflichtung zu bezahlen.

Führt das Land eine neue Währung ein (und wertet letztere gegenüber dem Euro ab), so würde die Bundesbank in jedem Falle wohl Verluste in der Gewinn- und Verlustrechnung zu verbuchen haben.


Vage Verlustaufteilung

Die EU-vertragliche Grundlage zur Aufteilung eines Verlustes im Eurosystem ist vage. Bezüglich eines EZB-Verlustes gibt es eine "kann-Formulierung": Ein EZB-Verlust kann zum Beispiel aus dem EZB-Reservefonds beglichen werden - aber das hängt allein von der Entscheidung des EZB-Rates ab.

Wie mit Verlusten umzugehen ist, die bei nationalen Zentralbanken anfallen, ist alles andere als klar geregelt. Naheliegend wäre es, dass Verluste, die bei einer nationalen Zentralbank anfallen, entsprechend den Kapitalanteilen ge-schultert werden, die die nationalen Zentralbanken am EZB-Kapital halten.

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Quelle EZB. Der Anteil der NZBen an diesem Kapital wird mithilfe eines Schlüssels berechnet, der dem Anteil des jeweiligen Landes an der Gesamtbevölkerung und dem Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union (EU) entspricht. Diese beiden Bestimmungsfaktoren werden bei der Berechnung gleich gewichtet.


Wie aber wäre ein Verlust, der durch Target-2 entsteht - also durch ein Auf-spalten des Euroraums - zu verteilen? Darüber lässt sich nur spekulieren. Im "Ernstfall" wäre wohl nicht auszuschließen, dass die Bundesbank auf ihren Target-2-Forderungen sitzenbleibt.


Bisher kein Verlustausgleich

Seit etwa 2007 haben sich die Target-2-Salden stetig aufgebaut. Einen (Ver-lust-)Ausgleich hat es zwischen nationalen Zentralbanken und der EZB bislang nicht gegeben. Die Target-2-Salden werden offensichtlich (immer noch) als "vorübergehende Erscheinung" eingeordnet; daher bildet zum Beispiel auch die Bundesbank keine Rückstellung (für drohende Verluste).

Diese Bilanzierungspraxis verneint, dass die sich auftürmenden Target-2-Salden einen Aufbau von (teilweise oder ganz) uneinbringlichen Forderungen beziehungsweise Verbindlichkeiten darstellen.


Weiteres Anwachsen der Target-2-Salden

Die Target-2-Salden könnten noch weiter anwachsen, und zwar vor allem dann, wenn:

(1) die jetzigen Defizit-Länder ihren Auslandsfinanzierungsbedarf nicht zurück-führen und die EZB beziehungsweise die jeweilige nationale Zentralbank die Finanzierungslücke mit einer Geldmengenausweitung schließen; und/oder

(2) die Kapitalflucht aus den Problem-Ländern weitergeht beziehungsweise erst richtig einsetzt - was dann denkbar ist, wenn ein Auseinanderbrechen des Euroraums erwartet wird. Die Target-2-Beträge, die dabei auflaufen, könnten schwindelerregende Größenordnungen annehmen. Allein der potentielle "Kapitalfluchtbetrag" in Form von Bankdepositen und ausstehenden Bankschuldverschreibungen aus Griechenland, Portugal, Spanien und Italien beläuft sich auf insgesamt mehr als 4.660 Mrd. Euro!




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