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Todesglocken für die Wirtschaftserholung

08.01.2013  |  Clif Droke
Man könnte es den “Schuss, der um die ganze Welt gehört wurde“ nennen. Ziel war offenbar die Senkung des US-Haushaltsdefizits, die Wirkung lässt sich allerdings mit einer Kugel durch die Brust des sich erholenden Verbrauchers vergleichen.

Letzte Woche wurde die arbeitende Klasse in den USA von einer deutlichen Erhöhung der Payroll-Tax getroffen - ein Schlag, der zu keinem schlechteren Zeitpunkt hätte kommen können. Gerade als die Wirtschaftserholung ein klein wenig an Fahrt gewinnen wollte, nahmen die gewählten Vertreter ihr buchstäblich den Wind aus den Segeln, indem sie die Steuern erhöhten. Steuererhöhungen sind das letzte, was man braucht, wenn die wirtschaftliche Grundströmung, wie derzeit, deflationär ist. Diese Maßnahme wird letztendlich mehr Deflation entstehen lassen, da die Verbraucher ihre Ausgaben drosseln, wenn ihre Gehaltsschecks dank des US-Kongresses gekürzt werden.

Nachdem ich Unmengen von Zeitungsartikeln und Blogeinträgen zum Thema Steuererhöhung gelesen hatte, war ich verblüfft, wie wenig Entrüstung sie unter den Opfern erzeugte. Nur wenige scheinen das enorme Ausmaß der Situation zu erkennen: Für viele US-Verdiener steht in diesem Jahr eine monatliche Gehaltskürzung von 100 $ an, doch nur wenige scheinen zu begreifen, welche Folgen das haben wird.

Um dieses monatliche Minus von 100 $ für den US-Verbraucher im richtigen Verhältnis zu sehen, wollen wir einen Blick auf den zu erwartenden Anstieg der Lebenshaltungskosten im kommenden Jahr werfen. Neben den geringer ausfallenden Lohnzahlungen aufgrund der Abschläge für Social Security und Gesundheitsfürsorge stehen den Amerikanern zudem steigende Lebensmittelpreis ins Haus. Die Lebensmittelkosten im Einzelhandel sollen im Jahr 2013 um 4% steigen, heißt es bei AOL Daily Finance. In der Summe wären das ca. 40 $ pro Monat für eine Durchschnittsfamilie.

Sobald die neuen Sätze im Februar in Kraft treten, werden die Beiträge für die Gesundheitsvorsorge um 20 $ pro Monat steigen. Internetdienstleistungen werden um 2 $ pro Monat steigen, da die Anbieter erneut die Entgelte erhöhen. Auch die Kosten für Kabel-TV werden um 5 $ steigen, da auch hier die Preise erhöht werden. “Das heißt, dass Ihre Gesamtausgaben in diesem Jahr um 70 $ steigen könnten, vorausgesetzt, die Benzinpreise bleiben gleich und übersteigen nicht die Marke von 4 $ pro Gallone", meint John Matarese von EW Scripps Co.

Aufschlussreich sind ebenfalls die Ergebnisse einer vor Kurzem durchgeführten Studie des Center for Responsible Lending: Nach den monatlichen Ausgaben bleiben dem durchschnittlichen Amerikaner nur noch 100 $. Die Studie kam zu dem Schluss: "Unter Berücksichtigung der Inflation hatte der durchschnittliche US-Haushalt zum Jahresende 2010 ein geringeres Einkommen als noch zu Anfang des Jahrzehnts. Trotz steigender Arbeitskraftproduktivität haben die Arbeitgeber ihre Angestellten zudem nur selten mit steigendem Gehalt belohnt.“

In der Studie heißt es weiter, der Gesamteffekt aus stagnierender Lohnentwicklung, Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung zwinge viele Familien zu Ausgabenkürzungen und der Verwendung aller verfügbaren Vermögensanlagen, um weiterhin solvent zu bleiben. Die Studie schließt mit folgender Warnung: “Damit die US-Wirtschaft wieder wachsen kann, müssen die US-Haushalte in der Lage sein, ihre Ausgaben zu erhöhen. Das wird sich jedoch schwierig gestalten, da die Haushalte mit stagnierenden Einkommen, steigenden Ausgaben, steigenden Schuldenständen und sinkenden Nettovermögenswerten zu kämpfen haben.“

Die Vermutung, dass die Steuererhöhungen zumindest ein weiterer Schlag gegen die Erholung des US-Konsumenten sind, ist daher keinesfalls übertrieben. Ein großer Teil dessen, was Washington in den letzten vier Jahren zur Wiederankurbelung der Verbraucherausgaben unternommen hatte, wurde durch diesen leichtfertigen Schritt geopfert. Die “selbst zugefügte Wunde”, von der der Präsident vor dem Urnengang gesprochen hatte, ist jetzt Wirklichkeit geworden.

Die von beiden Parteien getragenen Steuererhöhungen wiedersprechen der Behauptung des US-Kongresses, die Arbeitslosenquote hätte oberste Priorität. Sal Gentile schrieb Folgendes in einem MSNBC-Artikel: „Die politische Klasse hat sich allem Anschein nach selbst überzeugt, dass Unterbeschäftigung kein Problem mehr darstelle, obgleich nur 58% der US-Amerikaner Jobs haben; im Grunde war diese Zahl seit 1983 nicht mehr so niedrig, und das nun schon seit dem Ende der Rezession.“ Das Auslaufen der Steuersenkungen wird die Situation wahrscheinlich noch weiter verschlechtern. Gentile dazu: “Nach Angaben des Congressional Budget Office stimulierte die Kürzung der Payroll-Tax die Wirtschaft viel stärker als die Kürzung der Income-Tax, da die meisten Haushalte mehr Payroll-Tax zahlen als Income-Tax.”

Dann ist es einfach nur noch ein Hohn, wenn das Geld, das für die Senkung des Haushaltsdefizits über Steuererhöhungen eingenommen wurde, sofort an anderer Stelle verschwendet wird. Dazu schreibt Gentile: "Wie sich zeigt, wird die Erhöhung der Payroll-Tax allein im Jahr 2013 ca. 95 Milliarden $ einbringen. Doch dann verteilte der US-Kongress diese Einnahmen gleich wieder durch Steuervergünstigungen für Unternehmen wie NASCAR, Hollywood Studios und Wall Street. Nach Schätzungen des Steuerausschusses des US-Kongresses (Joint Committee on Taxation) werden die sogenannten "Steuerstreckungen", die ohne großes Aufheben ins Gesetz geschrieben wurden, allein im Jahr 2013 68 Milliarden $ kosten.

Ganz gleich, was die Abgeordneten des US-Kongresses auch glauben mögen, die Mittelklasse ist immer noch das Rückgrat der US-Wirtschaft. Dem Problem rückläufiger Steuereinnahmen dadurch zu begegnen, dass man diejenigen, die ohnehin schon großem finanziellen Druck ausgesetzt sind, mit Steuererhöhungen weiter belastet, wird das Problem des US-Fiskus in keinster Weise lösen. Steuersenkungen für die mittleren Einkommensschichten wäre wohl eine tragfähigere Maßnahme gewesen.




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