Noch ein weiter Weg bis zur Währungsreform
13.01.2013 | Manfred Gburek
In letzter Zeit erhalte ich immer häufiger Anfragen zu einem Phänomen, das sich wie folgt beschreiben lässt: Der Goldpreis fällt abrupt - überwiegend zur Eröffnung des Handels an der Terminbörse Comex in New York - wie von Geisterhand bewegt, erholt sich jedoch bald wieder. Wie viel davon auf die Preismanipulation zurückzuführen ist, bleibt zwar im Dunkeln, aber dass bestimmte Interessengruppen an der Preisschraube drehen, ist offensichtlich. Die Anfragen münden überwiegend in den Verdacht, dieses Phänomen könnte schon die Vorstufe zur nächsten Währungsreform einschließlich Verbot von privatem Goldbesitz sein. Dem schließt sich in der Regel der Hinweis auf das Goldverbot in den USA 1933/34 an.
Zugegeben, die Gurus, die entsprechende Thesen verbreiten, haben wahrscheinlich eine große, vielleicht sogar wachsende Anhängerschar. Aber lassen wir die Kirche im Dorf und konzentrieren wir uns auf das, was wir wissen:
Dazu erst ein kurzer Rückblick in die Zeit der Depression zu Beginn der 30er Jahre. Damals fielen die Agrar- und Industriepreise in den USA dramatisch. Wegen der noch relativ geringen Bedeutung des US-Außenhandels hätte eine Manipulation des Dollar-Wechselkurses im Verhältnis zu den übrigen Währungen nur einen bescheidenen Erfolg gebracht, während andere Länder ihr Heil im Abwertungswettlauf der Währungen suchten. Also verfiel man auf die Idee, den Goldgehalt des Dollars zu verringern, das heißt, den Dollar gegenüber dem Gold abzuwerten. Das erfolgte in mehreren Schritten, beginnend mit der Aufhebung des Goldstandards am 5. März 1933 und endend mit dem Gold Reserve Act am 20. Januar 1934. Abwertungseffekt im Vergleich zu dem im Jahr 1900 eingeführten Golddollar (damals 1 Feinunze Gold = 20,67 Dollar): 41 Prozent, also ganz schön heftig. Nebeneffekt: Verbot von privatem Goldbesitz, denn die Feinunze war auf einmal 35 Dollar wert. Parallelen zur aktuellen Entwicklung: fragwürdig.
Die nächste einschneidende Maßnahme der USA bestand in der heute immer noch unterschätzen Goldpreismanipulation der 60er Jahre. Dazu vergewisserten sich die Amerikaner der Hilfe ihrer europäischen Freunde; denn bereits 1960 nahm die Flucht aus dem Dollar ins Gold derart zu, dass nur drakonische Gegenmaßnahmen helfen konnten - der Beginn des sogenannten Goldpools, dessen Aktivitäten vom Londoner Goldmarkt aus stattfanden.
Sein erster Erfolg bestand darin, dass der zwischenzeitlich über 40 Dollar gestiegene Goldpreis dank der intensiven Unterstützung durch die am Pool beteiligten Zentralbanken wieder auf 35 Dollar heruntermanipuliert wurde. Die Zentralbanken griffen raffinierterweise nicht selbst in den Goldhandel ein, sondern ließen die Bank von England als Agent gewähren. Nach glaubwürdigen inoffiziellen Quellen handelte es sich um acht Zentralbanken, angeführt von der amerikanischen mit 50 Prozent Anteil, der deutschen mit 11,12 Prozent Anteil, der britischen, französischen und italienischen mit jeweils 9,26 Prozent Anteil sowie der schweizerischen, belgischen und niederländischen mit jeweils 3,7 Prozent Anteil.
Der Goldpool schaffte es, den Markt bis März 1968 zu beherrschen und Anleger, die auf das Edelmetall setzten, an der Nase herumzuführen. Dann hauchte er sein Leben aus. Schließlich blieb es US-Präsident Richard Nixon überlassen, die Bindung des Dollars an das Gold am 15. August 1971 aufzuheben. Der frühere offizielle Goldpreis von 35 Dollar je Feinunze war da längst passé. Abwertungseffekt: Zunächst unbekannt, weil der Goldpreis in die Freiheit entlassen worden war. Legt man den späteren Höchstpreis des damaligen Zyklus von zirka 850 Dollar im Januar 1980 zugrunde, ergibt sich eine Abwertung des Dollars um sage und schreibe 96 Prozent. Aber auch in Bezug auf den späteren vorübergehenden Tiefstpreis des Goldes 1999 und dann noch einmal 2001 in Höhe von zirka 250 Dollar fällt die Dollar-Abwertung gegenüber dem Gold markant aus: 86 Prozent. Nebeneffekt: erneute Flucht ins Gold seit 2001. Parallelen zur aktuellen Entwicklung: Schon eher, denn die Flucht hält an.
Gemessen an den Maßnahmen von 1933/34 in den USA und während der 60er Jahre am Goldpoolmarkt in London sind die aktuellen Versuche zur Manipulation des Goldpreises Pipifax. Das bedeutet: Bis daraus ernst zu nehmende Entscheidungen der Zentralbanken und/oder der Regierungen erwachsen, dürften noch einige Jahre vergehen. Es sei denn - und das ist wichtig -, außergewöhnliche Ereignisse erzwingen Maßnahmen, die im Endeffekt auch vor den Goldbesitzern nicht Halt machen. Solche Ereignisse könnten sein: eine neue Finanzkrise mit noch schlimmeren Auswirkungen auf die Realwirtschaft als 2008/09, eine wirtschaftliche Depression, die weltweite Einführung von Handelskontrollen oder sogar das Ende der Globalisierung, ein eskalierender Krieg um Rohstoffe, folgenschwere Naturkatastrophen oder überraschende Ereignisse, über die der Autor Nassim Nicholas Taleb in seinem Bestseller "Der Schwarze Schwan“ philosophiert.
Alles in allem gibt es noch keine konkreten Anlässe, den Teufel an die Wand zu malen und über Nacht eine Währungsreform einschließlich Verbot von privatem Goldbesitz zu erwarten. Doch wer den kritischen Blick durch die Welt schweifen lässt, erkennt schon, dass viel im Argen liegt, woraus sich gravierende Konsequenzen ergeben können: das nicht mehr lösbare Problem maroder Staatsfinanzen, sprich Schuldenkrise, die Euro-Fehlkonstruktion, die finanzielle Repression über niedrige Zinsen mit negativen Folgen für ganze Systeme der Altersvorsorge wie Lebensversicherungen und Betriebsrenten, die - zum Teil von interessierter Seite dramatisierte - Lücke zwischen Arm und Reich oder die kalte Enteignung durch steigende Steuern und Abgaben.
Ob man das, was am Ende daraus folgen mag, als Währungsreform bezeichnet, ist aus heutiger Sicht noch nicht abzuschätzen, und ob privater Goldbesitz dann verboten sein wird, ebenfalls nicht. Jedenfalls müsste der Goldpreis in ganz andere Dimensionen - etwa über 5000 Dollar oder Euro - steigen, um eine kommende deutsche Regierung oder die EU zu einem Verbot des Edelmetalls in privater Hand zu bewegen. Und selbst in diesem Fall würde es sich um Augenwischerei handeln, denn die größten Goldbestände der Deutschen, bezogen auf den Wert, dürften ohnehin schon im nicht zur EU gehörenden Ausland lagern, zum Beispiel in der Schweiz oder in Singapur. Außerdem ist ein aus tiefer Not geborenes, relativ schnell verhängtes Goldverbot wie 1933/34 in den USA heute nicht mehr durchsetzbar. Und das, was in den 60er Jahren mit dem Goldpool geschah, kann sich aus Sicht der Goldanleger gern wiederholen: Die Folge war damals ein 24-facher Anstieg des Goldpreises. Dagegen ist der erst gut 6-fache Anstieg von 2001 bis heute wahrlich erst ein Klacks.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).
Zugegeben, die Gurus, die entsprechende Thesen verbreiten, haben wahrscheinlich eine große, vielleicht sogar wachsende Anhängerschar. Aber lassen wir die Kirche im Dorf und konzentrieren wir uns auf das, was wir wissen:
Dazu erst ein kurzer Rückblick in die Zeit der Depression zu Beginn der 30er Jahre. Damals fielen die Agrar- und Industriepreise in den USA dramatisch. Wegen der noch relativ geringen Bedeutung des US-Außenhandels hätte eine Manipulation des Dollar-Wechselkurses im Verhältnis zu den übrigen Währungen nur einen bescheidenen Erfolg gebracht, während andere Länder ihr Heil im Abwertungswettlauf der Währungen suchten. Also verfiel man auf die Idee, den Goldgehalt des Dollars zu verringern, das heißt, den Dollar gegenüber dem Gold abzuwerten. Das erfolgte in mehreren Schritten, beginnend mit der Aufhebung des Goldstandards am 5. März 1933 und endend mit dem Gold Reserve Act am 20. Januar 1934. Abwertungseffekt im Vergleich zu dem im Jahr 1900 eingeführten Golddollar (damals 1 Feinunze Gold = 20,67 Dollar): 41 Prozent, also ganz schön heftig. Nebeneffekt: Verbot von privatem Goldbesitz, denn die Feinunze war auf einmal 35 Dollar wert. Parallelen zur aktuellen Entwicklung: fragwürdig.
Die nächste einschneidende Maßnahme der USA bestand in der heute immer noch unterschätzen Goldpreismanipulation der 60er Jahre. Dazu vergewisserten sich die Amerikaner der Hilfe ihrer europäischen Freunde; denn bereits 1960 nahm die Flucht aus dem Dollar ins Gold derart zu, dass nur drakonische Gegenmaßnahmen helfen konnten - der Beginn des sogenannten Goldpools, dessen Aktivitäten vom Londoner Goldmarkt aus stattfanden.
Sein erster Erfolg bestand darin, dass der zwischenzeitlich über 40 Dollar gestiegene Goldpreis dank der intensiven Unterstützung durch die am Pool beteiligten Zentralbanken wieder auf 35 Dollar heruntermanipuliert wurde. Die Zentralbanken griffen raffinierterweise nicht selbst in den Goldhandel ein, sondern ließen die Bank von England als Agent gewähren. Nach glaubwürdigen inoffiziellen Quellen handelte es sich um acht Zentralbanken, angeführt von der amerikanischen mit 50 Prozent Anteil, der deutschen mit 11,12 Prozent Anteil, der britischen, französischen und italienischen mit jeweils 9,26 Prozent Anteil sowie der schweizerischen, belgischen und niederländischen mit jeweils 3,7 Prozent Anteil.
Der Goldpool schaffte es, den Markt bis März 1968 zu beherrschen und Anleger, die auf das Edelmetall setzten, an der Nase herumzuführen. Dann hauchte er sein Leben aus. Schließlich blieb es US-Präsident Richard Nixon überlassen, die Bindung des Dollars an das Gold am 15. August 1971 aufzuheben. Der frühere offizielle Goldpreis von 35 Dollar je Feinunze war da längst passé. Abwertungseffekt: Zunächst unbekannt, weil der Goldpreis in die Freiheit entlassen worden war. Legt man den späteren Höchstpreis des damaligen Zyklus von zirka 850 Dollar im Januar 1980 zugrunde, ergibt sich eine Abwertung des Dollars um sage und schreibe 96 Prozent. Aber auch in Bezug auf den späteren vorübergehenden Tiefstpreis des Goldes 1999 und dann noch einmal 2001 in Höhe von zirka 250 Dollar fällt die Dollar-Abwertung gegenüber dem Gold markant aus: 86 Prozent. Nebeneffekt: erneute Flucht ins Gold seit 2001. Parallelen zur aktuellen Entwicklung: Schon eher, denn die Flucht hält an.
Gemessen an den Maßnahmen von 1933/34 in den USA und während der 60er Jahre am Goldpoolmarkt in London sind die aktuellen Versuche zur Manipulation des Goldpreises Pipifax. Das bedeutet: Bis daraus ernst zu nehmende Entscheidungen der Zentralbanken und/oder der Regierungen erwachsen, dürften noch einige Jahre vergehen. Es sei denn - und das ist wichtig -, außergewöhnliche Ereignisse erzwingen Maßnahmen, die im Endeffekt auch vor den Goldbesitzern nicht Halt machen. Solche Ereignisse könnten sein: eine neue Finanzkrise mit noch schlimmeren Auswirkungen auf die Realwirtschaft als 2008/09, eine wirtschaftliche Depression, die weltweite Einführung von Handelskontrollen oder sogar das Ende der Globalisierung, ein eskalierender Krieg um Rohstoffe, folgenschwere Naturkatastrophen oder überraschende Ereignisse, über die der Autor Nassim Nicholas Taleb in seinem Bestseller "Der Schwarze Schwan“ philosophiert.
Alles in allem gibt es noch keine konkreten Anlässe, den Teufel an die Wand zu malen und über Nacht eine Währungsreform einschließlich Verbot von privatem Goldbesitz zu erwarten. Doch wer den kritischen Blick durch die Welt schweifen lässt, erkennt schon, dass viel im Argen liegt, woraus sich gravierende Konsequenzen ergeben können: das nicht mehr lösbare Problem maroder Staatsfinanzen, sprich Schuldenkrise, die Euro-Fehlkonstruktion, die finanzielle Repression über niedrige Zinsen mit negativen Folgen für ganze Systeme der Altersvorsorge wie Lebensversicherungen und Betriebsrenten, die - zum Teil von interessierter Seite dramatisierte - Lücke zwischen Arm und Reich oder die kalte Enteignung durch steigende Steuern und Abgaben.
Ob man das, was am Ende daraus folgen mag, als Währungsreform bezeichnet, ist aus heutiger Sicht noch nicht abzuschätzen, und ob privater Goldbesitz dann verboten sein wird, ebenfalls nicht. Jedenfalls müsste der Goldpreis in ganz andere Dimensionen - etwa über 5000 Dollar oder Euro - steigen, um eine kommende deutsche Regierung oder die EU zu einem Verbot des Edelmetalls in privater Hand zu bewegen. Und selbst in diesem Fall würde es sich um Augenwischerei handeln, denn die größten Goldbestände der Deutschen, bezogen auf den Wert, dürften ohnehin schon im nicht zur EU gehörenden Ausland lagern, zum Beispiel in der Schweiz oder in Singapur. Außerdem ist ein aus tiefer Not geborenes, relativ schnell verhängtes Goldverbot wie 1933/34 in den USA heute nicht mehr durchsetzbar. Und das, was in den 60er Jahren mit dem Goldpool geschah, kann sich aus Sicht der Goldanleger gern wiederholen: Die Folge war damals ein 24-facher Anstieg des Goldpreises. Dagegen ist der erst gut 6-fache Anstieg von 2001 bis heute wahrlich erst ein Klacks.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).