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Gold: Investmentstory dürfte künftig an Zugkraft verlieren

14.01.2013  |  Thorsten Proettel
Zwölftes Haussejahr in Folge

Der Goldpreis schloss das vergangene Jahr auf Euro-Basis mit einem Plus von 4,0% und auf US-Dollar-Basis mit ei-nem Wertzuwachs in Höhe von 5,6% ab. 2012 war damit das zwölfte Haussejahr in Folge seit 2001. Das im September 2011 markierte Allzeithoch bei rund 1.920 US-Dollar wurde in den vergangenen Monaten allerdings nicht noch einmal erreicht. Stattdessen befand sich der Goldpreis vor allem in der ersten Jahreshälfte in einer ausgeprägten Konsolidierungsphase, die diesem steilen Anstieg auf das Allzeithoch folgte. Der mittelfristige Abwärtstrend wurde im August gebrochen (rote Markierung in der Grafik), was vor allem auf die erneuten geldpolitischen Lockerungen in allen wichtigen Währungsräumen zurückzuführen ist. Die Aufwärtsbewegung stoppte aber knapp vor der 1.800 US-Dollar-Marke und im vierten Quartal 2012 tendierten die Notierungen wieder schwächer.

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13. Haussejahr eine ausgemachte Sache?

Die für Goldanleger entscheidende Frage ist, ob in den kommenden Monaten das 13. Haussejahr folgt. Für viele Marktbeobachter grenzt alleine schon die Überlegung, dass es anders sein könnte, an Ketzerei. Schließlich besteht kein Mangel an Prognosen, die den Preis der Feinunze demnächst bei 2.300 USD, 2.800 USD, 5.000 USD oder sogar 10.000 USD sehen. Und darüber hinaus bestehen alle Probleme der Wirtschafts- und Finanzwelt weiter, die in den letzten Jahren zu einem Run auf Gold als vermeintlich "sicheren Hafen“ geführt haben. Tatsächlich schwelen trotz der aktuell bestehenden Ruhe an den Finanzmärkten die meisten Krisenherde weiter. Und es ist höchst fraglich, ob sich die offiziellen Restrukturierungspläne beispielsweise für Griechenland jemals realisieren lassen. Mit der Inselrepublik Zypern wurde nun das zweite Euromitgliedsland von Moodys in die C-Kategorie gestuft.

Selbst bei einer Lösung dieser Probleme besteht bislang aber noch kein nachhaltiger Ansatz, wie es möglich sein soll, so viele unterschiedliche Staaten entgegen der volkswirtschaftlichen Theorie und entgegen aller praktischen Erfahrungen in einer Währungsunion zusammenzuhalten. Abgesehen hiervon werden auch derzeit gut abschneidende Staaten wie Deutschland mittel- bis langfristig ein Überschuldungsproblem allein schon aufgrund der Demographie bekommen. Die Misere der Staatsschulden und hiermit verbunden die Wachstumsschwäche der Realwirtschaft sowie gewisse Exesse der Finanzindustrie münden derzeit bekanntlich in einer ultralockeren Geldpolitik, die wiederum den Geldwert bedroht. Insgesamt besteht damit durchaus ein Cocktail an Faktoren, der grundsätzlich den Goldpreis unterstützt.

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Stets neue Eskalationsstufen führten zum Goldboom

Aber trotz der oben genannten Faktoren hat der sich der Goldpreis in den letzten 15 Monaten nicht mehr zu einem neuem Allzeithoch aufgeschwungen. Ein wichtiger Grund hierfür dürfte weniger im allgemeinen Krisenausmaß sondern eher in der Krisendynamik liegen. Seit 2007 folgte in kurzen Abständen eine Krisephase der anderen, beginnend mit der Subprimekrise über die Banken- und Konjunkturkrise bis hin zur Staatsschuldenkrise. Jeder dieser sich bedingenden Ereignisse bedeutete eine neue Eskalationsstufe, die von preistreibenden Goldkäufen begleitet wurde. Hierzu beigetragen hat natürlich auch, dass viele Politiker insbesondere in Europa das Ausmaß der Probleme unterschätzt hatten. So verstärkten sich durch deren an-fänglichen Strategie des Aussitzens die Schwierigkeiten sogar noch.

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Liquidität verhindert vorerst neue Schockwellen

Seit Ende 2011 hat sich jedoch ein entscheidender Punkt geändert: Die schweren Probleme sind mittlerweile als solche im Bewusstsein von Politikern und Notenbanken angekommen. Die Regierungen haben sich uneingeschränkt zum Euro bekannt, womit die Marschroute abgesteckt ist: Die Gemeinschaftswährung soll um jeden Preis gerettet werden, wozu Hilfspakete in bislang ungeahntem Umfang auf den Weg gebracht wurden. Mindestens genauso wichtig ist die Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi, notfalls die Druckerpresse unbegrenzt rotieren zu lassen. Seine Kollegen in den USA, in Japan und in Großbritannien haben schon davor den gleichen Weg eingeschlagen. Die Probleme werden dadurch zwar nicht gelöst sondern nur aufgeschoben beziehungsweise durch potenzielle andere ersetzt. Aber es ist unwahrscheinlicher geworden, dass demnächst neue Schockwellen die Finanzwelt erschüttern. Die unbegrenzte Liquidität wirkt wie ein Herzschrittmacher und eine Beat-mungsmaschine zugleich.


Sättigungstendenzen in westlichen Märkten

Die durch die Eskalationsstufen ausgelösten schubartig auftretenden hohen Anlegerkäufe der letzten Jahre werden somit unwahrscheinlicher. Im Umfeld der Lehman-Pleite wurden weltweit für rund 4 Mrd. US-Dollar physisch hinterlegte Goldpapiere gekauft. Während der darauf folgenden weltweiten Rezession betrugen die Käufe innerhalb von drei Monaten knapp 14 Mrd. US-Dollar und auf dem Höhepunkt der ersten Griechenlandkrise im Frühjahr 2010 innerhalb von vier Monaten knapp 11 Mrd. US-Dollar. So hoch war der Absatz dieser Papiere nach vorläufigen Berechnungen nicht einmal im Gesamtjahr 2012. Eine gewisse Sättigungstendenz in den westlichen Märkten ist ohnehin unverkennbar.

Die Eröffnung einiger neuer Ladengeschäfte in deutschen Großstädten, die ausschließlich Edelmetallanlagen verkaufen, kann auch nicht über die hierzulande rückläufige physische Anlegernachfrage im letzten Jahr hinwegtäuschen. In den USA sank das Prägevolumen der beliebten "Gold Eagle“-Anlegermünze 2012 zum dritten Mal in Folge. Auf dem Höhepunkt der Konjunkturkrise 2009 wurden 44 Tonnen Gold geprägt, 2010 und 2011 betrug das Minus gegenüber dem Vorjahr 15% beziehungsweise 18%. Und letztes Jahr war bei einem Volumen von 23,4 Tonnen nochmals ein Minus von 25% zu verzeichnen.


Verschiedene Faktoren trieben den Goldpreis

Gleichzeitig offenbaren die oben genannten Zahlen, dass die oftmals genannte Daumenregel "Mehr Krise = höherer Goldpreis“ eine unzulässige Verkürzung der Verhältnisse darstellt. Die Goldnotierungen profitierten in den letzten Jahren nicht nur von einer höheren Investmentnachfrage, die zudem durch einen gewissen Nachholbedarf gekennzeichnet war, sondern auch von dem unglaublichen Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern. Dort hat Gold oftmals einen traditionell hohen Stellenwert und die steigende Kaufkraft einer größer werdenden Mittelschicht trieb die Edelmetallnachfrage an.

Indien und China stehen heute zusammen für rund die Hälfte der Goldnachfrage privater Haushalte. Nur der Vollständigkeit wegen sei erwähnt, dass Gold in den letzten Jahren auch vom Wechsel der Notenbanken aus dem Verkäufer- in das Käuferlager profitierte und dass Gold zum Beginn der Hausse um die Jahrtausendwende zumindest aus heutiger Sicht vollkommen unterbewertet war. Kaum ein Minenunternehmen schrieb nach der rund zwei Dekaden währenden Baisse seit 1980 schwarze Zahlen.


Zunächst leichter Preisanstieg erwartet …

Die beschriebenen den Goldpreis unterstützenden Faktoren wirken weiterhin, so dass die Notierungen 2013 nach dem leichten Rückgang zum Jahreswechsel wieder anziehen dürften. Ein Preis von 1.800 US-Dollar zur Jahresmitte erscheint realistisch. Aber insbesondere die Sogkraft der Anlegernachfrage dürfte mit Blick auf 2014 allmählich nachlassen. Die US-Notenbank machte auf ihrer letzten Sitzung im Dezember 2012 das Ende ihrer lockeren Geldpolitik vom Erreichen einer Arbeitslosenquote in Höhe 6,5% abhängig, statt wie bisher auf die Jahresmitte 2015 zu verweisen. Eine Fortschreibung des trendmäßigen Rückgangs der US-Arbeitslosenquote lässt demnach eine Zinswende in den USA schon ein Jahr früher, nämlich Mitte 2014 möglich erscheinen (siehe Grafik). Hierfür sprechen auch die allmählich wieder anziehenden Hauspreise in den USA.


… aber mittelfristige Perspektiven verhalten

Steigende Zinsen in den USA dürften die Kleinanleger in Deutschland unberührt lassen, die ohnehin langfristig investiert sind und ihre Münzen und Barren tendenziell eher vererben als verkaufen werden. Aber viele hauptsächlich unter Renditeaspekten im Goldmarkt engagierte Anleger wie Hedgefonds werden vermutlich schneller agieren und könnten mit ihren riesigen Volumina den Anstoß für ein Ende der Hausse geben. Da die grundsätzlichen Probleme keineswegs gelöst sind, empfiehlt sich für Anleger hierzulande die Beibehaltung einer strategischen Goldposition als eine Art Notgroschen. Unter Performancegesichtspunkten sollte jedoch überlegt werden, ob höhere Notierungen in den kommenden Monaten zum teilweisen Abbau taktischer Goldpositionen genutzt werden können.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



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