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Rohstoff-Crash: Hintergründe und Ansteckungsgefahr für Aktien

08.05.2011  |  Klaus Singer
- Seite 2 -
Steckt der Rohstoff-Crash die Aktienmärkte an?

Für die Aktienmärkte tut sich die folgende mentale Zwickmühle auf: Einerseits hat "man" bisher an den diversen Fahnenstangen im Rohstoffsektor gut verdient. Jetzt hat sich mancher die Finger verbrannt. Sinkende Rohstoffpreise werden oft mit rückläufiger Konjunktur in Verbindung gebracht. Andererseits schaffen fallende Energiekosten Raum für mehr Konsum. Dass hier entsprechend rotiert werden könnte, sah man z.B. in dieser Woche an der relativen Stärke von Konsumaktien. Deren Kursverluste nahmen sich im Vergleich zu Rohstoff- und Energieaktien sehr bescheiden aus.

Die Gewinne im S&P500 ("12-month, as reported earnings", "inflation-adjusted") sind wieder nahe am historischen Hoch angekommen. Auf Basis der nach Shiller inflationsbereinigten Gewinne je Aktie im S&P 500 sieht es weniger nach einem Extrem aus, es fehlen noch gut 10% bis zum Niveau aus 2007 (siehe entsprechenden Artikel im Blog der TimePatternAnalysis). Der Index hatte damals im Oktober bei knapp 1570 sein Allzeit-Hoch markiert.

Die Erwartungen hinsichtlich Gewinnsteigerung für die Quartalssaison Q1/2011 liegen bei knapp plus 11% im Jahresvergleich. Würde man das für die Zukunft so fortschreiben, dürften nicht viele Zweifel aufkommen, dass das Allzeit-Hoch schon weit vor dem Sankt-Nimmerleinstag erreicht werden kann.

Wären Aktien wirklich billig, wäre die Antwort auf die Ansteckungsfrage ziemlich klar: "Nein!". Dann hätte es aber wohl auch keinen Rohstoff-Crash gegeben. Da Aktien aber nicht mehr billig sind, braucht es schon gute Argumente für ein "Nein".

Mit Mai bricht die bis Oktober andauernde statistisch schwache Zeit für die Aktienkursperformance an. Andererseits spricht die andauernde Liquiditätsflut für weitere Kurssteigerungen, insbesondere auch vor der real mickrig bis negativen Rendite von festverzinslichen Anlagen.

Genau hier liegt die Crux. QE2, das zusammen mit der Reinvestition fällig gewordener Anleihen auf ein Volumen von 900 Mio. Dollar geschätzte Treasury-Ankaufprogramm der Fed, läuft Ende Juni aus. Ein Nachfolger wird nicht in Aussicht gestellt, die Fed sieht mit dem Anstieg von Preisen und Aktien das Ziel erreicht. Gleichzeitig sichert sie zu, weiter mit der Geldspritze parat zu stehen, sprich die Zinsen tief zu halten.

So wie QE2 dafür gesorgt hat, dass der so überbordende US-Dollar in See stach und vor allem in Länder mit höheren Zinsen und Wachstumsraten floss, so dürfte das Ende von QE2 für eine Gegenbewegung sorgen. Ob wir den Anfang hiervon in den vergangenen Tagen sahen, ist schwer zu sagen. Zumindest mit ursächlich ist die erneut in den Fokus gerückte Situation der Verschuldung in der Euro-Zone, die massive Dollar-Abflüsse bewirkte.

Das sind Rahmenbedingungen, die für Unsicherheit sorgen. Und Unsicherheit ist besonders dann kontraproduktiv für weitere Aktienkurssteigerungen, wenn die Bewertung bereits recht ambitioniert ist.

Ein Blick auf das innere Gefüge bei Aktien zeigt, das die Volumenstruktur des S&P500 mittlerweile in solider Distribution ist (siehe Chart!). Distribution bedeutet, dass der auf sinkende Aktien entfallende Volumenanteil im Zeitablauf steigt. "Marktpolitisch" kann daraus geschlossen werden, dass große Adressen ihr zuvor akkumuliertes Material nun verteilen, sprich Gewinne kassieren möchten.

Die Kurse müssen deswegen nicht zwingend sinken, solange der Markt genügend "aufnahmebereit" ist. Dies war z.B. eine ganze Zeit im März/April 2010 so, als die Kurse in Distribution munter stiegen. Entscheidend ist auch jetzt das "Klima", was sich aus der Auswertung des VIX ergibt, dem "Angstmesser" der Wall Street. Bliebe es solide in "Greed", signalisierte das genügend Kaufbereitschaft. Aber hier wird es jetzt kritisch - ein Rückzug aus Greed wird angezeigt (siehe Chart!).

Man kann sich auch am VIX-Kursverlauf orientieren: Wenn der VIX nachhaltig über die Zone 16,30 bis 18,30 hinausläuft, werden nachhaltig sinkende Akienkurse wahrscheinlich. Und wo steht der VIX aktuell? Am gestrigen Freitag zum ersten Mal seit Ende März wieder darüber, bei 18,40.

Also Ansteckung? Zumindest sollte man jetzt sehr vorsichtig agieren. Zunächst sollte es jetzt erst mal eine zeitlang sehr volatil zugehen, das gilt für die Finanzmärkte insgesamt.

Erwähnte Charts können hier eingesehen werden: TimePatter Analysis - der Blog


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de



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