Die große Umverteilung kommt
15.05.2011 | Manfred Gburek
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Diese unterschiedlichen Regelungen sind alles andere als systematisch, sondern Ergebnisse von fiskalisch - nicht immer an alles - denkenden Bürokraten, und rufen Umverteiler auf den Plan. Bereits vor zwölf Jahren hatte die rot-grüne Bundesregierung die steuergünstige Mindesthaltedauer der im Privatbesitz gehaltenen vermieteten Immobilien von zwei auf zehn Jahre verlängert, um höhere Gewinne abzukasieren. Da sie dabei allzu naiv vorgegangen war, landete der Fall vor dem Bundesverfassungsgericht, und am Ende kam eine juristische Spitzfindigkeit heraus, die zwischen echter und unechter Rückwirkung unterschied. Der Clou: Diese Spitzfindigkeit wird bei der ab 2013/14 zu erwartenden Reform von § 23 EStG wahrscheinlich eine Hauptrolle spielen, sie sollte Sie aber schon jetzt zur vorbeugenden Gegenwehr veranlassen.Wie das? Lassen Sie mich aus www.rechtslupe.de zitieren: "Eine Rechtsnorm entfaltet 'echte' Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll. Das ist grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig." Dann aber weiter: "Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden, liegt eine 'unechte' Rückwirkung vor. Eine solche unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig."
Schwerer Stoff, gewiss, also auf den Punkt gebracht: Echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Sachverhalt vor Inkrafttreten des neuen Rechts nach dem alten Recht beendet war. Dazu ein Beispiel aus der Zeit, als die rot-grüne Bundesregierung die Spekulationsfrist von zwei auf zehn Jahre verlängerte: Wer damals vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes vermietete Immobilien schon mehr als zwei Jahre besaß, fiel nicht unter die Zehn-Jahre-Regelung. Wer sie dagegen erst weniger als zwei Jahre besaß, musste die längere Spekulationsfrist von zehn Jahren in Kauf nehmen.
Nun zur Gegenwart und Zukunft: Würde die Spekulationsfrist für Wertsteigerungen aus den im Privatbesitz befindlichen vermieteten Immobilien 2013 oder 2014 von zehn auf 15 oder 20 oder noch mehr Jahre verlängert, müssten Sie das als Betroffener schlucken, falls Sie die zehn Jahre noch nicht erreicht hätten. Bliebe es nicht bei einer Verlängerung, sondern würden Gewinne aus Wertsteigerungen grundsätzlich besteuert, entstünden erneut Fälle für das Bundesverfassungsgericht. Wer entsprechende Immobilien besitzt, sollte diese Zusammenhänge beachten und sich im Zweifel wenigstens von einem Teil dieses Besitzes trennen.
Sie können sich also glücklich schätzen, wenn Sie genug Gold und Silber in physischer Form haben, denn damit unterliegen Sie nur der einjährigen Spekulationsfrist und ersparen sich sogar die Abgeltungsteuer. Doch Vorsicht, der Fiskus pirscht sich allmählich an Ihre Edelmetallschätze heran. Als Beleg dafür kann gelten, dass die Spekulationsfrist schon dann von einem auf zehn Jahre verlängert wird, wenn Ihre Schätze auch nur in einem einzigen Jahr als Einkunftsquelle dienen. Ich kenne zwar noch keinen Fall, in dem der bloße Edelmetallbesitz als Einkunftsquelle interpretiert worden wäre, aber Sie können sicher sein, dass der Fiskus in der nächsten Legislaturperiode Gold, Silber & Co. in eine Reform zu Lasten der Anleger einbeziehen wird - umso eher, je stärker die Edelmetallpreise noch steigen.
Übrigens hat Ex-Finanzminister Peer Steinbrück schon die Erhöhung der Abgeltungsteuer angemahnt. Damit Sie sich einen Eindruck von diesem wirren Gebilde verschaffen, empfehle ich Ihnen dazu die brandneue Allianz-Broschüre. Sie steht als Download auf der Internetseite von Allianz Global Investors zur Verfügung.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).