Euro-Krise wirklich vorbei?
16.02.2013 | Clif Droke
Viele Investoren fragen sich, was hinter der konstanten Rally am Aktienmarkt steckt. Man braucht sich dahingehend aber nur die Unternehmensgewinne anschauen.
Im dritten Quartal 2012 lagen die Gewinne der US-Unternehmen bei 1,75 Billionen Dollar, ein Plus von 18,6% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Gewinne nach Steuern erreichten damit den höchsten prozentualen Anteil am BIP, den es jemals gegeben hatte. Laut Schätzungen für das letzte Quartal sollen die Gewinne der im S&P 500 gelisteten Unternehmen um 4,7% gestiegen sein, das entspräche einer Steigerung von 1,9% gegenüber den Prognosen zu Quartalsbeginn. Hier ist der Chart für die Unternehmensgewinne.
Über die letzten 5 Jahr betrachtet, sind die Gewinne der Unternehmen nach Steuern zudem um 40% gestiegen. Die Gewinne nach Steuern haben also Rekordstände erreicht - insgesamt 2 Billionen $. Aber wie konnte den US-Unternehmen dieses Kunststück gelingen? Tom Hudson vom “Miami Herald“ merkt dazu Folgendes an: “Um zu überleben haben sich die Unternehmen seit 2007 zuerst auf Kostensenkungen konzentriert. Anschließend lag der Fokus auf Unternehmenswachstum in Bereichen, die keine umfangreichen Investitionen benötigten. Als die Umsätze nach dem Durchschreiten des Rezessionstiefs wieder anzogen, haben sich diese Dollars auch in ihren Bilanzen positiv niedergeschlagen.“ Mit anderen Worten: Die Unternehmensgewinne gingen zum großen Teil auf Kosten der Löhne.
Um die Kluft zwischen steil steigenden Unternehmensgewinnen und Löhnen zu verdeutlichen, werfen wir jetzt einen Blick auf den folgenden Chart (Unternehmensgewinne und Löhne anteilig am BIP; Chart mit freundlicher Genehmigung von David Kostin/ Goldman Sachs).
Die Bedeutung der Unternehmensgewinne in der heutigen Wirtschaft macht auch die folgende Aussage aus einem CNNMoney-Artikel deutlich. “Die Gewinne hatten im letzten Quartal einen Anteil von 11,1% an der Wirtschaftsleistung der USA, in der letzten Wachstumsphase lagen diese noch bei durchschnittlich 8%.” Vor fünf Jahren verdienten die im S&P 500 gelisteten Unternehmen fast 83 $ pro Aktie. Für dieses Jahr werden mehr als 112 $ pro Aktie erwartet. Das erklärt auch, warum die Federal Reserve sich weiterhin der lockeren Geldpolitik verschreiben wird, von denen hauptsächlich die Unternehmensgewinne profitieren.
An der Wall Street kümmert sich natürlich keiner um Löhne. Hier kommt es letztendlich auf steigende Gewinne an; und solange die Gewinn-Rally andauert, haben auch Investoren Gründe genug zumindest solange positiv gestimmt zu bleiben, bis alle Quartalsergebnisse veröffentlicht wurden (d.h. bis gegen Ende Februar). Bei der Beurteilung des Missverhältnisses zwischen stark steigenden Unternehmensgewinnen und einem nach wie vor verhaltenen Arbeitsmarkt sollten wir uns wieder der Maxime des Marktanalysten Steve Todd erinnern, der sagte: “Hinter der Rally am Markt stecken Rekordgewinne der Unternehmen. Sich die Wirtschaft genauer anzuschauen, ist mehr als unnütz. Das schadet nur Ihrem Portfolio, denn dann würden Sie den Markt meiden, obwohl Sie eigentlich dabei sein müssten."
Der zwischenzeitliche Aufwärtstrend bleibt mit Blick auf die relative Position des 15-Tage-Durchschnitts intakt. Die großen Indizes halten sich oberhalb des 15-Tage-Durchschnitts und haben in den letzten zwei Tagen immer im späten Handel gedreht, was normalerweise technische Stärke signalisiert. Der Markt hat sich jüngst in einer Handelsspanne festgesetzt - also zwischen jenen Investoren, die Gewinne mitnehmen, da der Dow und der S&P die 2007er Hoch anvisiert und jenen, die die Rally verpasst hatten und nun bei Kursrücksetzern einzusteigen versuchen. Die jüngste Schlacht wurde von den Käufern gewonnen.
Die Krise der Euro-Zone ist noch nicht vorbei
Obgleich das Umfeld an den US-Finanzmärkten aktuell immer noch günstig ist, sollten die Investoren nach Sturmwolken Ausschau halten, die in den nächsten Monaten aufziehen könnten. Am Montag sagte der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, “es gäbe keine Hinweise auf eine ernsthafte Überbewertung des Euros an den Devisenmärkten“. Sein Kommentar führte unverzüglich zu einer Stärkung des Euro - und somit zu einer Schwächung des Dollars.
Weidmanns Aussage hat aber gleichzeitig einen besorgniserregenden Aspekt. Ein alter Spruch lautet: “Offizielle Dementis sind stillschweigende Bestätigungen.” Mit anderen Worten: Wenn ein Bürokrat darauf besteht, dass ein Problem entweder unter Kontrolle ist oder gar nicht existiert, dann ist das Problem in der Regel weitaus größer, als zugegeben wird. Ich muss immer daran denken, was mein verstorbener Freud und Zyklen-Mentor, Bud Kress, wohl über diese Eurozonenkrise sagen würde, die alle für "vorübergehend gelöst" halten.
Ich bin überzeugt, Bud Kress hätte etwas Ähnliches gesagt wie: “Die Eurozone ist ein Krebs, der gerade erst anfängt, Metastasen zu bilden.“ Das waren zumindest genau seine Worte, mit denen er sich bezüglich der US-Kreditkrise des Jahres 2007 äußerte, und sie sollten sich als weitsichtig herausstellen. Es ist eigentlich unergründlich, wie man der Auffassung sein kann, dass ein Problem, das noch vor ein paar Monaten ganz Europa zu überziehen drohte (Europas ganz eigene Version der Kreditkrise), nun plötzlich durch vertrauensstiftende Erklärungen einiger Zentralbanker gelöst sein sollte. Die EZB könnte durchaus bereit und Willens sein, das monetäre Äquivalent einer Bazooka auf das Schuldenproblem der Eurozone abzufeuern. Doch mit Blick auf die Vergangenheit werden auf die Bank noch größere Herausforderungen zukommen, bevor diese Krise vorbei ist. Bislang hat es noch keine solche ersthafte Herausforderung gegeben.
Sollte die “Echo”-Prognose für den Kress-Zyklus für dieses Jahr stimmen, dass dürften sich im späteren Jahresverlauf die Probleme in Europa deutlicher zeigen. Im Verlauf der zweiten Jahreshälfte und auf dem Weg ins Jahr 2014 (in dem der 120-Jahre-Zyklus seinen Tiefpunkt erreicht), müssten die Probleme in Europa auf die Weltwirtschaft überspringen, und auch die USA und China erfassen. Wie Kress zu sagen pflegte: "Die Zyklen schaffen es, die schmutzige Wäsche der Nationen zum Vorschein zu bringen." Das wird wohl auch diesmal nicht anderes sein.
© Clif Droke
www.clifdroke.com
Dieser Artikel wurde am 12.02.2013 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
Im dritten Quartal 2012 lagen die Gewinne der US-Unternehmen bei 1,75 Billionen Dollar, ein Plus von 18,6% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die Gewinne nach Steuern erreichten damit den höchsten prozentualen Anteil am BIP, den es jemals gegeben hatte. Laut Schätzungen für das letzte Quartal sollen die Gewinne der im S&P 500 gelisteten Unternehmen um 4,7% gestiegen sein, das entspräche einer Steigerung von 1,9% gegenüber den Prognosen zu Quartalsbeginn. Hier ist der Chart für die Unternehmensgewinne.
Über die letzten 5 Jahr betrachtet, sind die Gewinne der Unternehmen nach Steuern zudem um 40% gestiegen. Die Gewinne nach Steuern haben also Rekordstände erreicht - insgesamt 2 Billionen $. Aber wie konnte den US-Unternehmen dieses Kunststück gelingen? Tom Hudson vom “Miami Herald“ merkt dazu Folgendes an: “Um zu überleben haben sich die Unternehmen seit 2007 zuerst auf Kostensenkungen konzentriert. Anschließend lag der Fokus auf Unternehmenswachstum in Bereichen, die keine umfangreichen Investitionen benötigten. Als die Umsätze nach dem Durchschreiten des Rezessionstiefs wieder anzogen, haben sich diese Dollars auch in ihren Bilanzen positiv niedergeschlagen.“ Mit anderen Worten: Die Unternehmensgewinne gingen zum großen Teil auf Kosten der Löhne.
Um die Kluft zwischen steil steigenden Unternehmensgewinnen und Löhnen zu verdeutlichen, werfen wir jetzt einen Blick auf den folgenden Chart (Unternehmensgewinne und Löhne anteilig am BIP; Chart mit freundlicher Genehmigung von David Kostin/ Goldman Sachs).
Die Bedeutung der Unternehmensgewinne in der heutigen Wirtschaft macht auch die folgende Aussage aus einem CNNMoney-Artikel deutlich. “Die Gewinne hatten im letzten Quartal einen Anteil von 11,1% an der Wirtschaftsleistung der USA, in der letzten Wachstumsphase lagen diese noch bei durchschnittlich 8%.” Vor fünf Jahren verdienten die im S&P 500 gelisteten Unternehmen fast 83 $ pro Aktie. Für dieses Jahr werden mehr als 112 $ pro Aktie erwartet. Das erklärt auch, warum die Federal Reserve sich weiterhin der lockeren Geldpolitik verschreiben wird, von denen hauptsächlich die Unternehmensgewinne profitieren.
An der Wall Street kümmert sich natürlich keiner um Löhne. Hier kommt es letztendlich auf steigende Gewinne an; und solange die Gewinn-Rally andauert, haben auch Investoren Gründe genug zumindest solange positiv gestimmt zu bleiben, bis alle Quartalsergebnisse veröffentlicht wurden (d.h. bis gegen Ende Februar). Bei der Beurteilung des Missverhältnisses zwischen stark steigenden Unternehmensgewinnen und einem nach wie vor verhaltenen Arbeitsmarkt sollten wir uns wieder der Maxime des Marktanalysten Steve Todd erinnern, der sagte: “Hinter der Rally am Markt stecken Rekordgewinne der Unternehmen. Sich die Wirtschaft genauer anzuschauen, ist mehr als unnütz. Das schadet nur Ihrem Portfolio, denn dann würden Sie den Markt meiden, obwohl Sie eigentlich dabei sein müssten."
Der zwischenzeitliche Aufwärtstrend bleibt mit Blick auf die relative Position des 15-Tage-Durchschnitts intakt. Die großen Indizes halten sich oberhalb des 15-Tage-Durchschnitts und haben in den letzten zwei Tagen immer im späten Handel gedreht, was normalerweise technische Stärke signalisiert. Der Markt hat sich jüngst in einer Handelsspanne festgesetzt - also zwischen jenen Investoren, die Gewinne mitnehmen, da der Dow und der S&P die 2007er Hoch anvisiert und jenen, die die Rally verpasst hatten und nun bei Kursrücksetzern einzusteigen versuchen. Die jüngste Schlacht wurde von den Käufern gewonnen.
Die Krise der Euro-Zone ist noch nicht vorbei
Obgleich das Umfeld an den US-Finanzmärkten aktuell immer noch günstig ist, sollten die Investoren nach Sturmwolken Ausschau halten, die in den nächsten Monaten aufziehen könnten. Am Montag sagte der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, “es gäbe keine Hinweise auf eine ernsthafte Überbewertung des Euros an den Devisenmärkten“. Sein Kommentar führte unverzüglich zu einer Stärkung des Euro - und somit zu einer Schwächung des Dollars.
Weidmanns Aussage hat aber gleichzeitig einen besorgniserregenden Aspekt. Ein alter Spruch lautet: “Offizielle Dementis sind stillschweigende Bestätigungen.” Mit anderen Worten: Wenn ein Bürokrat darauf besteht, dass ein Problem entweder unter Kontrolle ist oder gar nicht existiert, dann ist das Problem in der Regel weitaus größer, als zugegeben wird. Ich muss immer daran denken, was mein verstorbener Freud und Zyklen-Mentor, Bud Kress, wohl über diese Eurozonenkrise sagen würde, die alle für "vorübergehend gelöst" halten.
Ich bin überzeugt, Bud Kress hätte etwas Ähnliches gesagt wie: “Die Eurozone ist ein Krebs, der gerade erst anfängt, Metastasen zu bilden.“ Das waren zumindest genau seine Worte, mit denen er sich bezüglich der US-Kreditkrise des Jahres 2007 äußerte, und sie sollten sich als weitsichtig herausstellen. Es ist eigentlich unergründlich, wie man der Auffassung sein kann, dass ein Problem, das noch vor ein paar Monaten ganz Europa zu überziehen drohte (Europas ganz eigene Version der Kreditkrise), nun plötzlich durch vertrauensstiftende Erklärungen einiger Zentralbanker gelöst sein sollte. Die EZB könnte durchaus bereit und Willens sein, das monetäre Äquivalent einer Bazooka auf das Schuldenproblem der Eurozone abzufeuern. Doch mit Blick auf die Vergangenheit werden auf die Bank noch größere Herausforderungen zukommen, bevor diese Krise vorbei ist. Bislang hat es noch keine solche ersthafte Herausforderung gegeben.
Sollte die “Echo”-Prognose für den Kress-Zyklus für dieses Jahr stimmen, dass dürften sich im späteren Jahresverlauf die Probleme in Europa deutlicher zeigen. Im Verlauf der zweiten Jahreshälfte und auf dem Weg ins Jahr 2014 (in dem der 120-Jahre-Zyklus seinen Tiefpunkt erreicht), müssten die Probleme in Europa auf die Weltwirtschaft überspringen, und auch die USA und China erfassen. Wie Kress zu sagen pflegte: "Die Zyklen schaffen es, die schmutzige Wäsche der Nationen zum Vorschein zu bringen." Das wird wohl auch diesmal nicht anderes sein.
© Clif Droke
www.clifdroke.com
Dieser Artikel wurde am 12.02.2013 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.