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Interview: Alfred Grusch - Goldfondsmanager aus Wien

14.09.2005  |  Dr. Volkmar Riemenschneider
Alfred GruschV. R: Guten Tag Herr Grusch. Vielen Dank, dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben. Sie managen den bereits über 20 Jahre alten "Capital Invest Gold Stock". Welchen Investmentansatz verwenden Sie?

A.Grusch: Ich manage den Fonds nunmehr seit knapp 15 Jahren. Jeder Spezialitätenfonds sollte eigentlich nicht indexmäßig gemanaged werden, weil die Gewichtung einzelner Gesellschaften im jeweiligen Index meist zu groß ist. Ich verwende daher eine Bottom-up Strategie ohne aber den nötigen Liquiditätsaspekt der hochkapitalisierten Gesellschaften außer Acht zu lassen. Überdies wäre es rechtlich nur äußerst schwer, den Index zu tracken, weil das österreichische Investmentfondsgesetz im Gegensatz zu den meisten Branchenindices maximale Gewichtungen vorgibt. Andererseits möchte ich es auch gar nicht, weil die Diversifikation zu gering ausfallen würde. In Abwärtsphasen stellt dies natürlich ein Problem dar, weil das Geld in die großen liquiden Gesellschaften fließt und diese daher besser als der Markt performen. Es ist daher in Abwärtstrends schwer, den Index zu schlagen. Ich versuche daher in diesen Phasen durch Beimischung von Rohstoffkonglomeraten, sowie Derivaten und Cash, die Performance zu halten bzw. aufzubessern. Im Aufwärtstrend tendiert der Fonds auf Grund der Übergewichtung mittlerer und kleinerer Gesellschaften zu einer klaren ouperformance des Index.

V.R: Nach welchen Kriterien wählen Sie die in Ihrem Fonds enthaltenen Minen aus? Investieren Sie nur in reinrassige Goldminen oder mischen Sie auch Basismetallaktien bei?

A.G.: Es gibt fast keine reinrassigen Goldminen, da die meisten auch Beiprodukte fördern, die die Produktionskosten für die Unze Gold senken. Ganz extrem ist diese Erscheinung beim Silber, da hier nur knapp 25 % primär gefördert werden, der Rest wird bei der Kupfer, Zink, Blei und Goldproduktion gewonnen. Es gibt ganz extreme Beispiele, wo die Produktionskosten für das Gold negativ wären, weil allein durch die Beiprodukte die Gewinnzone erreicht wird. Ansonsten ist ein ausgewogener Cocktail aus Gesellschaften mit bereits bestehender Goldförderung und Unternehmen mit hohem Explorationspotential wesentlicher Bestandteil der Fondsstrategie. Rohstoffkonglomerate viel Edelmetall beinhalten, sind diese in bestimmten Marktphasen ebenfalls durchaus eine lohnende Investmentalternative.

V.R: Sie haben in einem Interview im Frühjahr 2005 den Realzins als wichtigen Einflussfaktor auf den Goldpreis bezeichnet. Müsste der Goldpreis aktuell angesichts explodierender gefühlter Inflation (Stichwort: Ölpreis) und extrem niedriger Zinsen nicht eigentlich explodieren?

A.G.: Absolut richtig! Seit Jahren befindet sich der Realzins für 10jährige Anleihen in einem deutlichen Abwärtstrend und liegt bei amerikanischen Staatsanleihen derzeit noch bei rund 1 %. Die aktuellen Inflationsraten deuten auf ein weiteres Schließen der Schere zwischen Rendite und Inflation und machen daher Edelmetalle als Veranlagungsalternative interessanter, weil es nun um Kapitalbewahrung geht. Dieses Argument kann nun bereits seit mehreren Jahren angeführt werden, nur das Ausmaß steigt immer mehr an.

V.R: Wie beurteilen Sie die Entwicklung des Goldes auf Euro-Basis? Rechnen Sie mit einem weiteren Anstieg auf Euro-Basis? Hedgen Sie Ihre Dollar-Positionen ab?

A.G.: Seit Einführung des Euro gibt es zwar eine relativ hohe Korrelation, doch in Anbetracht historischer Daten, die den Eurokorb zurückrechnen, werde ich meine Portefeuillestrategie nicht danach ausrichten. Es gibt auch keine wirkliche fundamentale Begründung dafür. Die Goldnachfrage müsste eigentlich in jenen Ländern, gegen die der Dollar abgewertet hat, steigen und umgekehrt. In der Realität bietet sich derzeit aber ein gegenteiliges Bild.

V.R: Einige Analysten prognostizieren, dass Gold zum Jahresende bei 500 bis 600 US-Dollar stehen könnte. Für wie groß schätzen Sie das Potential für Gold bis Ende des Jahres?

A.G.: Ich halte nichts von Punktschätzungen so genannter „Analysten“. Ich wage daher nur Trendprognosen, allerdings mit dem Bewusstsein, dass immer das Damoklesschwert tausender Tonnen an latentem Goldangebot weltweit in den Tresoren schwebt. Der Preis könnte auf Grund von Notenbankverkäufen immer bei massiven Anstiegen jederzeit gebremst werden. Zur zeit gibt es das „Washington Agreement on Gold“, in seiner zweiten Fassung, dass die Verkäufe der wichtigsten Zentralbanken auf 500 Tonnen pro Jahr bis 2009 beschränkt. Die wichtigste Notenbank der Welt, die US Fed, hat dieses Agreement jedoch nicht unterzeichnet. Die herrschenden Fundamentaldaten sprechen aber für eine klare Tendenz nach oben, Kursmarken von 500, 600 oder 1000 sind aber unbedeutende Hausnummern.

V.R: Der „Capital Invest Gold Stock“ besteht seit nunmehr über 20 Jahren. Wie konnte sich ein reiner Goldminenfonds, der fünf Jahre nach dem Allzeithoch aufgelegt wurde, über diese lange Durststrecke retten?

A.G.: Sie haben völlig recht, es war nicht leicht diese Periode, die Sie milde als „Durststrecke“ bezeichnen, durchzustehen. Wir haben den Capital Invest Gold Stock aber unseren - anfangs meist privaten, nun aber auch institutionellen - Anlegern immer nach dem Prinzip des Ansparplans verkauft. Also waren wir nicht so hohen Schwankungen im Fondsvolumen ausgesetzt. Als Zielgröße von Goldveranlagungen empfehlen wir nach wie vor rund 3 %, weil bei dieser Gewichtung mögliche Opportunitätsverluste leicht zu verkraften sind, wenn man bedenkt, dass sich die restlichen 97 % positiv entwickeln. Anderseits erreicht man mit dem Goldanteil einen relativ großen Diversifikationseffekt. So hat sich der Fonds von 2001 bis 2003 nahezu verdreifacht, während die regulären Aktienmärkte sich jedoch halbiert haben. Wie dies die Gewichtung von Gold im Portfolio verschiebt liegt auf der Hand. Ich rate jedoch jedem, wenn er zuviel Goldanteil hat, diesen zu reduzieren und in herkömmliche Anlagen zu stecken. Bei einem Goldanteil von über sieben Prozent würde ich mich nicht mehr wohl fühlen.

V.R: Sie konnten sich mit Ihrem Fonds in den letzten Monaten nicht von der allgemein verhaltenen Entwicklung bei den Goldminen abkoppeln. Was sind im Augenblick Ihre größten Positionen? Wie hoch ist Ihre aktuelle Cashquote? Bevorzugen Sie Minen mit oder ohne Vorwärtsverkäufen?

A.G.: Die Cashquote beträgt unter Berücksichtigung von Derivaten ca. 2-3 %, wir sind also fast voll investiert. Der Fonds kann seit Jahresbeginn bereits wieder mit einer Performance von + 12,5 % aufwarten jedoch ist die Konkurrenz unter den Assetklassen heuer sehr groß. So haben die meisten Aktienmärkte im Vergleich dazu über 15 Prozent zugelegt. Wenn der Goldmarkt nach oben geht versuche ich natürlich in Minen mit geringen Vorwärtsverkäufen zu investieren, es gibt jedoch nur wenige große Goldminen ohne Hedging. Es ist daher für einen Fonds fast nicht möglich nur in Minen ohne Vorwärtsverkäufe zu investieren. Früher waren neue Projekte nur durch Goldkredite und massive Terminverkäufe zu finanzieren, wodurch hohe internationale Absicherungspositionen entstanden sind. Seit Beginn der Goldhausse haben die meisten Minen begonnen ihre Vorwärtsverkäufe zurückzukaufen, was anstatt einem durchschnittlichen zusätzlichen Goldangebot von 10 % der Jahresproduktion, zu einer zusätzlichen Nachfrage von 10 % pro Jahr geführt hat. In Acht nehmen sollte man sich vor undurchsichtigen Hedging-Strukturen, da es hier bei einigen Unternehmen sehr leicht zu bösen Überraschungen kommen könnte.

V.R: Ihr Fonds investiert hauptsächlich in Nordamerika (USA und Kanada). In Australien ist er jedoch stark untergewichtet. Welche Vorteile erwarten Sie sich durch diese Übergewichtung Nordamerikas bzw. der Untergewichtung Australiens?

A.G.: Man muss primär zwischen dem Land unterscheiden, in dem die Unternehmen fördern und andererseits dem Land, in dem die Unternehmen gelistet sind. Die meisten Minen bedienen sich der effizienten Kapitalmärkte, wie den US-Börsen, dem London International Market, Toronto und Australien. Ich kann Ihre Behauptung einer Untergewichtung Australiens nicht nachvollziehen. Tendenziell bin ich aber dabei, die drei wichtigen Blöcke Nordamerika, Australien und Südafrika tendenziell zu Gunsten Eurasiens und Lateinamerikas zurückzufahren. Beispielsweise ist eine unserer Hauptassets Norilsk Nickel, die über zahlreiche interessante Tochtergesellschaften, vor allem in den GUS-Staaten, verfügt. Da vor allem die großen Minengesellschaften zunehmend in Lateinamerika neue Fördergebiete erschließen, nimmt dieses Gebiet einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Solange es weiter nach oben geht, werde ich klar die Goldschiene fahren, wenn es Abwärts geht, bieten Basismetallaktien durchaus eine Alternative an.

V.R: Wie stehen Sie zu der Behauptung, dass der Goldpreis gezielt manipuliert wird bzw., dass die Goldreserven der Nationalbanken in Wirklichkeit nur mehr auf dem Papier bestehen und daher auch gar nicht mehr verkauft werden können?

A.G.: Darüber kann man meiner Meinung nach nur mutmaßen. Der Anteil der Notenbanken am Goldmarkt ist jedoch abnehmend. Ob sich jemand mit Derivaten verspekuliert hat, ist eine reine Mutmaßung. Die Notenbanken halten immer noch 30.000 Tonnen Gold, die jedoch durch die Neuauflage des „Washington Agreement on Gold“ mit einer Beschränkung von 500 Tonnen pro Jahr nun ein reduziertes Verkaufsrisiko ausweisen. Außerdem gibt es so etwas wie eine goldene Bremse, das heißt eine Währung sollte zu einem bestimmten Anteil mit Gold unterlegt sein. Früher waren das 60 %, dann 40 %. Die Europäische Zentralbank hat heute 15 % der Währung mit Gold gedeckt. Ich denke, es sollte bei jeder Währung eine Deckung geben. Wenn ich jedoch sehe, dass die Währungen Chinas und Japans nur mit ca. 2 % gedeckt sind, erklärt sich auch, warum Notenbankverkäufe der westlichen Zentralbanken oft direkt Richtung Asien unterwegs sind.

V.R: Tagtäglich hört man von der Bedeutung Chinas für die Industrierohstoffe. Werden China und die anderen aufstrebenden Schwellenländer in der Zukunft auch Gold wieder Flügel verleihen?

A.G.: Ja! China verfügt bei den meisten Metallen bereits über einen Verbrauchsanteil von 15-30%, beim Gold liegt die Nachfrage erst bei 7 % und sollte sich in Richtung 15 % entwickeln. Die Liberalisierung des Goldmarktes in China, insbesondere die Einführung der Shanghai Gold Exchange, und die Auflösung des 50jährigen Staatsmonopols für Goldverkäufe, deutet auf einen wachsenden chinesischen Goldmarkt hin. Es bedarf gewöhnlich einer Anlaufphase ehe ein Schwellenland aus einer Kick-Off-Phase in einen nachhaltigen Marktanteil hineinwächst. Die Nachfrage sollte sich nach der wirtschaftlichen Power des Landes richten. Auch andere Emerging Markets investieren ihre Erträge aus den gestiegenen Rohstoffpreisen zunehmend in Gold, hierbei ist vor allem der sehr goldaffine Nahe Osten oder auch Russland zu nennen. Das Hauptabnahmeland für Gold ist aber nach wie vor Indien, was primär auf traditionelle und religiöse Aspekte zurückzuführen ist. Außerdem beflügeln heuer guten Wirtschaftsdaten aus der größten Demokratie der Welt den Goldabsatz. Dank gestärktem Einkommen und damit höherer Kaufkraft der Inder, fliest mehr Geld unmittelbar in den physischen Goldmarkt. Auch in Japan sieht man ein Wiederaufleben der Goldnachfrage. Nur im wachstumsschwachen Europa stagniert die Nachfrage.

V.R: Bullen wie Jim Rogers behaupten, der aktuelle Superzyklus bei den Rohstoffen würde mindestens bis 2014/15 andauern. Wie lange glauben Sie, könnten diese Goldhausse dauern?

A.G.: 2014 wird keiner mehr wissen was Herr Rogers oder ich über die Rohstoffmärkte gesagt haben. Ich weiß nicht wie lange der Zyklus laufen kann. Vor 2-3 Jahres haben noch viele das Aufsteigen von China, Russland und Indien ignoriert bzw. als Eintagsfliege abgewinkt. Die Währungsreserven Russlands sind in dieser Zeit von 30 Milliarden auf 150 Milliarden Dollar explodiert. Die Exportüberschüsse Russlands explodieren auf Grund der Rohstoffpreise. Der Zyklus ist eindeutig vorhanden. Die Nachfrage steigt. Jedoch könnten exzessive Preisanstiege mittel- bis langfristig auch kontraproduktiv sein, weil damit wieder vermehrt alternative Energien in den Vordergrund rücken und dies wohl auch mit der nötigen Unterstützung von staatlicher Seite. Erratische Preisanstiege bei fossilen Brennstoffen könnten auch das globale Wachstum abwürgen und schließlich wieder die Preise nach unten drücken.

V.R: Zum Abschluss würden wir noch gerne für unsere Leser wissen, was Ihre drei aktuellen Favoriten unter den Minenaktien sind?

A.G.: Ich empfehle immer ein ausgewogenes Portfolio. Wie bereits vorhin erwähnt, halte ich eine Norilsk Nickel für sehr attraktiv bewertet, Barrick verfügt über ein exzellentes Produktionsprofil, und auch Goldcorp ist sehr interessant. Für mich macht auch eine Anglo American als Rohstoffkonglomerat keinen schlechten Eindruck. Ich hätte nicht gedacht, dass ich einmal die Uranschiene unter dem Anzeichen „umweltfreundlicher“ Energiegewinnung erwähnen würde, aber dieses Marktsegment erlebt gerade einen zweiten Frühling. Hier ist eine Cameco hervorzuheben, mit dem Tochterunternehmen Centerra Gold in Kirgisien. Auch Platin ist sehr interessant, hier bieten sich Impala und Norilsk als Investment an. Auch beim Silber erwartete ich mehr Spannung. Die Lagerbestände sind weitgehend abgebaut. Die US-Notenbank musste 2003 erstmals Silber am Markt für die Münzprägung einkaufen. Es gibt eine Reihe von guten industriellen Anwendungsgebieten, auch unter dem Stichpunkt der antibakteriellen und antiseptischen Wirkung. Silber bietet für mich im Augenblick eine Alternative für 3-5 % des Fonds.

V.R: Vielen Dank für das Interview.


© Baldur



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