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Über die Wirkung der "Rettungspolitiken"

21.03.2013  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Der manipulierte Zins

Probleme treten dann auf, wenn Regierungen und Zentralbanken in die Zinsbildung eingreifen, wenn sie die Zinsen aus politischen Erwägungen (künstlich) absenken, etwa indem sie die (Papier-)Geldmenge ausweiten. Dann sieht es zunächst so aus, als ob die Ersparnisse gestiegen sind, die für Investitionen zur Verfügung stehen. Unternehmer beginnen daraufhin zu investieren, kaufen neue Maschinen, weiten ihre Belegschaft aus. Diese Ak-tivitäten lösen einen "Schein-Aufschwung“ aus.

Denn in Wirklichkeit ist die "echte“ Ersparnis ja gar nicht gestiegen! Die Zinsen sind lediglich künstlich abgesenkt worden. Und das erweist sich als krisenträchtig. Um mit dem Beispiel von Robinson Crusoe zu sprechen: Unternehmen beginnen Netze zu bauen, obwohl sie nicht über genügend Fische verfügen, deren Verzehr es ihnen erlaubt, die Produktion des Netzes erfolgreich abzuschließen.

Für Unternehmer erweisen sich die neuen Investitionen früher oder später als Fehlschläge. Sie merken, dass die verfügbaren Ersparnisse (Produktions-faktoren) nicht ausreichen, um die Investitionen zu verwirklichen.

Fehlende Produktionsfaktoren können sie aber dann nur noch zu erhöhten Preisen einkaufen, und jetzt zeigt sich, dass sich die Unternehmen bei ihrer Planung verkalkuliert haben.

Sie müssen daraufhin ihre Investitionsprojekte vorzeitig beenden und liquidieren. Der Aufschwung, angestoßen durch die künstliche Zinssenkung, geht in einen Abschwung über.


Der "Boom“ schafft keinen Wohlstand

Ein künstlicher, durch Zinssenkung herbeigeführter Boom schädigt das Gemeinwesen mitunter schwer. Denn er sorgt dafür, dass knappe Ressourcen in Verwendungen gelenkt werden, die sich als unprofitabel erweisen.

Die Volkswirtschaft erleidet dadurch einen Kapitalgütermangel: und zwar ein Mangel an solchen Kapitalgütern, mit denen sich Produkte erstellen lassen, die von den Nachfragern tatsächlich nachgefragt werden.

Die erfolgte Fehllenkung der Ersparnisse kann nur durch vermehrtes Sparen und Investieren korrigiert werden; nur so kann die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft wieder erhöht werden.

Vor dem Hintergrund dieser Einsichten lassen sich auch die Wirkungen der staatlichen "Rettungspolitiken“ besser verstehen.

Zum Beispiel erhöht das Ausweiten der Geldmengen durch die Zentralbanken nicht die Ersparnis, aus der neue Investitionen bestritten werden können. Eine Geldmengenausweitung ist inflationär (auch wenn die Preissteigerungen nicht immer sofort und unmittelbar in Erscheinung treten).

Auch die Zinssenkungen der Zentralbanken können die benötigen Kapitalgüter nicht herbeischaffen. Vielmehr halten sie eine volkswirtschaftliche Produktions- und Beschäftigungsstruktur aufrecht, die unter normalen Marktbedingungen keinen Bestand hätte.

Künstlich niedrig gehaltene Zinsen erlauben es vor allem den Staaten, kreditfinanzierte Ausgaben zu tätigen, mit denen dann üblicherweise eine fehlgeleitete Produktions- und Beschäftigungsstruktur subventioniert wird.

Die staatlichen "Rettungspolitiken“ können zwar kurzfristig eine Rezession abwenden. Das aber nur zu einem hohen Preis: Sie verlagern das Problem, das es zu lösen gilt, in die Zukunft, und dabei vergrößern sie die Anpassungskosten in Form einer künftig noch schärferen "Bereinigungsrezession“.

Im Crusoe-Beispiel bedeutet die staatliche Rettungspolitik damit im Grunde folgendes: Crusoe wendet immer mehr Ersparnisse auf, um ein Netz zu flechten, das viel zu grobmaschig ist, um damit Fische fangen zu können. Wenn er seine Ersparnisse für das Erstellen eines fehlkonstruierten Netzes aufbraucht, steht er letztlich materiell schlecht da. Und so wird es auch Volkswirtschaften ergehen, die versuchen, mit künstlich gesenkten Zinsen und Geldmengenausweitung Wachstum und Beschäftigung zu schaffen.

Der spanische (Haus-)Bausektor zeigt in aller Deutlichkeit, welche Probleme ein künstliches Absenken der Zinsen durch die Zentralbank verursacht. Die niedrigen Zinsen brachten Spanien einen Bau-Boom. Mit Beginn des 21. Jahrhunderts stieg die Zahl der Bauprojekte enorm an, angetrieben von einer starken Kreditausweitung der spanischen Banken. Mit Ausbruch der internationalen Finanz-und Wirtschaftskrise folgte dann der jähe Absturz. Die Kredite verteuerten sich oder waren gar nicht mehr erhältlich. Die Nachfrage nach Neubauten brach ein. Es zeigte sich ein Überangebot an Immobilien. Viele Bauprojekte wurden nicht mehr fertiggestellt. Der Arbeitsplatzabbau trieb die Arbeitslosigkeit in die Höhe.

Der künstliche Aufschwung hat Kapitalfehllenkung auf breiter Front geschaffen. Arbeitnehmer, die ihre Fähigkeiten auf Tätigkeiten in der Bauwirtschaft ausgerichtet haben, finden mit ihrer Qualifikation nicht ohne weiteres Arbeit in anderen Sektoren. Die Volkswirtschaft stünde besser da, wenn der Zins nicht künstlich abgesenkt worden wäre, sondern wenn Sparen und Investieren von einem freien Marktzins geleitet worden wären.



© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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