Goldminenaktien sind heiß
10.03.2013 | Manfred Gburek
Im Lauf der Jahre habe ich mir angewöhnt, besonders die Aussagen solcher Anlageprofis zu hinterfragen, die mit neuen Ideen aufwarten oder deren Überlegungen sogar konträr zu meinen eigenen verlaufen - wobei dann allerdings immer noch viele Gemeinsamkeiten als Schnittmenge übrig bleiben. So sagte mir vor einem Monat Ralf Borgsmüller, Partner der Vermögensverwaltung PSM in Grünwald, er halte bei deutschen Aktien zwei Szenarien für denkbar: Entweder einen Kursanstieg bis zum Frühsommer und danach einen heftigen Rückschlag, oder wir hätten die Höchstkurse schon im Januar gesehen. Inzwischen wissen wir, dass das zweite Szenario sich von selbst erledigt hat.
Am vergangenen Mittwoch zeichnete dann Heinz-Werner Rapp, Vorstand des breit aufgestellten Finanzunternehmens Feri aus Bad Homburg, ein überwiegend optimistisches Bild zu Aktien, nicht allein zu deutschen. Seine Begründung: Nach 13 Jahren Seitwärtsbewegung - im Trend, wenn auch unter erheblichen Schwankungen - sei die Zeit allmählich reif für einen Ausbruch der Kurse nach oben.
Nun wollen Sie wahrscheinlich wissen, was die beiden Anlagestrategen zur weiteren Entwicklung des Goldpreises zu sagen haben: Borgsmüller plädiert für zehn Prozent Gold im Portfolio, beobachtet jedoch penibel, wie sich dessen Preis in der unteren Unterstützungszone verhält. Demgegenüber meint Rapp, Gold habe als Geldanlage die beste Zeit hinter sich, wobei er dessen Funktion als Schutz vor irgendwelchen Finanzkatastrophen nicht in Frage stellt.
Zur Abrundung sei noch hinzugefügt, dass nach der US-Investmentbank Goldman Sachs auch die Konkurrentin Merrill Lynch ihre frühere optimistische Goldprognose nach unten revidiert hat. Ich erspare Ihnen hier die von den beiden Banken veröffentlichten alten wie neuen Preisziele und Begründungen. Stattdessen rate ich Ihnen, die von viel Tamtam in den Finanzmedien begleiteten Prognosen im Zweifel als Kontraindikatoren zu nutzen. Das gilt übrigens auch für entsprechende Prognosen europäischer Banken.
Will man ergründen, was hinter der aktuellen Entwicklung des Goldpreises und darüber hinaus auch hinter den Kursen von Minenaktien steckt, ist zusätzlich ein Nachschlagen bei den Interviews mit dem Geologen und Fondsmanager Joachim Berlenbach von großem Nutzen, wie zuletzt Anfang März in der Wirtschaftswoche. Dort hat er wieder seine plausiblen Thesen vertreten, denen zufolge die Kosten der Minen dramatisch gestiegen sind und nicht minder dramatische Konsequenzen nach sich ziehen.
Erst im Detail offenbart sich das ganze Kostendilemma: Gold aus dem Boden zu holen, wird immer teurer, weil 1. der Goldgehalt des Gesteins tendenziell stark abnimmt, weil 2. die Kosten für Energie, Generatoren, Maschinen, Bohrgerät, Fahrzeuge usw. steigen, weil 3. jede Mine irgendwann erschöpft ist, sodass neue Investitionen finanziert werden müssen, und weil 4. solche Investitionen zunehmend auf Länder entfallen, deren Infrastruktur erst erstellt werden muss. Ähnliche Überlegungen gelten für Silber-, Kupfer- und sonstige Minen.
Laut Berlenbach belaufen sich die repräsentativen Gesamtkosten der Goldförderung führender Minen aktuell auf 1539 Dollar je Unze, und sie werden weiter steigen. Der Goldpreis liegt zurzeit leicht darüber. Bisher hat sich so manche Mine damit beholfen, Gold aus höhergradigen Lagerstätten zu fördern, um Kosten zu senken. Doch das dürfte nicht mehr lange gut gehen.
Wenn man die Konsequenzen bedenkt, wird es erst richtig spannend. Sie zeigen sich ja bereits in den seit geraumer Zeit abwärts gerichteten Kursen der Minenaktien. Doch allein dabei wird es nicht bleiben. Das heißt, jeder Minenchef, dem die Kosten davonzulaufen drohen, muss über kurz oder lang entscheiden, ob sein Unternehmen beim Goldpreis x, y oder z überlebensfähig ist. Falls die Kosten in allen drei Fällen darüber liegen, dürfte er sogar die Goldproduktion ganz einstellen.
Und nun der Clou: Würden seine Konkurrenten ähnlich verfahren, ginge die Goldproduktion zurück. Es entstünde also eine Angebotslücke, in deren Gefolge - oder sogar schon unter Vorwegnahme dieser Entwicklung - der Goldpreis neue Rekorde erreichen dürfte. Dasselbe könnte mit den Preisen der bei guter Konjunktur stark nachgefragten Industrierohstoffe geschehen, wie Öl und Kupfer.
All diese Überlegungen werfen einige Fragen auf. Etwa ob zu den Minenkonzernen, die große Teile ihrer Produktion einstellen, bereits einige Branchengrößen gehören. Ob es sich lohnt, einzelne teuer produzierende Minen stillzulegen und dadurch zu riskieren, sie später bei steigenden Goldpreisen mit hohem Aufwand wieder in Betrieb zu nehmen. Ob zwei der führenden Konzerne, Barrick und Goldcorp, mithilfe ihrer jüngsten Kostentransparenzoffensive nur auf Schmusekurs zu ihren Anlegern oder auch auf Konfrontationskurs zum SPDR Gold Trust gegangen sind. Dieser hatte ja mit dem einfachen Trick, Anleger über eine Art Fonds und die Hinterlegung von physischem Gold am Anstieg des Goldpreises zu beteiligen, einen Riesenerfolg, ohne sich wie die Minenkonzerne mit ausufernden Kosten herumschlagen zu müssen. Es gibt also allein aus Minensicht eine ganze Reihe von Imponderabilien.
Hinzu kommen Fragen wie die, ob die letzten Abflüsse aus dem SPDR Gold Trust wie kolportiert wirklich bei einigen Zentralbanken der Schwellenländer unter Führung von China oder aber anderswo gelandet sind. Im Übrigen sollten Sie unbedingt die jetzt in geheimen Zirkeln der Zentralbanken wieder aufkommende Diskussion über das eventuelle Ende der lockeren Geldpolitik verfolgen. Es ist ja nicht so, dass die Inhalte dieser Diskussion wirklich geheim bleiben; im Gegenteil, sie werden von bestimmten Interessengruppen gezielt den Medien zugetragen. Warum? Damit bloß niemand auf die Idee kommt, mit der ultralockeren Geldpolitik aufzuhören.
Die Folgen sind absehbar: Die sogenannte Asset Inflation, zuletzt im Anstieg der Immobilienpreise und Aktienkurse manifestiert, dringt allmählich zur Güterpreisinflation vor. Diese hat sich in England schon verbreitet und wird in den kommenden Jahren auch den Kontinent erfassen. Wie groß ihr Schub für den Goldpreis sein wird, bleibt zwar offen, aber ihre positive Wirkung steht außer Frage.
Verfolgt man die Kostenprobleme der Minen unter diesem Aspekt, erscheint ein Fazit sicher: Durch den geringen Abstand der Gesamtkosten je Unze vom Unzenpreis selbst ergibt sich eine enorme Hebelwirkung für die Kurse der Minenaktien, und zwar nach oben wie nach unten. In den vergangenen Monaten hat der Hebel sein Werk nach unten verrichtet, sodass James Turk, einer der seriösen Goldgurus, neulich sogar den Satz von sich gab: "Goldminenaktien waren noch nie so billig.“ Allerdings sollte man hinzufügen: Nur für spekulative Anleger, die sich wirklich über die Wirkungsweise des Hebels im Klaren sind. Kurzum, diese Aktien sind heiß. Folglich empfiehlt sich zur Risikostreuung der Einsatz über mehrere von ihnen. Welche, zeigen Klicks auf die Indizes XAU und HUI, im Internet zu finden bei kitco.com und anderswo.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).
Am vergangenen Mittwoch zeichnete dann Heinz-Werner Rapp, Vorstand des breit aufgestellten Finanzunternehmens Feri aus Bad Homburg, ein überwiegend optimistisches Bild zu Aktien, nicht allein zu deutschen. Seine Begründung: Nach 13 Jahren Seitwärtsbewegung - im Trend, wenn auch unter erheblichen Schwankungen - sei die Zeit allmählich reif für einen Ausbruch der Kurse nach oben.
Nun wollen Sie wahrscheinlich wissen, was die beiden Anlagestrategen zur weiteren Entwicklung des Goldpreises zu sagen haben: Borgsmüller plädiert für zehn Prozent Gold im Portfolio, beobachtet jedoch penibel, wie sich dessen Preis in der unteren Unterstützungszone verhält. Demgegenüber meint Rapp, Gold habe als Geldanlage die beste Zeit hinter sich, wobei er dessen Funktion als Schutz vor irgendwelchen Finanzkatastrophen nicht in Frage stellt.
Zur Abrundung sei noch hinzugefügt, dass nach der US-Investmentbank Goldman Sachs auch die Konkurrentin Merrill Lynch ihre frühere optimistische Goldprognose nach unten revidiert hat. Ich erspare Ihnen hier die von den beiden Banken veröffentlichten alten wie neuen Preisziele und Begründungen. Stattdessen rate ich Ihnen, die von viel Tamtam in den Finanzmedien begleiteten Prognosen im Zweifel als Kontraindikatoren zu nutzen. Das gilt übrigens auch für entsprechende Prognosen europäischer Banken.
Will man ergründen, was hinter der aktuellen Entwicklung des Goldpreises und darüber hinaus auch hinter den Kursen von Minenaktien steckt, ist zusätzlich ein Nachschlagen bei den Interviews mit dem Geologen und Fondsmanager Joachim Berlenbach von großem Nutzen, wie zuletzt Anfang März in der Wirtschaftswoche. Dort hat er wieder seine plausiblen Thesen vertreten, denen zufolge die Kosten der Minen dramatisch gestiegen sind und nicht minder dramatische Konsequenzen nach sich ziehen.
Erst im Detail offenbart sich das ganze Kostendilemma: Gold aus dem Boden zu holen, wird immer teurer, weil 1. der Goldgehalt des Gesteins tendenziell stark abnimmt, weil 2. die Kosten für Energie, Generatoren, Maschinen, Bohrgerät, Fahrzeuge usw. steigen, weil 3. jede Mine irgendwann erschöpft ist, sodass neue Investitionen finanziert werden müssen, und weil 4. solche Investitionen zunehmend auf Länder entfallen, deren Infrastruktur erst erstellt werden muss. Ähnliche Überlegungen gelten für Silber-, Kupfer- und sonstige Minen.
Laut Berlenbach belaufen sich die repräsentativen Gesamtkosten der Goldförderung führender Minen aktuell auf 1539 Dollar je Unze, und sie werden weiter steigen. Der Goldpreis liegt zurzeit leicht darüber. Bisher hat sich so manche Mine damit beholfen, Gold aus höhergradigen Lagerstätten zu fördern, um Kosten zu senken. Doch das dürfte nicht mehr lange gut gehen.
Wenn man die Konsequenzen bedenkt, wird es erst richtig spannend. Sie zeigen sich ja bereits in den seit geraumer Zeit abwärts gerichteten Kursen der Minenaktien. Doch allein dabei wird es nicht bleiben. Das heißt, jeder Minenchef, dem die Kosten davonzulaufen drohen, muss über kurz oder lang entscheiden, ob sein Unternehmen beim Goldpreis x, y oder z überlebensfähig ist. Falls die Kosten in allen drei Fällen darüber liegen, dürfte er sogar die Goldproduktion ganz einstellen.
Und nun der Clou: Würden seine Konkurrenten ähnlich verfahren, ginge die Goldproduktion zurück. Es entstünde also eine Angebotslücke, in deren Gefolge - oder sogar schon unter Vorwegnahme dieser Entwicklung - der Goldpreis neue Rekorde erreichen dürfte. Dasselbe könnte mit den Preisen der bei guter Konjunktur stark nachgefragten Industrierohstoffe geschehen, wie Öl und Kupfer.
All diese Überlegungen werfen einige Fragen auf. Etwa ob zu den Minenkonzernen, die große Teile ihrer Produktion einstellen, bereits einige Branchengrößen gehören. Ob es sich lohnt, einzelne teuer produzierende Minen stillzulegen und dadurch zu riskieren, sie später bei steigenden Goldpreisen mit hohem Aufwand wieder in Betrieb zu nehmen. Ob zwei der führenden Konzerne, Barrick und Goldcorp, mithilfe ihrer jüngsten Kostentransparenzoffensive nur auf Schmusekurs zu ihren Anlegern oder auch auf Konfrontationskurs zum SPDR Gold Trust gegangen sind. Dieser hatte ja mit dem einfachen Trick, Anleger über eine Art Fonds und die Hinterlegung von physischem Gold am Anstieg des Goldpreises zu beteiligen, einen Riesenerfolg, ohne sich wie die Minenkonzerne mit ausufernden Kosten herumschlagen zu müssen. Es gibt also allein aus Minensicht eine ganze Reihe von Imponderabilien.
Hinzu kommen Fragen wie die, ob die letzten Abflüsse aus dem SPDR Gold Trust wie kolportiert wirklich bei einigen Zentralbanken der Schwellenländer unter Führung von China oder aber anderswo gelandet sind. Im Übrigen sollten Sie unbedingt die jetzt in geheimen Zirkeln der Zentralbanken wieder aufkommende Diskussion über das eventuelle Ende der lockeren Geldpolitik verfolgen. Es ist ja nicht so, dass die Inhalte dieser Diskussion wirklich geheim bleiben; im Gegenteil, sie werden von bestimmten Interessengruppen gezielt den Medien zugetragen. Warum? Damit bloß niemand auf die Idee kommt, mit der ultralockeren Geldpolitik aufzuhören.
Die Folgen sind absehbar: Die sogenannte Asset Inflation, zuletzt im Anstieg der Immobilienpreise und Aktienkurse manifestiert, dringt allmählich zur Güterpreisinflation vor. Diese hat sich in England schon verbreitet und wird in den kommenden Jahren auch den Kontinent erfassen. Wie groß ihr Schub für den Goldpreis sein wird, bleibt zwar offen, aber ihre positive Wirkung steht außer Frage.
Verfolgt man die Kostenprobleme der Minen unter diesem Aspekt, erscheint ein Fazit sicher: Durch den geringen Abstand der Gesamtkosten je Unze vom Unzenpreis selbst ergibt sich eine enorme Hebelwirkung für die Kurse der Minenaktien, und zwar nach oben wie nach unten. In den vergangenen Monaten hat der Hebel sein Werk nach unten verrichtet, sodass James Turk, einer der seriösen Goldgurus, neulich sogar den Satz von sich gab: "Goldminenaktien waren noch nie so billig.“ Allerdings sollte man hinzufügen: Nur für spekulative Anleger, die sich wirklich über die Wirkungsweise des Hebels im Klaren sind. Kurzum, diese Aktien sind heiß. Folglich empfiehlt sich zur Risikostreuung der Einsatz über mehrere von ihnen. Welche, zeigen Klicks auf die Indizes XAU und HUI, im Internet zu finden bei kitco.com und anderswo.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).